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Sündenfall: Roman (German Edition)

Sündenfall: Roman (German Edition)

Titel: Sündenfall: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anya Lipska
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Mann.
    Auf Kershaw wirkte er nicht wie ein hilfsbereiter Nachbar der alten Schule – andererseits hätte sie Kiszka auch keine Katze als Haustier zugetraut.
    »Sie und Mr Kiszka sind sicher gut befreundet.«
    »Nein, nein.« Die untere Hälfte seines Gesichts verzog sich zu einem Grinsen, doch die Augen hinter der schicken Brille blickten ängstlich drein. »Ganz und gar nicht. Ich … er hat gesagt, es sei ein Notfall.«
    Schon gut. Sie konnte sich gut vorstellen, dass es nicht leicht war, Janusz Kiszka etwas abzuschlagen.
    Die Standpauke von Bacon, die sie bei ihrer Rückkehr ins Revier über sich ergehen lassen musste, fiel sogar noch vernichtender aus als erwartet. Aber wenigstens hatten Browning und Bonnick Spätschicht, weshalb Ben Crowther der einzige Zeuge der Szene wurde. Und das Schlimmste an Kiszkas Verschwinden war, dass Bacon nun an sämtlichen Fortschritten zweifelte, die sie in ihren Ermittlungen wegen der beiden toten polnischen Mädchen gemacht hatte.
    »Klären Sie mich auf, falls ich etwas verpasst haben sollte«, meinte er in gespielter Unschuld. »Was das Waveney Thameside betrifft, können Sie ein Überwachungsfoto von einem Verdächtigen vorweisen, das in etwa so viel bringt wie eine Brandschutztür aus Schokolade, richtig?«
    »Ja, Sergeant«, murmelte sie.
    »Und Sie haben den zweiten Zeugen so unter Druck gesetzt, dass er sich nach Polen verdünnisiert hat?«
    »Sergeant, ich …«
    »Und jetzt hat ein Student, der ein Foto der Vermissten auf der Webseite gesehen hat, Ihnen den Namen der Toten im Leichenschauhaus in Wapping verraten. Und Ihre letzte geniale Eingebung« – er schüttelte den Kopf –, »falls ich nicht träume , lautet, dass Ela Wronskas Zimmer zwar Blick auf den Fluss hat, sie aber sicher nicht selbst hineingesprungen ist, sondern geschubst worden sein muss!« Bacon schoss von seinem Stuhl hoch. Sein Gesicht war so nah an ihrem, dass sie das an einen U-Bahn-Fahrplan erinnernde Muster aus geplatzten Äderchen an seinen Wangen erkennen konnte. »Helfen Sie mir mal auf die Sprünge: Werden Sie hier zum Detective ausgebildet oder zur gottverdammten Wahrsagerin?«
    »So habe ich es nicht ausgedrückt, Sergeant«, widersprach Kershaw bemüht ruhig. »Ich kann mir nur nicht vorstellen, dass Elzbieta Wronska Drogen genommen hat. Sie war ein Mauerblümchen, hat nicht getrunken, und ihre Lieblingsbeschäftigung war, sich abends mit einem Buch über die Theologie des 12. Jahrhunderts in ihrem Zimmer einzuigeln.«
    Bacon setzte sich, immer noch keuchend. »Na und? Vielleicht hat sie ja herumexperimentiert, um festzustellen, ob sie von ein bisschen Dr. Feelgood selbstbewusster wird. Und dann ist ihr blümerant geworden, und sie ist gesprungen.« Allerdings merkte sie ihm an, dass er über ihren Einwand nachdachte.
    Kershaw versteckte die Hände hinter dem Rücken und zupfte an einem abgekauten Nagel. Wenn der Sergeant nicht von einer Straftat ausging, würde er niemals eine forensische Untersuchung des Zimmers genehmigen.
    »Was bringt Sie eigentlich auf den Gedanken, dass ihr Zimmer der Tatort ist?«, fragte er. »Gibt es Einbruchsspuren?«
    »Nein, Sergeant. Doch das Zimmer sieht aus, als hätte dort jemand gründlich saubergemacht«, erwiderte sie. »Wenn es Selbstmord war, wo sind dann ihr Telefon, ihre Handtasche und ihr Laptop?«
    »Und keine Spur von den Drogen, die sie intus hatte?«
    Kershaw schüttelte den Kopf. »Ich habe mit der Putzfrau gesprochen. Sie hat nichts Außergewöhnliches im Zimmer bemerkt, als sie das letzte Mal dort war.«
    »Warum halten Sie den Vikar, oder wie der Kerl, der den Laden leitet, auch heißen mag, für einen zwielichtigen Zeitgenossen?«
    Sie warf einen Blick in ihr Notizbuch. »Auf dem retuschierten Autopsiefoto konnte er Elzbieta nicht identifizieren. Doch als ich mich noch einmal mit diesem Freund, Timothy Lethbridge, unterhalten habe, sagte er mir, Monsignore Zielinski sei bis vor einem Jahr ihr persönlicher Tutor gewesen.«
    Bacon öffnete eine Dose Lilt und trank einen Schluck von der Limonade mit Ananas-Grapefruit-Geschmack. »Das ist ja wohl kaum ein Kapitalverbrechen. Sicher hat er Hunderte von Studenten betreut.«
    Er klopfte mit den Fingern auf die Dose. »Falls das Mädchen ermordet wurde« – er warf ihr einen warnenden Blick zu –, »und bis jetzt haben Sie meiner Ansicht nach noch nicht die Spur eines Beweises dafür, würde ich diesen Timothy ganz oben auf die Liste setzen. Sie sagen doch, er hätte auf sie gestanden und sich

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