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Sünden der Nacht

Sünden der Nacht

Titel: Sünden der Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: T Hoag
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und scharfen Kanten. Stolz und Zorn und etwas wie Panik verschlang sich zu einem Knoten in seiner Brust, der weg sollte. Sie wollte ihn aus dem Weg haben, da sie seine Geschichte störte. Wie ein in die Ecke gedrängter Wolf wollte er zuschnappen, aber das Bestreben, diesen Zorn unter Kontrolle zu halten, siegte. Also blieb er einfach stehen, jeder Muskel so starr wie die Mauern, die er errichtet hatte, um sich zu schützen.
    »Sie bewegen sich auf dünnem Eis, O’Malley«, flüsterte er drohend.
    »Ich schlage vor, Sie machen einen Rückzieher.«
    »Nicht, wenn das, was hier abläuft, die Projektion Ihrer Gefühle auf Paul Kirkwood ist«, Megan wagte trotzig einen weiteren Schritt hinaus aufs sprichwörtlich dünne Eis; sie wußte sehr wohl, daß sie in den Strudel von Zorn gerissen wurde, der unter der Oberfläche toste, falls es brach. »Wenn das nämlich hier so abläuft, dann werden wir erst recht darüber reden. So etwas hat bei einer Ermittlung nämlich nichts zu suchen, und das wissen Sie!«
    Bei einer Ermittlung hatten allerdings auch die Gefühle nichts zu suchen, die sich jetzt in ihr regten. Sie wollte, daß er sich ihr anvertraute – nicht zum Wohle des Falls, sondern weil sie sich in einem Winkel ihres Herzens, den sie nur selten wahrnahm und dem sie sonst nie nachgab, wünschte, ihm näherzukommen. Gefährlich, egal wie man es betrachtete. Gefährlich und verführerisch.
    Die Hitze zwischen den beiden stieg um einen Grad und um einen weiteren. Dann wandte er sich abrupt ab, beendete damit die Spannung auf unbefriedigende Weise.
    Während Mitch sich abmühte, Atem sowie Jähzorn in den Griff zu kriegen, fixierte er einen Schnappschuß von Leo. Das Foto zeigte Leo beim jährlichen Barbecue der Friedensliga – mit hochrotem Kopf, einer
fleckigen Kochschürze über seinem Schmerbauch und einer Kappe, aus der auf einer Seite ein Plastikforellenkopf ragte und auf der anderen Seite der Schwanz. Mit einem Bierkrug in der Hand und einer Zigarre zwischen die Zähne geklemmt, stand er neben einem Schwein, das an einem Spieß grillte.
    Das Leben war verflucht einfacher gewesen mit Leo hier. Er gehörte zu der alten Generation, den neue Theorien der Kriminologie und Psychologie oder Verhaltensmuster nicht interessierten. Mitch hatte das Bedürfnis gehabt, Leo sein Herz auszuschütten. Er wollte die Tür zu dem alten Schmerz nicht öffnen, wollte seine Achillesferse nicht zeigen, ganz besonders nicht hier, in seinem Job. Hier mußte er mehr als anderswo seine Emotionen unter Verschluß halten.
    »Hören Sie«, lenkte er ein. »Ich finde nur, Sie hätten diplomatischer vorgehen sollen, mehr nicht. Wenn Sie Pauls Van finden wollen, bitte. Machen Sie’s übers DMV. Eventuelle Vernehmungen übernehme ich.« »Ich habe den DMV bereits angerufen. Sie überprüfen es«, erwiderte Megan. Ihr Adrenalin versickerte, und sie fühlte sich mit einem Mal ausgelaugt. »Oder, sie versuchen es zumindest. Ihr Computer ist abgestürzt. Ich wollte doch nur eine Erklärung von ihm«, fügte sie hinzu. »Mir ist klar, daß Menschen auf solchen Streß unterschiedlich reagieren, aber … ich hab das Gefühl, er will nicht mit mir reden – geschweige denn mir in die Augen schauen. Mein Bauch sagt mir, er verschweigt etwas, und das will ich haben.«
    »Es hat vielleicht gar nichts mit Josh zu tun«, Mitch war irritiert.
    »Vielleicht mag er keine weiblichen Cops. Vielleicht hat er Schuldgefühle, weil er an diesem Abend nicht für Josh da war. Diese Art von Schuld kann einen Mann in Stücke reißen. Vielleicht sehen Sie genauso aus wie das Mädchen, das ihm damals zum Abschlußball einen Korb gegeben hat.«
    »Wo war er denn vorgestern abend?« Megan gab nicht klein bei.
    »Warum konnte Hannah ihn nicht erreichen?«
    »Er steckte mitten in der Arbeit.«
    »Hannah hat ihn wiederholt angerufen, und er ist nicht ans Telefon gegangen.«
    »Er hatte in einem Konferenzraum am Ende des Korridors zu tun.« Sie sah ihn ungläubig an. »Und er kommt in sein Büro zurück und ignoriert das rote Blinklicht auf seinem Anrufbeantworter? Wer macht so was? Und wenn wir schon mal dabei sind, wer kann das bestätigen?«

    »Ich weiß es nicht«, gab Mitch zu. »Das sind gerechtfertigte Fragen, aber ich werde derjenige sein, der sie stellt.«
    »Weil Sie der Boß sind?« spottete Megan.
    Die Muskeln an seinem Hals traten hervor. Eine Granitplastik hätte nicht abweisender aussehen können. »Ich hab Ihnen gesagt, bringen Sie mein Boot nicht ins Wanken,

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