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Sünden der Nacht

Sünden der Nacht

Titel: Sünden der Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tami Hoag
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beide jetzt brauchen konnten und gleichzeitig etwas so Einfaches, daß es weder einer Entschuldigung noch einer Erklärung bedürfen sollte. Er zog seine Jacke an und kramte die Schlüssel aus seiner Tasche. »Kommen Sie, Doc, ich fahr Sie nach Hause.«

    Sie ließen ihren Van in der Stadt stehen, um die Medien von ihrer Spur abzulenken. Hannah bat ihn nicht ins Haus. Sie wollte den Tag nicht noch mehr verderben, indem sie sich anhörte, wie 328
    Paul an ihm herumnörgelte.
    Aber Einsamkeit drückte wie eine schwere Last auf ihre Schultern, als sie die Treppe hochstieg und den Wirtschaftsraum betrat. Am Küchentisch saß ein Mann vom BCA, trank
    Mountain Dew und las Guns & Ammo. Er nickte ihr zu. Im Wohnzimmer lief der Fernseher mit einem Eiskunstlaufwett-bewerb, den keiner anschaute. Leises Stimmengemurmel lockte sie die Treppe hinauf und den Flur entlang zu Lilys Zimmer.
    »Paul? Ich bin wieder da.«
    Hannah drückte die Tür auf und blieb stehen. Karen Wright stand im Raum mit Lily auf ihrer Hüfte. Sie lächelte das Kind an, kitzelte es am Kinn und drückte es an sich. Paul hatte sich daneben aufgebaut. Er hob den Kopf, machte unwillkürlich einen Schritt zurück, mit angestrengt ausdruckslosem Gesicht.
    Lily merkte nichts von der plötzlichen Spannung im Raum, sie strahlte und streckte Hannah ein Ärmchen entgegen. »Mama!«
    »Tag, Süße«, erwiderte sie, dann glitt ihr Blick an ihrer Tochter vorbei. »Karen, ich hab nicht erwartet, daß du heute schon wieder kommst. Gehn der Nachbarschaftsbrigade die Rekruten aus?«
    Karen errötete. »Oh, also, ich, äh – ich hatte es nicht vor, aber dann hat Garrett mir gesagt, er müßte heute wohin, also war ich allein und da dachte ich mir …«
    »Großer Gott, Hannah«, schimpfte Paul. »Die Leute wollen doch nur helfen. Mußt du sie denn wie Verbrecher verhören?«
    »Das hab ich nicht.«
    Er ignorierte ihren Protest. »Und, hast du die Welt gerettet unterwegs?«
    Sein Sarkasmus tat weh. Im Korridor hinter ihr klingelte das Telefon.
    »Ich glaube, ich geh mich umziehen.«
    Auf dem Korridor hörte sie den BCA Agent von unten:
    329
    »Dr. Garrison? Bitte nehmen Sie den Anruf im Wohnzimmer entgegen.«
    »Anruf?«
    Das Telefon zwitscherte erneut, und sie lief ins Wohnzimmer, aber ohne große Hoffnung. Es war wahrscheinlich wieder ein Reporter.
    Paige Price wollte unbedingt ein ausführliches Interview.
    Herzloser Vampir. Wußten denn diese Leute nicht, was es hieß, diese Agonie zu erdulden, diese Angst? War ihnen denn nicht klar, daß ihre krankhafte Neugier alles nur schlimmer machte?
    Sie riß den Hörer hoch. »Hannah Garrison.«
    Die statischen Geräusche einer schlechten Verbindung
    knisterten ihr ins Ohr. Dann kam die Stimme, klein und so leise, daß sie alle Mühe hatte, sie auszumachen.
    » Mom? Ich will nach Hause. «
    330
    Kapitel 19
    TAG 4
    21 Uhr 44, -11 Grad
    Sie verfolgten den Anruf zu einer Telefonzelle zurück, vor der Suds-Your-Duds-Wäscherei. Es handelte sich um die
    fünfundsechzig Meilen entfernte kleine ruhige Stadt St. Peter, Standort des Gustavus-Adolphus-College und der
    Hochsicherheitsanstalt für Geisteskranke.
    Das Telefon, mit baumelndem Hörer, wurde am Ende des
    Gebäudes entdeckt, an einer tristen kleinen Einkaufsstraße aus den Sechzigern, als man beige Ziegel und flache Metallmarkisen geschmackvoll fand.
    Außer der Wäscherei gab es noch eine kleine Reparatur-
    werkstatt, die Samstag nachmittags geschlossen war, einen vietnamesischen Lebensmittelladen, in dem niemand Englisch nicht mal als Zweitsprache beherrschte, und den Fashion-aire-Schönheitssalon, wo sich die Waschen-und-Legen-Kundschaft ihre Frisuren toupieren und die weißen Haare blau färben ließ.
    Keiner der Leute im Lebensmittelladen wollte irgend etwas mit Cops zu tun haben. Alle Damen des Schönheitssalons waren ganz wild auf Action, leider hatte keine von ihnen etwas bemerkt. Abgesehen davon, daß der Salon sich am
    entgegengesetzten Ende der Ladenstraße befand, hatte die Hitze von den Haartrocknern und die Feuchtigkeit der Waschbecken die Fenster des Ladens völlig beschlagen. In der Wäscherei beantworteten zwei Collegestudenten und drei Mütter mit großäugigen, verschmierten Babys alle gestellten Fragen. Aber es gab keine Fenster am Rand des Gebäudes, und man mußte 331
    zum Telefonieren nicht in die Kälte hinaus, weil es zwei Telefone innerhalb der Wäscherei gab.
    Keiner hatte Josh gesehen und auch nicht den hellen Van. Für die Cops verebbte die Woge der

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