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Sündenfall: Roman (German Edition)

Sündenfall: Roman (German Edition)

Titel: Sündenfall: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anya Lipska
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mit ihm sein!«
    »Oh, und jetzt erzählt mir der Londonek Tata , dass ich meinen Sohn nicht richtig erziehe!« Wenn Marta die Stimme erhob, wurde sie so schrill und durchdringend wie ein Stahlbohrer. Zorn stieg in ihm auf.
    »Marta …«
    »Aber wahrscheinlich bist du damit beschäftigt, dich mit einer neuen Freundin zu amüsieren, während ich mir schiefe Blicke von einem Teenager einfange und rund um die Uhr hip hop ertragen muss.« Nun war sie nicht mehr zu bremsen.
    Er drängte Wut und Schuldgefühle zurück.
    »Hör zu, Marta, ich schwöre bei der Heiligen Jungfrau, dass ich ihn anrufe … bald.« Ohne auf ihre aufgebrachte Antwort einzugehen, fuhr er fort. »Ich muss Schluss machen. Es hat an der Tür geläutet.«
    Er knallte den Hörer auf die Gabel, lehnte sich an die Heizung und betastete sein schmerzendes und angeschwollenes Gesicht. Dieses ganze Theater wegen eines einzigen betrunkenen Ficks – und das, nachdem sie schon seit sieben Jahren getrennt gewesen waren!
    Copetka stand in der Küchentür und bedachte ihn schweigend mit einem strafenden Blick.
    »Jetzt fang du nicht auch noch an!«, brüllte Janusz, woraufhin der erschrockene Kater die Flucht ergriff, dass seine Krallen übers Parkett schlitterten. Im nächsten Moment wurde Janusz klar, dass er ihn seit dem Morgen des Vortages nicht mehr gefüttert hatte. Also schleppte er sich in die Küche, schüttete klappernd eine doppelte Portion Trockenfutter auf einen Teller und streichelte den Kater, während er fraß.
    Janusz füllte ein Halbliterglas am Wasserhahn, trank es und blickte dabei aus dem Küchenfenster. In den mehr als zwanzig Jahren, die er inzwischen hier lebte, war noch nie bei ihm eingebrochen worden, und zum ersten Mal wurde ihm klar, wie einfach es war. Jeder Typ, der einigermaßen in Form war, konnte über den zwei Meter hohen Zaun hinter dem Häuserblock klettern. Und von dort aus waren es nur noch drei Stockwerke die praktische Feuerleiter aus Gusseisen hinauf zum Küchenfenster, das normalerweise offen stand, damit der Kater nach Belieben kommen und gehen konnte.
    » K ein Hotel Kiszka mehr für dich, Copetka«, sagte er zu dem Kater, während er das Fenster schloss und verriegelte. »Du gehst morgens raus und kannst erst wieder rein, wenn ich nach Hause komme, wie in einer Obdachlosenunterkunft.«
    Dass jemand so einfach in seine Wohnung spaziert war, während er schlief, löste eine ohnmächtige Wut in ihm aus. Und was noch schlimmer war: Er fühlte sich angreifbar, etwas, das er sich seit vielen Jahren nicht mehr gestattet hatte.
    Das Anziehen war eine langwierige und schmerzhafte Prozedur. Als er fertig war, stellte er die Hausapotheke auf den Waschbeckenrand im Bad und behandelte, in den zersplitterten Spiegel schauend, seine Verletzungen mit Desinfektionssalbe. Auf die Wunde an seiner Schläfe, die nicht aufhören wollte zu bluten, klebte er ein kleines Pflaster und wickelte einen Verband um die Schnittwunde an seiner Hand.
    Martas Anruf hatte die Vergangenheit aufgewühlt wie den Bodensatz in einer Abflussrinne. Er ertappte sich bei dem Gedanken, dass es der schwerste Fehler seines Lebens gewesen war, sie zu heiraten – nein, eher der zweitschwerste. An die Trauung selbst konnte er sich nicht einmal mehr erinnern: Er war sturzbetrunken gewesen. Damals, in den Wochen nach Izas Tod, hatte er sich systematisch zugeschüttet – sobald er morgens die Augen aufschlug, bis er spätnachts einschlief, oder eher, das Bewusstsein verlor.
    Als er endlich, Wochen später, wieder zu sich gekommen war, hatte er festgestellt, dass er Marta tatsächlich geheiratet hatte, und das, obwohl Freunde wie Oskar und auch seine Mutter – Gott schenke ihrer Seele Frieden – alles getan hatten, um es ihm auszureden. Nun, sie hatten recht behalten. Er und Marta passten absolut nicht zueinander. Das Einzige, was sie miteinander verband, war Iza, seine Geliebte und ihre beste Freundin. Als Marta festgestellt hatte, dass sie nicht mit einer Toten konkurrieren konnte, war sie schneller sauer geworden als ein Eimer Milch im August – und wer konnte es ihr zum Vorwurf machen?
    Was Bobek anging, er liebte den Jungen, und er hätte für ihn fraglos einen Mord begangen. Doch er war einfach nicht zum Vater geschaffen. Wenn es ihm wieder einmal schlagartig einfiel, dass er einer war, fühlte er sich, als griffe etwas aus den Tiefen eines schlammigen Sees nach ihm, um ihn hinunterzuziehen.
    Er beschloss, sich ein kompot zu kochen. Also taute er sein letztes

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