Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Sündenheilerin 03 - Die Reise der Sündenheilerin: Historischer Roman (Sündenheilerin-Reihe) (German Edition)

Sündenheilerin 03 - Die Reise der Sündenheilerin: Historischer Roman (Sündenheilerin-Reihe) (German Edition)

Titel: Sündenheilerin 03 - Die Reise der Sündenheilerin: Historischer Roman (Sündenheilerin-Reihe) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Melanie Metzenthin
Vom Netzwerk:
kunstvolle Einfassungen für die Lesesteine herstellte, der andere hieß Arif, ein Händler, von dem Philips Mutter die Wolle für ihre Teppiche bezog.
    »Der Morgen der Güte sei mit euch, ehrwürdige Herren«, begrüßte Philip die drei älteren Männer.
    »Al-hamdulillâh!« Abu al-Uyûn sprang auf. »Philip, du bist heimgekehrt!«
    »Schon vor Tagen. Hat es sich etwa noch nicht bis zu dir herumgesprochen?« Philip lachte und ergriff die ausgestreckten Hände des Alten. Er kannte ihn bereits seit seiner Kindheit. Beinahe ebenso lange, wie er den Kadir, seinen großväterlichen Freund, gekannt hatte, von dem er das Buch des Wissens geerbt hatte. Und die Feindschaft zu dessen Sohn Khalil. Philip holte tief Luft. Es gab keinen Beweis dafür, dass Khalil noch lebte. Er hatte Abd al-Hisâb gesehen, und der Diener der Rechnung war nicht Khalil. Jeder konnte hinter den Drohungen der letzten Tage stecken.
    »Was kann ich für dich tun? Braucht dein Großvater einen neuen Lesestein?«
    »Nein, er ist bestens versorgt. Ich habe eine andere Bitte. Dieser junge Mann ist mein Knappe Bertram. Und er ist mit einem Leiden geschlagen, das für einen künftigen Ritter eine schwere Bürde darstellt.«
    Abu al-Uyûn musterte Bertram aufmerksam.
    »Was fehlt dem Jüngling?«
    »Die Schärfe des Blickes auf weite Sicht. Bis auf zehn Schritte sieht er alles scharf, danach verschwimmen die Umrisse.«
    Abu al-Uyûn seufzte. »Ein schweres Los für einen jungen Mann. Aber ich fürchte, ich kann kaum etwas für ihn tun.«
    »Warum nicht? Deine kunstvoll geschliffenen Lesesteine helfen auch anderen Menschen. Warum nicht Bertram?«
    »Das wirst du gleich sehen. Folgt mir bitte!«
    Der alte Mann führte sie in das Hinterzimmer, das als Werkstatt diente. Zahlreiche gläserne Halbkugeln, sogenannte Lesesteine, welche die Macht hatten, Schriften zu vergrößern, lagen überall herum. Auch einige schmäler geschliffene Linsen, mit denen Abu al-Uyûn seit Jahren experimentierte, um Fernes nahe zu sehen. Seine Ferngläser waren begehrte, kostbare Objekte.
    »Was ist mit diesen Linsen?«, fragte Philip.
    »Das wirst du sehen, wenn dein Knappe sie vor die Augen hält. Hier, mein Junge, sieh hindurch! Wird das Ferne schärfer?«
    Bertram ergriff die Linse und folgte der Aufforderung.
    »Es sieht größer aus, aber die Unschärfe bleibt.«
    Abu al-Uyûn nickte. »Darin liegt die Schwierigkeit. Es ist nicht damit getan, etwas zu vergrößern.«
    Bertram legte die Linse zurück auf das samtene Tuch. Dabei fiel sein Blick auf eine zweite Linse, die wie eine beiderseitig hohle Schüssel geschliffen war.
    »Was ist das?«, fragte er und nahm sie zur Hand, ohne Abu al-Uyûns Erlaubnis abzuwarten.
    »Eine Spielerei, mehr nicht. Durch diese Linse sieht man alles kleiner, als es ist.«
    Bertram hielt sie sich vors Auge.
    »Heilige Muttergottes!«
    »Was ist?«, fragte Philip. Der heftige Ausruf seines Knappen beunruhigte ihn.
    »Seht einmal hindurch, Herr Philip!«
    Philip folgte der Aufforderung. Die Welt dahinter sah kleiner aus, ganz so, wie der Vater der Augen es gemutmaßt hatte.
    »Nein, haltet sie Euch dichter vors Auge!«, verlangte Bertram.
    Er tat es und sah plötzlich alles verschwommen.
    »Je dichter ich sie mir vors Auge halte, umso undeutlicher sehe ich alles.« Philip legte die Linse zurück.
    »Ja, Ihr! Aber ich habe es scharf gesehen! So scharf, wie es sein sollte. Und nicht mehr kleiner.«
    »Das ist außergewöhnlich!«, rief Abu al-Uyûn. »Junger Mann, du bist auf etwas gestoßen, das genauer Untersuchung bedarf. Bist du zu dem einen oder anderen Experiment bereit?«
    »Experiment?« Auf einmal klang Bertrams Stimme unsicher.
    »Verschieden geschliffene Linsen, durch die du hindurchsiehst. Wer weiß? Vielleicht gibt es einen Weg, das Übel der Kurzsichtigkeit zu bekämpfen.«
    »Sehr gern«, antwortete Bertram. »Nur wird es mir nicht viel nutzen, da ich kaum ein Turnier reiten kann, wenn ich mir diese Linsen vor die Augen halte.«
    »Darüber habe ich schon unterwegs nachgedacht«, mischte sich Philip ein. »Es müsste doch möglich sein, diese Gläser ins Visier eines Helmes einzupassen …«
    »Kein Visier«, unterbrach ihn Abu al-Uyûn. »Du hast doch selbst gehört, dass er die Gläser dicht vor den Augen tragen muss. Eine lederne Kappe mit Augenschlitzen, in die die Gläser eingefasst werden, wäre besser geeignet.«
    »Und ich könnte sie unter jedem Helm tragen, und niemand wüsste von meiner Schwäche!« Bertrams Augen

Weitere Kostenlose Bücher