Sündenheilerin 03 - Die Reise der Sündenheilerin: Historischer Roman (Sündenheilerin-Reihe) (German Edition)
er.
»Warum nicht gleich?«, schlug Philip vor. »Oder will mein Großvater mich vorher noch sprechen?«
»Er hat nichts davon gesagt. Aber vielleicht deine Frau?«
»Ach, um Lena mache ich mir keine Gedanken. Meine Mutter lässt es sich gewiss nicht nehmen, ihre Schwiegertochter selbst in alles einzuführen. Vermutlich sitzen die beiden längst irgendwo zusammen, sonst wäre Lena bestimmt schon wieder hier.«
»Und Thea?« Ein anzügliches Lächeln huschte über Saids Züge. Sofort wurde Philip ernst.
»Auf Thea bin ich derzeit nicht gut zu sprechen. Die sollte mir vorläufig lieber aus den Augen bleiben.«
»Oha, was hat dir die Räuberbraut denn angetan?«
»Frag sie, sie zeigt es dir bestimmt gern.«
»Ich glaube nicht, dass ich mir von ihr irgendwelche unzüchtigen Dinge zeigen lassen möchte.«
»Keine Sorge, mit Unzucht hat das nichts zu tun, ganz im Gegenteil.«
»Oh!« Said verzog das Gesicht. »Hat sie etwa …?«
»Sie hat«, bestätigte Philip.
»Welch bösartiges Weib!«
»Hör auf, so dämlich zu grinsen, Said!«
Heinrichs Anwesen lag am anderen Ende der Stadt. Während Philip und Said im Stall ihre Pferde sattelten, bemerkten sie Bertram, der sich unschlüssig bei der Tür herumdrückte. Der Anflug eines schlechten Gewissens überkam Philip. Er hatte sich seit der Ankunft in Alexandria nicht mehr um seinen Knappen gekümmert.
»Bertram, magst du uns begleiten?«, fragte er deshalb.
Zum ersten Mal seit jener denkwürdigen Nacht auf Sizilien leuchteten die Augen des Jungen auf.
»Gern. Wohin reiten wir?«
»Wir besuchen einen alten Freund, Ritter Heinrich, bei dem ich selbst Knappe war.«
»Welches Pferd soll ich nehmen?«
»Du darfst es dir aussuchen«, antwortete Philip. »Aber ich empfehle dir die Schimmelstute dort. Sie hat arabisches Feuer.«
»Sie sieht aus wie ein Zelter.«
»So sind die arabischen Vollblüter. Aber wenn du auf ihrem Rücken sitzt, spürst du den Unterschied zu einem braven Damenpferd schon bald.« Er lächelte Bertram aufmunternd zu. »Zu dieser Stute gehört das rote Zaumzeug mit den Quasten und der rote Sattel.«
»Hat sie auch einen Namen?«
»Hayet«, erwiderte Philip. »Das Leben.«
»Hayet«, flüsterte Bertram, während er der Stute das Zaumzeug über den Kopf schob. Dann wandte er sich wieder an Philip. »Ich habe Euch noch nie den Namen Eures Rappen sagen hören. Hat er keinen?«
Philip zuckte zusammen. Unheilvolle Bilder, die er längst überwunden glaubte, erschienen vor seinem inneren Auge. Er sitzt im Sattel seines Pferdes, klopft ihm den Hals, ruft seinen Namen, lobt es. Nicht ahnend, dass dieser Sieg der bitterste seines Lebens sein wird …
Niemals wieder seit jenem schrecklichen Tag hatte er den Namen seines Pferdes ausgesprochen. Ganz so, als trüge der Rappe die gleiche Schuld wie er selbst.
Er atmete tief durch. Es gab keinen Grund mehr, den Namen seines treuen Tieres für immer in seiner Brust zu verschließen.
»Aswad.«
»Der Schwarze?«, fragte Bertram. Philip nickte.
»Er war nie besonders einfallsreich beim Erfinden von Pferdenamen«, spottete Said.
»Das sagt einer, der seine Stute Bunnîya – die Braune – nennt.«
Said lachte. »Wahrscheinlich färbt der Umgang mit dir ab.«
Zu Philips Erstaunen zeigte sich auch auf Bertrams Gesicht zum ersten Mal seit Langem ein Lächeln.
Während sie zu dritt durch die Stadt ritten, hatte Philip das Gefühl, niemals fort gewesen zu sein. In den Straßen Alexandrias blühte das Leben wie vor ihrer Reise. Erst als sie Heinrichs Gut erreichten, bemerkte er einen Unterschied. Die Mauer, die den Besitz der Familie umgab, war erneuert worden. Früher war sie kaum mehr als eine Einfriedung gewesen, die Straßenkinder und streunende Hunde ferngehalten hatte. Inzwischen war geradezu eine Festungsmauer daraus geworden. Es gab sogar Schießscharten, obgleich sie auf den ersten Blick wie orientalische Verzierungen auf der weiß gekalkten Mauer wirkten. Philip und Said tauschten einen vielsagenden Blick. Sie hatten gewusst, dass sich die Lage in Alexandria zugespitzt hatte. Aber so sehr, dass ein christlicher Ritter sein Heim in eine Burg verwandeln musste?
Trotz der unüberwindlichen Mauer stand der Eingang weit offen. Es war ein massives Holztor mit Eisenbeschlägen, das von drei schweren Riegeln verschlossen werden konnte und einer Burg alle Ehre gemacht hätte.
Die Ankömmlinge lenkten ihre Pferde in den Hof. Sofort kamen ihnen mehrere Diener entgegen. Philip kannte die meisten von
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