Sündenheilerin 03 - Die Reise der Sündenheilerin: Historischer Roman (Sündenheilerin-Reihe) (German Edition)
würde Khalil ohnehin nach eigenem Gutdünken mit ihm verfahren, ganz gleich, wie er sich verhielt. Vielleicht sollte er doch größere Frechheit in seine Antworten legen? Zu verlieren hatte er nichts mehr. Nichts außer dem Leben … Versuch, Zeit zu gewinnen!, ermahnte er sich. Schluck deinen Stolz hinunter und lass ihn reden! Was ist schon ein kurzer Triumph gegen einen langsamen Tod?
»Du sagst gar nichts dazu?« Khalil schritt noch einmal um Said herum. Er hinkte tatsächlich. War dies eine Folge der Verletzung, die Thea ihm zugefügt hatte? »Die Furcht hat dich also doch stumm gemacht, Said al-Musawar.«
»Ach, du erwartest eine Antwort? Ich dachte, du hättest eine Feststellung getroffen.«
»Du bist ein Feigling.«
»So?« Said sah Khalil unverwandt in die Augen. »Wenn ich ein Feigling bin, wie nennst du dann einen Mann, der andere immer nur angreift, wenn er Helfershelfer um sich hat?«
Ein verschlagenes Lächeln huschte über Khalils Züge. »Mahud!«, rief er. Ein bulliger Mann erschien. »Verpass ihm für seine Unverschämtheit zehn Hiebe. Danach unterhalten wir uns weiter.«
»Jawohl, Herr.«
Said sah, wie der Mann zur Peitsche griff. Ich tue ihm nicht den Gefallen und schreie, schwor er sich. Niemals!
Der Riemen sauste auf seinen bloßen Rücken nieder, schnitt ihm in die Haut, alles in ihm brannte. Er biss die Zähne zusammen. Ich werde es aushalten! Der zweite Schlag. Seine Hände ballten sich zu Fäusten. Er sah Khalils Gesicht, das widerwärtige Lächeln seines Todfeindes, der nur darauf wartete, dass er seinen Schmerz zeigte. Es war ausgerechnet dieses Lächeln, das Said Kraft verlieh, während er die Zähne aufeinanderpresste und der Riemen immer wieder über seinen Rücken fuhr, als wäre er Feuer, ihm die Haut aufriss, ihm Tränen in die Augen trieb. Doch er schrie nicht, hielt den Blick starr auf Khalil gerichtet, dem das Lächeln gefror, weil Said ihm die letzte Genugtuung verweigerte. Doch zugleich wusste Said, dass er irgendwann keine Kraft mehr hätte. Der neunte Hieb. Er biss sich so hart auf die Lippen, dass er Blut schmeckte. Ein weiterer Schlag. Den werde ich auch aushalten! Seine Fingernägel gruben sich in die Handballen. Ich werde nicht schreien, niemals! Der Schlag sauste auf seinen Rücken nieder, schnitt in die offenen Wunden. Dann war es endlich vorbei. Saids Fäuste lösten sich.
»Ich hoffe, du benimmst dich nun ein wenig besser«, spottete Khalil. Said schwieg. Funken tanzten ihm vor den Augen, aber eine gnädige Ohnmacht jenseits der Schmerzen blieb ihm versagt.
»Dann können wir unsere Plauderei fortsetzen.« Khalil schnippte mit den Fingern. Ein schwarzer Sklave brachte ein Sitzkissen und legte es auf eine hölzerne Bank. Khalil ließ sich darauf nieder. »Du willst sicher wissen, warum ich bislang so gnädig mit dir verfahren bin, nicht wahr?«
»Weil du heute gute Laune hast?«, keuchte Said. Sein Rücken brannte wie Feuer, und er spürte, wie ihm das Blut über die Haut rann.
Khalil lachte. »In der Tat bin ich bestens aufgelegt. Du musst wissen – eigentlich bist du schon tot.«
»Das dachte ich mir.«
»Nein, nicht so, wie du vermutest. Willst du gar nicht wissen, wo sich dein Freund Philip aufhält?«
Philip! Saids Hände ballten sich erneut zu Fäusten. »Was hast du mit ihm angestellt?«
»Ich? Ich habe nichts mit ihm angestellt. Das wird der Emir übernehmen. Philip liegt nämlich im Kerker des Emirs. Weil er dabei beobachtet wurde, wie er dich erschlug und deinen Leichnam in den Nil warf.«
»Das wird dir niemand glauben!«, schrie Said.
»O doch, mein lieber Freund.« Khalil erhob sich und trat so dicht an Said heran, dass der wieder den Atem des verhassten Feindes spürte. »Er hat dich erschlagen, weil du seine Schwester geschwängert hast. Und dass Sophia in anderen Umständen ist, lässt sich nicht mehr allzu lange verheimlichen. Er hatte also Grund genug für seine Tat, und du bist tot.«
Saids Gedanken überschlugen sich. Woher wusste Khalil von Sophias Schwangerschaft? Unterhielt er noch immer Spione in Mikhails Haus? Oder waren sie bei Bruder Eustache belauscht worden? Aber von wem? Dort hatten doch nur die Kinder um Suppe angestanden. Die Kinder …
»Ich lese deine Gedanken«, fuhr Khalil fort. »Du fragst dich, woher ich das weiß. Nun, ich habe meine Ohren überall. Und vielleicht fragst du dich auch, warum ich dich noch nicht getötet habe. Vielleicht sinnst du auf Flucht. Nun, für meine Schonung gibt es Gründe. Du bist
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