Sündenkreis: Thriller (German Edition)
Man könnte den Satz sinngemäß in etwa so übersetzen: ›Also geht es allen, die nach Gewinn gieren, dass ihre Gier ihnen das Leben nimmt‹.«
»Das ist perfekt.« Jo lächelte jetzt auch.
»Wunderbar.« Reinmann legte das Blatt ab und faltete wieder die Hände. »So konnte ich Ihnen doch helfen. Dann übersetze ich es schnellstmöglich noch im Detail und lasse es Ihnen dann zukommen. Kann ich Ihnen sonst noch irgendwie helfen?«
»Nein, danke. Im Moment nicht. Das war schon sehr nützlich für uns.« Es war, wie sie vermutet hatten. Eigentlich hätten sie Reinmanns Bestätigung gar nicht gebraucht.
»Waren Sie denn inzwischen mal bei diesen Sekten?«
Es dauerte einen Moment, bis Lara die Frage richtig wahrnahm. »Bei vieren von Ihrer Liste. Gut, dass Sie darauf kommen, da hatten wir auch noch einige Fragen.« Lara sah zu Jo. Sie hatte schon wieder von »wir« gesprochen, aber es war ja nun ohnehin offensichtlich, dass sie und Jo zusammenarbeiteten.
»Mit welchen hatten Sie Kontakt?«
»Mit der Holic-Gruppe , der Gemeinde ohne Mauern , Fiat Pax und mit den Kindern des Himmels .«
»Ach!« Stefan Reinmann schien überrascht. »Die Kinder des Himmels … Hat man Sie ins Haus gelassen?«
»Zweimal sogar. Und nicht nur dort. Vorhin waren wir bei der Holic-Gruppe . Der Chef heißt Schwarz und wollte uns gleich missionieren. Er hat uns Flyer mitgegeben, warten Sie, hier.«
»Die wahren Christen …« Stefan Reinmann lächelte versunken. »Sie beharren auf der wörtlichen Auslegung der Bibel und sind ziemlich strikt in ihren Vorschriften.«
»Das, was der Mann erzählt hat, klingt ganz ähnlich wie der Inhalt der Texte, die Sie für uns übersetzt haben.«
»Da ist was dran. Ähnlicher Ductus, Bibelzitate von Quelltexten. Gut beobachtet, Frau Birkenfeld.« Er nickte ihr zu. Lara beschloss, die Flyer in der Tasche zu lassen. Der Sektenbeauftragte hatte ihr eben ihre Vermutungen bestätigt.
»Und bei den Kindern des Himmels waren Sie auch?« Stefan Reinmann schüttelte leicht den Kopf.
»War einfacher als bei Holic s.« Von Jos »Recherchen« im Keller der Villa und dem nachfolgenden Aufruhr sagte Lara nichts. »Der Sektenführer, Romain Holländer heißt er, war sehr entgegenkommend, er hat meine Fragen beantwortet und mir einige Räume gezeigt.«
»Haben Sie auch mit den Mitgliedern geredet?« Reinmann hatte sich jetzt nach vorn gebeugt und die Brille auf die Stirn geschoben.
»Nicht so richtig. Ich war zwar bei einer dieser ›Abendspeisungen‹, die sie anscheinend jeden Tag durchführen, anwesend, hatte aber keine Chance, mit den Leuten dort zu reden. Warum fragen Sie danach?«
»Wir beobachten diese Sekte schon länger.« Stefan Reinmann hielt kurz inne, als überlege er, wie viel er preisgeben durfte, ehe er fortfuhr. »Wir vermuten, dass dort Dinge geschehen, die nicht gottgefällig sind. Leider fehlen uns die Beweise. Es gibt zudem nur sehr wenige Aussteiger, und keiner von ihnen war bisher gesprächsbereit. Das heißt, dass wir als evangelische Kirche nicht viel unternehmen können. Ich dachte, wenn Sie Hinweise hätten …«
»Der Zettel!« Lara runzelte die Stirn. »Jemand dort hat mir eine Nachricht in die Tasche gesteckt, auf der stand, wir sollten auf den Keller achten. Was glauben Sie denn, was in der Sekte geschieht?«
»Darüber möchte ich nicht sprechen. Es sind, wie ich schon sagte, nur Mutmaßungen, und üble Nachrede ist nicht unsere Sache.«
»Schade.« Lara stellte die leere Tasse ab und klappte ihr Notizbuch zu. »Aber ich kann Sie gern auf dem Laufenden halten.« Sie sah sich selbst, wie sie dem Mann mit dem Jungen vor der Villa ihre Visitenkarte in die Hand drückte. Würde er anrufen?
»Darüber wäre ich sehr dankbar.«
»Dann werden wir uns jetzt verabschieden. Bitte schicken Sie mir die Übersetzung des neuen Textes. Am besten per E-Mail.«
»Noch am Wochenende.« Noch ehe Stefan Reinmann sich ganz erhoben hatte, öffnete sich die Tür und die Putzfrau erschien mit dem leeren Tablett. Sie musste durch Wände hindurchsehen oder Gedanken lesen können.
»Informieren Sie mich.« Stefan Reinmann hielt Laras Hand ein wenig zu lange fest. Jo, der neben ihr seine Schuhe zuschnürte, richtete sich auf und drehte sich zur Tür.
»Versprochen. Eine Frage hätte ich noch schnell.« Lara sah, wie Jo sich zu ihr umwandte. Seine Augenbrauen rutschten nach oben und der Mund öffnete sich, als sie weitersprach. »Können Sie mir sagen, was die Wörter superbia , luxuria und
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