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Sünden der Nacht

Sünden der Nacht

Titel: Sünden der Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: T Hoag
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dachte das ständig und mogelte diese Gedanken wie vergiftete Splitter unter seine Haut, so geschickt, so raffiniert. Sie hatte ihm ihre Tochter anvertraut, und ihre Tochter war tot. Sie hatte ihm ihren Enkel anvertraut, und ihr Enkel war tot. Mitch warf sie voll und ganz die Schuld vor, stillschweigend, äußerte nie ein offenes Wort, sondern ließ diese Anklage wachsen und sich ausbreiten wie ein bösartiger Tumor.
    Er wußte das, weil er genau dasselbe machte.
    Seine Hände fuhren müde übers Gesicht. Ein Teil seiner selbst wünschte, er könnte einfach einschlafen, bis dieser Alptraum vorüber war, aber was auch immer ihm durch den Sinn ging, der Alptraum blieb. Wachend hatte er den Fall, schlafend träumte er, wie er in einem Meer von Blut ertrank.
     
    »Könntest du die paar Sachen nicht einfach auf dem Heimweg abholen?«
    »Allison, seit achtzehn Stunden arbeite ich. Ich hab genau drei Stunden, in denen muß ich nach Hause fahren, schlafen, essen, duschen und mich rasieren, bevor es wieder ins Gericht geht. Das letzte, was ich brauchen kann, ist noch der verdammte Supermarkt. Kannst du den nicht auf dem Weg zum T-Ball einkaufen?«
    »Ich hasse den Laden auf dem Weg zum Park. Das ist ein ganz mieses Viertel.«
    »Mein Gott, du wirst doch keine fünf Minuten da drin verbringen. Es ist hellichter Tag. Diese Läden werden nachts überfallen, wenn die meisten schlafen.«
    »Ich fass es einfach nicht, daß wir überhaupt streiten müssen. Warum bleiben wir hier? Es wird jeden Tag schlimmer. Ich fühl mich wie eine Gefangene, in meinem eigenen Haus …«
    »Du lieber Himmel, fang jetzt nicht wieder damit an. Können wir vielleicht warten, bis ich dreizehn oder vierzehn Stunden geschlafen habe, bevor wir uns wieder an die Gurgel fahren?«

    »Also gut. In Ordnung. Aber ich möchte eine echte Diskussion, Mitch. Ich will so nicht weiterleben.«
     
    Die letzten Worte seiner Frau dröhnten durch seinen Kopf, und er drehte verloren seinen Ehering.
    Es gab keine Gerechtigkeit. Keine Logik. Es war nicht gerecht, daß Hannah Garrison ihren Sohn an ein gesichtsloses Phantom verlor, dessen einzige Erklärung ein grausam spöttischer Satz plus Ergänzung war. Merkwürdigerweise gab es trotzdem Leute, die glaubten, daß das Leben einen Sinn machen müsse.
    Während sich Mitch diese wenigen Momente stahl, um sich der sinnlosen Übung der Selbstzerfleischung hinzugeben, und seine Faust wütend gegen diese ungerechte Welt erhob, tickte die Uhr weiter, und seine Ohnmacht wollte ihn verschlingen.
    Er mußte wieder einen klaren Kopf kriegen und sich zusammennehmen, sich konzentrieren. Die Armlehnen seines Stuhls packend holte er angestrengt Luft, ganz ruhig, wie es ihm der Polizeipsychiater in Miami versucht hatte beizubringen. Seinen Verstand auf einen einzelnen Gedanken konzentrieren und langsam und tief durchatmen! Meistens hatte sich Mitch auf den Gedanken konzentriert, wie er diesen Psychiater, diesen aufgeblasenen, gönnerhaften Arsch windelweich prügelte.
    »Wenn er da hinten ist, wird er verdammt noch mal auch mit mir reden!«
    Die Stimme war unverwechselbar Megans. Zweifellos in Rage. Untermalt von Nogas donnernden Schritten.
    »Aber Miss O – Agent, er hat gesagt, er will nicht gestört werden.«
    »Gestört? Zerstückelt würde hier besser passen!«
    Sie stürmte durch die Tür, bevor Mitch mehr tun konnte als aufzustehen, und hielt in der Mitte des Raumes an, die Hände in die Hüften gestemmt. Ihre Tasche rutschte ihr langsam von den Schultern herunter, und der Schal, mit dem sie in der Tat ständig Schwierigkeiten hatte, schlängelte sich über eine Schulter hinunter und hing fast bis zum Boden.
    Noga tauchte hinter ihr auf. »Tut mir leid, Chief, ich konnte sie nicht stoppen.«
    Im College hatte er jeden Stürmer beim Football aufhalten könnten, aber nicht Megan O’Malley. Irgendwie fand Mitch das ganz logisch.
    Er bedeutete dem Streifenpolizisten zu gehen.

    »Jetzt bin ich dran, Chief«, keifte Megan, als sich die Bürotür hinter ihr schloß. »Warum hab ich nicht erfahren, daß Olie Swain einen weißen 83er Chevy Van fährt? Warum wurde ich nicht darüber informiert, daß Sie gestern abend wegen diesem Van mit Olie Swain gesprochen haben?«
    »Ich muß mich Ihnen gegenüber nicht verantworten, Agent O’Malley«, bellte er zurück. »Sie haben keinen höheren Rang als ich. Sie sind nicht mein Boß.«
    »Nein, Sie müssen sich gegenüber niemandem verantworten, nicht wahr?« schrie sie wütend. »Sie sind

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