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Sündenfall: Roman (German Edition)

Sündenfall: Roman (German Edition)

Titel: Sündenfall: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anya Lipska
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offene Fahrertür und reichte ihr ein Päckchen in einer durchsichtigen Plastiktüte – der von der Londoner Polizei ausgegebene Schutzanzug mit Handschuhen. »Showtime«, meinte er grinsend.
    »Sadist«, murmelte sie. Sie warf die Zigarette in den Rinnstein und zertrat sie mit dem Absatz. Im nächsten Moment sprang ihr Funkgerät an. »Was gibt ' s, Charlie 1?«, sagte sie und drückte auf den Sprechknopf.
    » DS Bacon wünscht Ihre Anwesenheit im Waveney Thameside Hotel, Wapping«, sagte die Telefonistin. »Ein SusX11 wurde gemeldet. Er wird Sie dort treffen.«
    SusX11 war das Kürzel für verdächtiger Todesfall. Das Spiel läuft , dachte Kershaw.

NEUN
    D er Motor des Transporters heulte auf, als Oskar in den zweiten Gang schaltete und in einer scharfen Kurve beschleunigte. Janusz’ rechtes Bein schoss nach vorne, um auf eine nicht vorhandene Bremse zu treten, eine Bewegung, die Oskar natürlich nicht entging. »Das ist ja, als würde man eine babcia zur Kirche fahren«, kicherte er. Nachdem sie mit quietschenden Bremsen an einer roten Ampel gehalten hatten, griff Oskar hinter sich, angelte nach einem Sechserpack Tyskie und öffnete zischend eine Dose. »Trink ein Bier, Kumpel. Vielleicht kriegst du davon dickere jaja !«
    »Heilige Muttergottes, Oskar! Wenn das Mädchen uns vertrauen soll, können wir doch nicht mit einer Fahne dort aufkreuzen.«
    Oskar tat diesen Einwand ab und nahm einen kräftigen Schluck.
    »Ein Mann ist kein Kaktus, er braucht Flüssigkeit. Außerdem« – mit einer ausladenden Geste förderte er ein Röhrchen aus der Tasche seines Overalls zutage – »habe ich Pfefferminzbonbons mitgebracht.« Er tippte sich an die Stirn. »Man muss immer einen Schritt vorausdenken, Janek, immer einen Schritt voraus.«
    Die beiden Freunde saßen in einer von Oskars Rostlauben und waren auf der A12 unterwegs nach Norden zum Unterschlupf von Weronika und Adamski, irgendwo in der Einöde von Essex. Janusz hatte noch nie von Willowbridge gehört und erst anhand einer Karte erkannt, wie weit es bis dorthin war.
    Er versuchte, das schlechte Gewissen zu unterdrücken, weil er Pani Tosik nicht angerufen hatte, um sie zu unterrichten. Schließlich hatte die alte Dame betont, er solle nur die Adresse ermitteln, damit sie den Brief der armen, besorgten Mama weiterleiten könne. Doch je mehr Janusz über Pawel Adamski, diesen miesen Typen, in Erfahrung gebracht hatte, desto verantwortlicher fühlte er sich für das Mädchen. Gut, er hatte keine Möglichkeit, sie zum Mitkommen zu zwingen, aber vielleicht würde sie ja einen väterlichen Rat von ihm annehmen. Es konnte schließlich durchaus sein, dass sie ihren Entschluss inzwischen bereute.
    Deshalb hatte er Oskar, der zurzeit Nachtschicht hatte, überredet, ihn hinzufahren, einerseits, um sich die Odyssee per Zug und Taxi zu sparen, aber auch, weil die Wahrscheinlichkeit bestand, dass er Verstärkung brauchen würde. Adamski würde sicher nicht erfreut reagieren, falls Weronika einverstanden war, sie zurück nach London zu begleiten. Außerdem wirkte Oskar auf Frauen. Er konnte das Mädchen beruhigen und in den Transporter verfrachten, während Janusz ein Gespräch mit Adamski führte.
    Das Auto hinter ihnen hupte laut – die Ampel war umgesprungen. Ruckartig setzten sie sich in Bewegung. Oskar lenkte mit links, damit er die rechte Hand dazu benutzen konnte, im Rückspiegel eindeutige Gesten zu machen. Janusz verdrehte die Augen. Wenn das so weiterging, konnten sie von Glück reden, wenn sie Willowbridge erreichten, ohne vorher von einem Provinzgangster über den Haufen geschossen zu werden.
    »Nach einhundert Metern links abbiegen« , hallte eine Frauenstimme aus dem Kästchen auf dem Armaturenbrett.
    »Links kann doch nicht stimmen, verdammt!«, schimpfte Oskar. »Dieses Navi ist der letzte Scheißdreck! Den Zigeuner, der es mir verkauft hat, mach ich einen Kopf kürzer.«
    »Vielleicht lässt du dich ja nur nicht gern von einer Frau herumkommandieren«, meinte Janusz grinsend. Am Morgen war er niedergeschlagen gewesen. Immer wieder hatte er an seinen Streit mit Kasia denken müssen und sich gefragt, ob es zwischen ihnen wirklich aus war. Dabei hatte er ständig ihr Bild vor Augen: ihre Adlernase, das schiefe Lächeln, ihre verführerisch geheimnisvolle Art. Doch zehn Minuten in Oskars Gesellschaft hatten sie aus seinen Gedanken vertrieben, und er fühlte sich wieder voller Tatendrang. Wer konnte schon wissen, was Frauen wollten? Man konnte ein ganzes Leben

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