Sündenheilerin 03 - Die Reise der Sündenheilerin: Historischer Roman (Sündenheilerin-Reihe) (German Edition)
leuchteten.
»Überlässt du mir deinen Knappen in den nächsten Tagen?« Abu al-Uyûn lächelte Philip gutmütig an.
»Selbstverständlich«, lautete die Antwort. »Da ich inzwischen weiß, dass Bertram die Lanze ausgezeichnet zu führen versteht und seine mangelnde Treffsicherheit einzig dem Unvermögen seiner Augen geschuldet ist, bin ich dankbar, wenn dieser Makel möglichst bald behoben wird.«
»Darf ich gleich bei Abu al-Uyûn bleiben?« Bertram sah Philip bittend an, und der nickte.
Erst auf dem Weg nach Hause fiel Philip ein, dass er über all die neuen Erkenntnisse hinweg vergessen hatte, mit Bertram über Ritter Hermann und das geheimnisvolle Geschehen in der Totenkammer zu sprechen …
20. Kapitel
L ena fand ihre Schwiegermutter am Knüpfrahmen. Seit ihrem letzten Besuch hatte der Teppich sichtbare Fortschritte gemacht.
Meret hielt in der Arbeit inne, als sie Lena bemerkte.
»Hat dir der Basar gefallen?« Wie stets schenkte sie ihrer Schwiegertochter ein gütiges Lächeln.
»Ich war begeistert. Und vor allem weiß ich nach dem Rundgang, woher Philip die Bilder nimmt, wenn er seine farbenprächtigen Geschichten erzählt. Wir waren in Ali Babas Schatzhöhle.« Sie hob die Handgelenke, an denen zahlreiche goldene Armreifen klimperten.
»Wie ich sehe, ist mein Sohn seinen Pflichten nachgekommen. Je mehr Gold eine Frau besitzt, umso höher ist ihr Ansehen.«
Lena zog sich ein Sitzkissen heran und nahm neben ihrer Schwiegermutter Platz.
»Wie geht es Sophia?«, fragte sie.
»Sie hat ihre Kammer nicht verlassen, seit sie mit ihrem Großvater aneinandergeriet.«
»Grollt er ihr?«
»Nein, er schiebt es auf den Schrecken, ihre Katze tot aufgefunden zu haben, und hält ihre Schwärmerei für Said für kindliche Narretei.«
»Sie liebt Said.«
»Ich weiß.« Meret seufzte. »Ich habe lange versucht, die Augen zu verschließen. Eigentlich wusste ich es längst. Schon bevor sich Philip und Said auf die Reise begaben. Aber ich habe mir immer eingeredet, Sophia und Said empfänden nicht mehr als Geschwister füreinander.«
»Philip sähe es gern, wenn sein bester Freund seine Schwester zur Frau nehmen dürfte«, sagte Lena vorsichtig.
»Philip sieht nur den Menschen. Niemals das große Ganze. Ich fürchte, daran ist Bruder Eustache schuld.«
»Bruder Eustache?«
»Ein Mönch, den Otto seinerzeit in unser Haus holte, damit er Philip Latein beibrachte. Meinem Vater war es nicht recht. Ihn störte es schon, dass Philip und Sophia römisch getauft wurden. Er hätte sie gern in unsere eigene Gemeinde eingeführt. Aber Otto hatte eine unvergleichliche Art, seinen Willen durchzusetzen. Er vermochte seine Worte so geschickt zu wählen, dass man am Schluss selbst seiner Meinung zu sein glaubte.«
»Und was missfiel deinem Vater an Bruder Eustache?«
»Missfallen ist nicht das rechte Wort. Bruder Eustache ist ein guter Mensch. Er kümmert sich um verlassene Kinder. Aber er legt Gottes Wort so aus, wie es ihm in den Sinn kommt. Für ihn gibt es nur wenige unabänderliche Regeln. Er hat Philip gelehrt, dass Gott die Menschen an ihren Taten und nicht an ihrem Bekenntnis misst. So als wäre es gleichgültig, welchem Glauben ein Mensch anhängt. Bei manchen dieser Reden geriet ich schon in Sorge um Philips Seelenheil. Ich sprach mit Otto darüber, doch der lachte nur und fragte mich, ob es Gottes Wille sein könne, dass so gute Menschen wie Said oder sein Vater Harun in der Hölle schmoren müssten, nur weil sie dem Herrn anders dienen als wir.«
»Und was ist deine Ansicht dazu?«
»Wer an Gott glaubt, soll es so tun, wie er es von seinen Eltern gelernt hat. Dann wird Gott ihm immer beistehen. Aber wenn Sophia Saids Frau wird, dann kann sie ihre Kinder niemals anleiten, so an Gott zu glauben wie alle ihre Vorfahren. Sie dürfte Christin bleiben, aber ihre Söhne und Töchter würden Muslime.«
»Und doch wären sie gute Menschen, denen Gott sein Reich gewiss nicht verschließt.«
»Was hätten deine Eltern gesagt, wenn du dich einem Mann fremden Glaubens anvermählt hättest?«
Lena senkte den Blick. »Ich weiß es nicht. Mein Vater war ein großherziger Mann, der ganz ähnlich wie Philip erst den Menschen und danach sein Bekenntnis betrachtete. Er verkehrte oft mit jüdischen Gelehrten und behandelte sie mit Hochachtung.«
»Anderen Menschen mit Achtung zu begegnen, ist christlich. Aber seinen eigenen Glauben nicht an die nächste Generation weiterzugeben, führt zum Untergang.«
»Dabei
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