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Sünden der Nacht

Sünden der Nacht

Titel: Sünden der Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: T Hoag
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unterwegs?«
    Sein Sarkasmus tat weh. Im Korridor hinter ihr klingelte das Telefon. »Ich glaube, ich geh mich umziehen.«
    Auf dem Korridor hörte sie den BCA Agent von unten: »Dr. Garrison? Bitte nehmen Sie den Anruf im Wohnzimmer entgegen.«
    »Anruf?«
    Das Telefon zwitscherte erneut, und sie lief ins Wohnzimmer, aber ohne große Hoffnung. Es war wahrscheinlich wieder ein Reporter. Paige Price wollte unbedingt ein ausführliches Interview. Herzloser Vampir. Wußten denn diese Leute nicht, was es hieß, diese Agonie zu erdulden, diese Angst? War ihnen denn nicht klar, daß ihre krankhafte Neugier alles nur schlimmer machte?
    Sie riß den Hörer hoch. »Hannah Garrison.«
    Die statischen Geräusche einer schlechten Verbindung knisterten ihr ins Ohr. Dann kam die Stimme, klein und so leise, daß sie alle Mühe hatte, sie auszumachen.
    »Mom? Ich will nach Hause.«

Kapitel 19

TAG 4 21 Uhr 44, – 11 Grad
    Sie verfolgten den Anruf zu einer Telefonzelle zurück, vor der Suds-Your-Duds-Wäscherei. Es handelte sich um die fünfundsechzig Meilen entfernte kleine ruhige Stadt St. Peter, Standort des Gustavus-Adolphus-College und der Hochsicherheitsanstalt für Geisteskranke. Das Telefon, mit baumelndem Hörer, wurde am Ende des Gebäudes entdeckt, an einer tristen kleinen Einkaufsstraße aus den Sechzigern, als man beige Ziegel und flache Metallmarkisen geschmackvoll fand. Außer der Wäscherei gab es noch eine kleine Reparaturwerkstatt, die Samstag nachmittags geschlossen war, einen vietnamesischen Lebensmittelladen, in dem niemand Englisch nicht mal als Zweitsprache beherrschte, und den Fashion-aire-Schönheitssalon, wo sich die Waschen-und-Legen-Kundschaft ihre Frisuren toupieren und die weißen Haare blau färben ließ.
    Keiner der Leute im Lebensmittelladen wollte irgend etwas mit Cops zu tun haben. Alle Damen des Schönheitssalons waren ganz wild auf Action, leider hatte keine von ihnen etwas bemerkt. Abgesehen davon, daß der Salon sich am entgegengesetzten Ende der Ladenstraße befand, hatte die Hitze von den Haartrocknern und die Feuchtigkeit der Waschbecken die Fenster des Ladens völlig beschlagen. In der Wäscherei beantworteten zwei Collegestudenten und drei Mütter mit großäugigen, verschmierten Babys alle gestellten Fragen. Aber es gab keine Fenster am Rand des Gebäudes, und man mußte zum Telefonieren nicht in die Kälte hinaus, weil es zwei Telefone innerhalb der Wäscherei gab.
    Keiner hatte Josh gesehen und auch nicht den hellen Van. Für die Cops verebbte die Woge der Hoffnung in neuerlicher Enttäuschung.

    »Es könnte ein Streich gewesen sein«, sagte Mitch. »Kinder, die rumspielen. Hannah sagt, sie könnte nicht beschwören, daß es Joshs Stimme war.«
    Er saß Megan an dem Resopaltisch ihres Zimmers im Super-8-Motel gegenüber. Die Reste einer fast unberührten chinesischen Mahlzeit aus dem Automaten waren über den ganzen Tisch verteilt. Der Geruch von abgestandenem Broccoli und Rindfleisch überdeckte fast den beißenden Geruch uralten Zigarettenrauch, der alles im Raum durchtränkte. Auf dem Nachttisch neben dem Bett stand ein billiger Wecker, der in glühendem Rot 21 Uhr 57 anzeigte. Michael Bolton krächzte ein Lied vom Ende einer großen Liebe über den einzigen Rundfunksender, der zu kriegen war.
    Megan schob ein Stück mandelpaniertes Huhn mit der Gabel über ihren Pappteller. »Am liebsten möchte ich abstreiten, daß jemand so grausam sein kann, aber das würde sich ziemlich dämlich anhören, nicht wahr?«
    »Ich weiß nicht«, sagte er leise. »Ist es dumm, auf kleine Gnaden zu hoffen? Verbrechen ist eine Sache – zu erwarten, daß normale Menschen anständig miteinander umgehen, etwas anderes. Wenn wir nicht einmal darauf hoffen können …«
    »Ich krieg Gänsehaut bei dem Gedanken, daß der Anruf von hier kam«, gab Megan zu. »Immer wieder muß ich an einige von den Insassen in dieser Irrenanstalt denken, und mir stehn die Haare zu Berge. Sexuelle Psychopathen, geisteskranke Verbrecher …«
    »Aber sie sind im Sicherheitstrakt«, wandte Mitch ein. »Nicht draußen. Der Bezirksheriff hat das bei der Verwaltung überprüft. Sie hatten keine Meldungen, daß irgend jemand fehlte. An niemanden, wegen dem wir uns Sorgen machen müßten, hatten sie Tagespässe ausgegeben. Es ist nur Zufall, daß der Anruf von hier kam, wo die Anstalt steht. Eins wissen wir mit Sicherheit«, fuhr Mitch fort. »Olie Swain kann das Telefonat nicht getätigt haben. Mindestens fünfzig Leute können

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