Sündenheilerin 03 - Die Reise der Sündenheilerin: Historischer Roman (Sündenheilerin-Reihe) (German Edition)
hast du doch das Gegenteil bewiesen.«
Meret hob erstaunt den Blick. »Wie kommst du auf diesen Gedanken?«
»Du hast mir die Sarkophage deiner Vorfahren gezeigt. Du bist eine Hüterin. Die Hüterin eines Erbes aus alter Zeit, lange bevor der Herr über die Erde wandelte. Deine Vorfahren glaubten noch an heidnische Götter.« Lena berührte den goldenen Anhänger mit der Isis, der auf ihrer Brust ruhte. »Dennoch ehrst du diese Vorfahren und hütest ihr Vermächtnis. Weil sie gute Menschen waren.«
»Das ist nicht dasselbe. Sie haben den Weg zum rechten Glauben gefunden. Sonst wären wir keine Christen.«
»Würdest du Sophia jemals deinen Segen erteilen, Saids Ehefrau zu werden?«
Meret atmete tief durch. »Das könnte ich nur, wenn Said Christ würde.«
»Du hast mir erklärt, dass ein Muslim, der in diesem Land seinem Glauben abschwört, dem Tod geweiht ist.«
Lena wunderte sich über sich selbst. Noch vor einem Jahr hätte sie Meret in jeder Hinsicht recht gegeben und eher versucht, auf Sophia einzuwirken. Doch seit sie mit Philip verheiratet war und täglichen Umgang mit Said pflegte, hatte sich ihr Weltbild kaum merklich immer mehr verändert. Gott war allmächtig. Wenn ihm die Lehren eines Propheten zuwider waren, dann hätte doch ein einziger göttlicher Handstreich genügt und die Ungläubigen hinfortgefegt. Aber nichts dergleichen geschah. Es waren die Menschen, die sich gegenseitig zerfleischten, und jeder berief sich dabei auf Gott. Aber nachdem sie alle, Juden wie Christen und Muslime, nach wie vor auf Erden wandelten – begleitete Gott dann nicht jeden von ihnen und ließ ihnen den freien Willen, Gutes zu tun oder Sünden zu begehen?
Unwillkürlich bekreuzigte Lena sich. Eine gute Christin durfte nicht so denken. Nur der Herr und sein Sohn Jesus Christus verhießen ewiges Heil. Doch obwohl sie sich zwang, sich diesen Glaubensgrundsatz immer wieder einzuhämmern, wollten die ketzerischen Gedanken nicht weichen.
»Ja, er wäre des Todes.« Merets Stimme holte Lena zurück in die Gegenwart. »Und deshalb kann ich Said niemals als Schwiegersohn dulden, sosehr ich ihn auch liebe. Denn du musst wissen, er war für mich immer ein Sohn – seit jener furchtbaren Nacht, als seine Mutter starb.«
»Philip hat mir davon erzählt. Betrunkene Ritter töteten seine Mutter und verletzten seinen Vater schwer. Otto rettete Harun und Said.«
Meret nickte. »Said war noch ein kleiner Knabe von drei Jahren. Ich schloss ihn von Anfang an ins Herz. Vermutlich habe ich nur deshalb geduldet, dass er Sophia so nahe kam, sah ich in ihm doch immer nur einen Bruder für sie. Niemals einen Mann.«
»Hast du mit Sophia gesprochen?«
»Sie will keinen sehen. Sie kann sehr trotzig sein, aber dieser Zustand hält nie lange an. Morgen ist er vermutlich vorüber.«
Von draußen hörten sie einen Wortwechsel – den Stimmen nach zwischen einer Magd und Thea. Thea! Plötzlich fiel Lena wieder ein, dass sie Philip zugesichert hatte, mit der Räuberin zu sprechen. Im Gegensatz zu ihm beschloss sie, die Gelegenheit nicht länger hinauszuzögern.
»Entschuldige mich bitte, Meret! Thea scheint zurückgekehrt zu sein, und ich muss dringend mit ihr reden.«
Meret lächelte und nickte wohlwollend. Dann wandte sie sich wieder ihrem Teppich zu, und Lena verließ die Stube.
»Worum geht es?«, fragte Lena, als sie Thea heftig mit der Magd gestikulieren sah.
»Sie hat sich einfach an mein Eigentum gewagt!«, schrie Thea.
»Ich wollte doch nur die Wäsche waschen«, verteidigte sich die junge Frau. In ihren Händen entdeckte Lena Theas Beinlinge und die geschlitzte Suckenie, mit der die Räuberin bereits den Hamburger Bütteln aufgefallen war.
»Du hast hier nichts zu waschen, wenn ich es dir nicht aushändige.« Mit raschem Griff entwand Thea der Magd die Kleidung. Erschrocken wandte diese sich um, hastete den langen Flur entlang und die Treppe hinunter zur Gesindestube.
»Du hättest deinen Tadel auch freundlicher ausdrücken können.«
»Hätte ich. Aber so wirkt es nachhaltiger.«
»Und warum soll sie deine Kleidung nicht waschen?«
»Das geht dich nichts an.«
»Hast du etwa schlechte Laune?«
»Was willst du von mir?«, fragte Thea statt einer Antwort. »Wenn du mich so ansiehst, willst du immer etwas. Also, spuck’s aus, und lass mich dann in Ruhe!«
»Ich muss mit dir reden.«
Thea verdrehte die Augen. »Dann fang an! Umso schneller sind wir fertig.«
»Nicht hier.«
»Auch noch Ansprüche. Nun gut, komm!« Thea
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