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Sünden der Nacht

Sünden der Nacht

Titel: Sünden der Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: T Hoag
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im ganzen Staat. Ein Fotograf vertrieb sich die Zeit damit, aus einem Meter Entfernung künstlerische Aufnahmen der Papphände zu machen. Ein Fernsehreporter stand an einer anderen Wand neben einer Wandplakette mit den Knoten der Pfadfinder, sah mit ernster Miene in die Linse seiner Videokamera und schleimte Platitüden über Norman-Rockwell-Städte und erzamerikanischen Familiensinn.
    Die Reihen derer, die gekommen waren, um die Tragödie zu dokumentieren, würden stetig wachsen, solange die Suche andauerte. Zumindest in den nächsten acht Tagen – sollte sie solange dauern. Während die Fahndung ihren Höhepunkt erreichte, würden sie ihnen ständig im Weg sein, nach einem Wurf suchen, einem Exklusivbericht, etwas, was kein anderer hatte.
    Verfluchte Parasiten, dachte Mitch, als er sich mit grimmiger Miene durch die Phalanx von Reportern drängte und bellend ihre Fragen abwehrte.
    Im vorderen Teil des Raumes überwachte Megan die Vorbereitungen zu einer Pressekonferenz, die Aufstellung eines Podiums, einer Leinwand und eines Projektors. Ihr kleiner Mund war nur noch ein schmaler Strich, und sie kanzelte jeden Reporter ab, der sich zu nahe heranwagte.
    »Zum neunundsechzigsten Mal, Mr. Forster, die Pressekonferenz wird nicht vor neun Uhr beginnen«, sagte sie in scharfem Ton. »Unsere vordringlichste Aufgabe ist es, Josh Kirkwood zu finden. Falls er noch in der Nähe ist, heißt das, wir müssen diese Leute organisieren und die Suche wiederaufnehmen.«
    Henry Forster, Reporter der Star Tribune seit den Tagen des Linotype, hatte das Gesicht einer Bulldogge, eine Halbglatze voller Leberflecken und lange, dünne graue Haare, die er sich sorgfältig über die kahle Stelle gekämmt hatte. Sein Markenzeichen, eine dreckige Bifokalbrille, saß schief unter den buschigen Augenbrauen, die eine eigene Postleitzahl verdienten. Er war ein altes Schlachtroß mit Hüften, die sich im Alter ausgedehnt hatten und eine gute Stütze für seinen medizinballgroßen Bauch bildeten. Megan schätzte, daß er wohl in seinen braunen
Hosen und dem billigen weißen Hemd geschlafen hatte; aber wie sie aus früheren Ermittlungen wußte, sah Henry immer so ungepflegt aus. Die Augenbrauen kletterten die Stirn hoch. »Heißt das, daß Sie glauben, der Junge wurde von hier weggebracht?«
    Zwei seiner Vasallen horchten auf und krochen von der Wand weg, wie Ratten, die sich vorwagen, um an ein paar vielversprechenden Krümeln zu schnuppern.
    Megan bremste sie mit einem Blick, der einem Laser alle Ehre gemacht hätte. Sie wandte sich an Henry, der so nahe war, daß die Dämpfe seines Old Spice ihr Naseninneres versengten. Er wich nicht zurück und starrte sie an, als erwarte er tatsächlich eine Antwort. Selbstverständlich tut er das, dachte Meg. Forster war einer der Senioren seines Gewerbes und sein Büro übersät mit Auszeichnungen, die er angeblich als Briefbeschwerer und Aschenbecher benutzte. Politiker zogen die Köpfe ein, wenn sein Name fiel. Die Chefetage des BCA verfluchte den Tag, an dem er das Licht der Welt erblickt hatte – einer der ursprünglichen sieben. Henry Forster war der Mann gewesen, der letzten Herbst die Anklagen wegen sexueller Belästigung im Bureau aufgedeckt hatte. Er war der letzte, den Megan auf den Fersen haben wollte. Der Druck, unter dem sie bei diesem Fall standen, war unerträglich genug, auch ohne daß Henrys Hornbrille jeden ihrer Schritte registrierte.
    Zeig keine Angst, O ’ Malley. Er kann Angst riechen – trotz seines Rasierwassers.
    »Das heißt, daß Officer Noga Sie aus diesem Zimmer begleiten wird, wenn Sie weiterhin im Weg stehen«, sagte sie, ohne mit der Wimper zu zucken.
    Sie wandte Forster, der erbost schnaubte, den Rücken zu. Einer der anderen Reporter, der in der Hoffnung auf einen Brotsamen sich in seinen beachtlichen Schatten geduckt hatte, giftete: »Kleines Luder.« Megan fragte sich, ob sie auch wagen würden, hinter Nogas breitem Rücken solche Beleidigungen zu äußern. Sie packte den Streifenpolizisten am Ärmel, und er sah hinunter zu ihr, seine dunklen Augen waren rot und erschöpft.
    »Officer Noga, würden Sie bitte diese Pressewiesel aus dem Weg räumen, bevor ich ihnen die Gurgel rausreiße und sie zum Frühstück grille?«
    Er wandte sich mit bedrohlich gesenkten Augenbrauen den Reportern zu. »Wird erledigt, Miss – Agent.«

    »Ich will Sie ja nicht beleidigen«, flüsterte Mitch, der jetzt Nogas Platz übernahm, »aber ich glaube, heute haben Sie nur wenig Chancen, die Wahl

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