Sündenflut: Ein Merrily-Watkins-Mystery (German Edition)
suchen.»
Und der alte Mann hatte gesagt:
Ich sage Ihnen, dass ich jemanden gesehen habe. Ich dachte, er sitzt auf einem Sandsack.
Jemand. Ein Mann oder eine Frau?
Merrily sah Jane und Eirion oben an der Straße stehen, Hand in Hand, wie kleine Kinder. Und während sie auf die beiden zuging, konnte sie nur an Shirley West denken. Sie hatte Shirley an diesem Abend nirgends gesehen, lediglich die Spuren ihres Wahnsinns.
63 Das Sterben den anderen überlassen
Als Merrily vom Pfarrhaus aus Bliss auf seinem Handy anrief, meldete er sich augenblicklich, klang hellwach und voll konzentriert.
«Merrily, es darf
nichts berührt
werden!»
«Zu spät. Sie mussten ihn aus dem Wasser holen, schließlich hätte er noch leben können. Und anschließend konnten wir ihn nicht in dem Transporter liegen lassen.»
«Und wo ist er jetzt?»
«In der Kirche. In der Sakristei.»
Sie hatte James Bull-Davies ausfindig gemacht, ihm die Schlüssel gegeben, und nun organisierte er Stookes Transfer von dem Transporter in die Sakristei. Tja, wohin sonst hätten sie Stookes Leiche bringen können?
Bliss seufzte.
An der Tür zum Spülküchenbüro stand Jane mit einem Handtuch und trockener Kleidung.
Bliss sagte am Telefon: «Erklären Sie mir, warum es sich Ihrer Meinung nach um Mord handelt.»
«Ich … ich glaube, man kann es eben nicht ausschließen, das ist alles.»
Sie gab Jane ein Zeichen, damit sie die Sachen auf das Sofa legte, und erzählte Bliss eilig von Shirley West, der Kirche vom Herrn des Lichts, dem Vandalismus in der Kirche, den Schmierereien. Er sagte kein Wort dazu. Anschließend fragte er, ob Stooke irgendwelche sichtbaren Verletzungen hatte, und machte zweimal eine Bemerkung wie
Ertränkt passt nicht
. Jedenfalls war er offensichtlich nicht sonderlich überrascht.
«Gibt es etwas», sagte Merrily, die inzwischen vor Kälte zitterte, «das ich nicht weiß?»
«Da gibt es jede Menge. Hören Sie, wir müssen uns hier organisieren, danach rufe ich Sie vom Auto aus an. Wir kommen zu Ihnen rüber. Das einzige Problem sind die Straßensperrungen.»
«Sie müssen Ihre Fahrzeuge auf der anderen Seite der Fußgängerbrücke bei Caple End stehen lassen. Ich sorge dafür, dass Sie dort abgeholt werden. Zu wievielt kommen Sie?»
«Sagen wir erst mal ein halbes Dutzend. Falls wir es tatsächlich mit einem Mord zu tun haben, holen wir noch welche nach. Oder falls …»
«Falls was?»
«Lassen Sie Ihr Handy angeschaltet. Wir sehen uns dann bei Caple End.»
«Ich komme nicht selbst hin. Ich muss einen Gottesdienst halten.»
«Oh, Merrily!»
«Es ist Heiligabend. Das ist mein Job. Wie lange brauchen Sie, bis Sie da sind?»
«Halbe oder Dreiviertelstunde. Ich rufe Sie gleich vom Auto aus noch mal an.»
«Ist gut. Ich warte.»
Trotz der trockenen Kleidung und obwohl Jane sämtliche Heizstäbe des Elektroofens angeschaltet hatte, zitterte Merrily immer noch. Der Regen war nur noch Getröpfel, und aus dem Fenster des Spülküchenbüros sah man die graublauen Säume nächtlicher Wolken.
Gomer würde mit seinem großen Jeep zum Caple End fahren, Jane und Eirion würden zur Kirche gehen, um den Leuten zu sagen, dass sich der Beginn des Gottesdienstes etwas verzögerte.
Jane kam herein und zog die Tür hinter sich zu.
«Es kann nicht warten, oder?», sagte Merrily.
«Nein», sagte Jane. «Das kann es nicht, glaube ich.»
Jane erzählte ihr von Professor Blores Privatbericht an den Gemeinderat. Von seiner angeblichen Entdeckung vergleichsweise modernen Mauerwerks und moderner Werkzeuge unter einem der Megalithen.
«Und was sagt Neil Cooper dazu?»
«Er glaubt, dass Blore lügt. Aber eigentlich hat er zu große Angst, um zu sagen, was er wirklich denkt. Er fürchtet, seine Stelle zu verlieren. Es sieht so aus, als könnte jemand an Blore herangetreten sein … Ich weiß auch nicht.»
«Vielleicht waren es mehrere. Der Grundstücksbesitzer, der Bauunternehmer … vielleicht bringen sich ein paar von ihnen schon in Position, um sich am Neubauviertel von Ledwardine einen fetten Gewinn zu sichern.» Merrily griff unwillkürlich nach der leeren Zigarettenschachtel und ließ ihre Hand wieder auf den Schreibtisch fallen. «Und was ist mit dem Henge? Wie sicher seid ihr, Neil Cooper und du, dass es ein Henge gibt?»
«Es
muss
einfach mehr sein als Wunschdenken. Alles andere wäre …»
Es klopfte an die Fensterscheibe. Lol. Gott sei Dank.
«Ich mache ihm auf», sagte Jane.
«Nein, ich gehe. Du gehst mit Eirion in die
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