Sünden der Vergangenheit - McKenna, S: Sünden der Vergangenheit
plötzlich ins Gedächtnis, warum sie Blairs Anträge immer abgelehnt hatte. Herrisches Gehabe war extrem unsexy.
»Packen?«, wiederholte sie. »Warum soll ich denn packen? Wo gehe ich denn hin?«
»Du kannst nicht in deinem Haus bleiben, Liv«, belehrte er sie. »Es ist zu abgelegen, dort oben auf dem Hügel, und du hast noch nicht mal eine Alarmanlage. Du wirst in Endicott House bleiben, wo wir ein Auge auf dich haben können. Bart hat eine Sicherheitsfirma kontaktiert, die dir rund um die Uhr Leibwächter an die Seite stellen wird.«
»Leibwächter?« Ihre vom Qualm raue Stimme brach bei dem Wort.
»Selbstverständlich.« Er warf sich in die Brust. »Ich werde Bart und der Polizei sagen, dass wir gehen. Bleib um Gottes willen, wo ich dich sehen kann.«
Sie starrte Blair niedergeschlagen hinterher. Leibwächter? Rund um die Uhr?
Jetzt konnten ihre Eltern sie Tag und Nacht überwachen. Sicherstellen, dass sie komplett nach den Regeln der Endicotts lebte. Ebenso gut konnte sie sich gleich erschießen und allen eine Menge Ärger ersparen.
»Hallo, Liv«, sagte eine dunkle Stimme hinter ihr.
Oh, Gott. Sie kannte diese Stimme. Ihre Muskeln versagten ihr den Dienst. Es war wie an dem Tag, als sie Klettern war. Sie hatte mitten in einer Steilwand nach unten gesehen und war zur Reglosigkeit erstarrt. Ihre Finger waren taub geworden, ihre Knochen hatten sich elastisch wie Gummi angefühlt. Ihr Inneres war eine leere Eiswüste gewesen.
Er sprach nicht noch einmal. Vielleicht hatte der Stress eine auditive Halluzination bei ihr ausgelöst. Es gab nur eine Möglichkeit, das herauszufinden, also: Dreh dich um .
Sie befahl ihren Muskeln zu gehorchen und drehte sich um.
Großer Gott. Es war tatsächlich Sean. Ihr Magen rebellierte. Sie fühlte sich einer Ohnmacht nahe.
Heiliger Bimbam, sieh ihn dir nur an. Er nahm so viel Raum ein. Die Luft um ihn herum schien elektrisch aufgeladen zu sein. Er war so groß. So unglaublich … muskulös.
War er vor fünfzehn Jahren auch schon so breit gewesen?
Sie jedenfalls war es auf keinen Fall gewesen. Der Gedanke brannte wie ein Spinnenbiss. Welche absurde Vorstellung, dass sie angesichts ihres zerstörten Buchladens, ihrer zerstörten Träume und mit T-Rex auf ihren Fersen nichts Besseres zu tun hatte, als sich wegen ihres ausladenden Hinterteils zu grämen. Und ihr Tanktop war auch keine große Hilfe dabei, ihre Brüste im Zaum zu halten, die heute zwar größer waren als damals, aber leider auch tiefer hingen. Dazu noch die voluminösen Taschen in ihrer Hose, die der Teufel höchstpersönlich entworfen hatte, um ihre Hüften noch breiter erscheinen zu lassen, als sie es ohnehin schon waren.
Sie versuchte zu sprechen, aber ihre Stimme war noch immer heiser und belegt wegen des Rauchs. Sie hustete und wagte einen neuen Anlauf. »Hi«, krächzte sie.
Liv wollte nicht, dass er sie so sah. Verletzt und ihres Liebsten beraubt. Die Situation glich zu sehr dem letzten Mal, als sie sich gegenübergestanden hatten. Nur dass damals die rauchende Ruine ihr Herz gewesen war. Und er der Brandstifter, der es angezündet hatte.
Sie sahen sich an. Liv fühlte sich benommen und entblößt.
Sie hatte sich ausgemalt, wie es sein würde, wenn sie ihm nach ihrer Rückkehr nach Endicott Falls über den Weg laufen würde. Aber in ihrer Fantasie war sie schlanker, die Brüste wurden von einem gut sitzenden BH nach oben gepusht, sie trug einen romantischen, gebauschten weißen Rock, und eine Rüschenbluse gewährte einen zurückhaltenden Blick auf ein sexy Dekolleté. Los, verzehr dich nach mir, du gehirnamputierter Vollpfosten , wäre dabei die nonverbale Botschaft gewesen.
Bei ihrem Wiedersehen hätte sie geschäftig in ihrem Laden herumgewuselt, dabei gepflegt, adrett, einfach umwerfend ausgesehen. Ihre Haare wären zu einem lockeren Dutt eingedreht gewesen. Sie hätte ein gekonnt dezentes Make-up getragen und elegante goldene Ohrringe. Die schwer beschäftigte, glückliche, erfüllte Liv!
»Sean wer?«, hätte sie gesagt. Dann wären ihre Augen groß geworden, während sie ihn plötzlich erkannte trotz seines Bierbauchs – oder welch anderen körperlichen Makel er entwickelt hätte, der ihn harmlos machte. »Oh! Das ist mir furchtbar peinlich, aber ich habe dich im ersten Moment gar nicht erkannt«, hätte sie zuckersüß gesäuselt. »Wie geht es dir ?«
Das hier war nicht gerade das erträumte Szenario. Immer wieder senkte sie den Blick, nur um ihn gleich darauf wieder zu heben,
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