Sündenheilerin 03 - Die Reise der Sündenheilerin: Historischer Roman (Sündenheilerin-Reihe) (German Edition)
in diesen Tagen?
»Ich beneide dich«, sagte Guntram, während sie gemeinsam das Haus betraten. Ritter Heinrich rief einige befehlende Worte, und sofort erschienen dienstbare Mägde und stellten Erfrischungen auf den kleinen Tisch im Empfangssaal.
»Du beneidest ausgerechnet mich?« Philip musterte Guntram mit erstauntem Blick. Hatte sein Freund etwa vergessen, unter welchen Umständen Philips Vater gestorben war? Vermutlich wurde auch Guntram sofort bewusst, wie seine Worte auf Philip wirken mussten, denn er senkte die Lider.
»Nun, ich beneide dich darum, dass du das Land unserer Väter kennenlernen durftest. Du musst mir alles erzählen.«
Sie setzten sich an den Tisch. Eine Dienerin brachte eine Kanne mit dunklem Tee.
»Wie lange habe ich das vermisst!«, seufzte Said, während er einen Schluck trank. Der Araber bevorzugte das Getränk ungesüßt, während Philip, Heinrich und Guntram viel Zucker nahmen. Bertram kostete einen Schluck und verzog das Gesicht.
»Man gewöhnt sich daran«, sagte Philip. »Versuch es mit etwas Zucker.« Philip hielt ihm das Schälchen entgegen.
»Zucker?« Zögernd griff der Junge zu. »Ich habe noch nie welchen probiert. Mein Vater meint, es sei ein unerhörter Luxus, denn Honig erfülle den gleichen Zweck.«
»Du wirst den Unterschied schon merken.« Philip lächelte ihm aufmunternd zu. Dann wandte er sich wieder an Heinrich.
»Ich hörte, ihr hattet Ärger?«
Der Ritter nickte. »Jemand hatte es darauf angelegt, unseren Besitz zu vernichten. Zum Glück griff das Feuer von der Scheune nicht aufs Haus über.«
»Wurden die Schuldigen gefasst?«
Ein bitteres Lächeln breitete sich auf Heinrichs Zügen aus. »Glaubst du, wir hätten sonst die Mauern verstärkt?«
»Weiß man wenigstens, wer dahintersteckt?«
»Es gibt Gerüchte.«
»Erzähl uns davon!«
Heinrich trank einen weiteren Schluck Tee.
»Er nennt sich Abd al-Hisâb.«
Philip stutzte. »Der Diener der Rechnung? Was soll das heißen?«
»Möglicherweise hat er eine alte Rechnung zu begleichen«, meinte Said.
»Also doch Khalil?«
Said verzog unwillig das Gesicht. »Der Mann ist tot!«, wiederholte er so nachdrücklich wie am Abend zuvor.
»Ich bin mir da nicht so sicher«, warf Heinrich ein. »Wir haben Abd al-Hisâb bislang nicht zu Gesicht bekommen. Aber seit er in Erscheinung tritt, haben die Übergriffe auf Christen und Juden zugenommen. So wie damals, als Khalil noch lebte.«
»Aber wenn es Khalil wäre, warum sollte er so lange im Verborgenen gelauert haben? Er hätte sich doch viel früher rächen können«, beharrte Said auf seiner Meinung.
»Solange Otto noch lebte, wäre ihm das schwergefallen. Und nach Ottos Tod …« Heinrich räusperte sich, ehe er fortfuhr. »Nach Ottos Tod verschaffte es ihm gewiss größere Genugtuung, Philip leiden zu sehen, als ihn zu töten. Keine Rache hätte süßer sein können.«
»Und nun?«
»Abd al-Hisâb gilt als wohlhabender Mann. Sein Geschäft soll blühen – er handelt mit allem, was Geld einbringt. Unter der Hand heißt es, auch mit verbotener Ware. Aber niemand spricht offen darüber, denn er genießt das Wohlwollen des Emirs.«
»Das genoss auch mein Vater«, gab Philip zu bedenken.
»Aber dein Vater ist tot. Und mit ihm der einzige Christ, den der Emir achtete. Ich kann mir vorstellen, dass Abd al-Hisâb Ottos Tod zu seinem Vorteil nutzte. Vor allem, da er durch deine Hand starb.«
Aus den Augenwinkeln bemerkte Philip, wie Bertram zusammenzuckte.
»Es war ein Unfall«, sagte er deshalb rasch, obwohl es alle anderen im Raum wussten.
»Natürlich war es ein Unfall«, bestätigte Heinrich. »Dennoch … wer den Christen übelwill, der hat damit eine Waffe in der Hand.«
Philip senkte den Blick. Er hatte geglaubt, den alten Schmerz endgültig überwunden zu haben, doch plötzlich senkte sich der Stachel der Selbstzerfleischung abermals in seine Brust. Es war viel mehr als ein tragischer Unfall gewesen. Seine Schuld war zu groß, als dass er sie jemals abtragen konnte. Und nun mussten auch noch Unschuldige wegen seiner Dummheit leiden …
»Dann glaubst du auch, es sei Khalil?«, fragte er schließlich.
Heinrich hob die Schultern. »Ich halte es nicht für ausgeschlossen. Zumal die Angriffe stets Freunden deines Großvaters galten.«
»Und euer Stall wurde erst angezündet, nachdem Guntram um die Hand meiner Schwester angehalten hatte.«
Guntram nickte. »Leider hat Sophia sich noch nicht zu meiner Werbung geäußert. Ich hoffe, ich kann auf
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