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Sünden der Nacht

Sünden der Nacht

Titel: Sünden der Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: T Hoag
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Trakts waren ihm Vergünstigungen erlaubt.
    Boog saß auf seiner Pritsche, die Ellbogen auf die Knie gestützt und bohrte in seiner Nase, ganz vertieft in Paul Kirkwoods leidenschaftlichen Sermon über das Versagen des Systems und die Ungerechtigkeiten gegenüber anständigen Leuten.
    »Ich hab die Nase voll davon, die Abendnachrichten einzuschalten und mir anhören zu müssen, daß wieder ein Kind vergewaltigt, ermordet oder entführt wurde. Wir müssen etwas unternehmen, müssen diesem Irrsinn ein Ende setzen!«

    Die Sendung wurde mit einer Woge von Applaus für einen Werbeblock unterbrochen.
    Boog stand auf und schlenderte zu der Wand von Eisenstäben, die die Zellen trennte. Sein Gesicht war von Aknenarben zerfurcht, der Mund verächtlich verzogen.
    »He, Scheißkopf, sie reden über dich«, sagte er und lehnte sich an das Gitter.
    Olie stand auf und begann am hinteren Ende seines Käfigs auf- und abzulaufen, auf und ab, den Kopf gesenkt. Er versuchte durch Zählen der Schritte den Mann auszuschalten, da er Männer nicht ausstehen konnte. Hatte Männer noch nie gemocht. Männer wollten ihm immer nur weh tun.
    »He, weißt du, was ich tun würde, wenn ich Richter wäre? Ich würde deinen häßlichen Kopf in einen Sack stecken, dem Vater von dem Kind ein Stahlrohr geben und euch zusammen in ein Zimmer sperren. Damit er dich windelweich schlagen kann. Damit er dir den Schädel einschlagen kann. Damit er dir mit dem Rohr ein neues Arschloch bohren kann.«
    Olie lief weiter auf und ab, er atmete mit jedem Schritt schneller. »He, weißt du, was sie meiner Meinung nach mit Mißgeburten wie dir machen sollen? Ich finde, sie sollen dir den Pimmel abschneiden und ihn dir in den Arsch stecken. Nein. Sie sollten dich mit einem zweihundert Kilo schweren Rocker in eine Zelle stecken, und der soll’s dir dann den Rest deines Lebens jede Nacht besorgen. Wirst schon sehen, wie dir das gefällt!«
    Das wußte Olie bereits. Er wußte, was sie im Gefängnis mit Kinderschändern machten, erinnerte sich an jeden quälenden Augenblick, jeden Schmerz, die Angst, bei dem einem übel wurde. Er wußte, was es hieß, gequält zu werden. Schweiß brach aus allen seinen Poren bei der Erkenntnis, daß es wieder passieren würde. Ob sie ihn nun hierbehielten oder nach Washington zurückschickten, es würde alles wieder von vorne anfangen.
    »He, du bist krank, weißt du das? Das ist krank, kleine Jungs anfassen und all so’ne Scheiße. Was hast du diesem Josh Kirkwood angetan? Ihn umgebracht? Sie sollten dich aufhängen …« »Ich war es nicht!« schrie Olie. Sein Gesicht war krebsrot. Sein gesundes Auge trat fast aus der Höhle, rollte wie verrückt. Er warf sich gegen die Stäbe, zwickte Boogs Finger ein. »Ich war es nicht! Ich war es nicht!«

    Boog stolperte rückwärts, schüttelte seine schmerzenden Finger. »He, du bist total irre! Du bist scheißirre!«
    Ein Ruf war vom Ende des Korridors zu hören, und der Wärter kam angerannt.
    Olie sank zu Boden wie eine Marionette, deren Fäden man durchtrennt hatte. Er schluchzte: »Ich war es nicht.«

Kapitel 23

TAG 7 20 Uhr 37, – 35 Grad, Windabkühlungsfaktor: -53 Grad
    »Oma sagt, du hast den bösen Mann ins Gefängnis gesteckt, und jetzt können wir aufatmen«, erläuterte Jessie ihrem Vater, während sie Scotch eine lange, zerfledderte rote Schleife um den Hals band.
    Der Hund ließ sein Fräuleinchen gutmütig gewähren; er stöhnte nur ein bißchen und warf Mitch einen hilfesuchenden Blick zu. Mitch las gerade die kopierten Seiten von Joshs Notizbuch durch, auf der Suche nach irgendeiner Erwähnung von Olie, abgesehen von der einen Seite: Die Kinder hänseln Olie, aber das ist gemein. Er kann doch nichts dafür, wie er aussieht. Der Wohnzimmerboden war mit Barbiepuppen und ihrem Zubehör übersät. Im Fernseher in dem eichenen Musikschrank an der Wand gegenüber lief eine Nachrichtensendung. Während Jane Pauley die Schlagzeilen las, erschienen Bilder vom neuesten Erdbeben in San Francisco, und eine skandalumwitterte Eisläuferin blitzte über den Bildschirm.
    Jessie schaute von ihrem Platz auf dem Boden hoch zu Mitch. »Warum hat Oma das gesagt?«
    Die ersten paar Antworten, die ihm in den Sinn kamen, waren nicht sehr schmeichelhaft für Joy Strauss. Mitch biß sich auf die Zunge und zählte bis zehn. »Sie hat gemeint, sie fühlt sich jetzt sicherer«, er drehte eine Seite mit sorgfältig gezeichneten Raumschiffen um und legte sie mit dem Gesicht nach unten zu den anderen

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