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Sündenkreis: Thriller (German Edition)

Sündenkreis: Thriller (German Edition)

Titel: Sündenkreis: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Claudia Puhlfürst
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Ledersesseln Platz genommen hatten, schlug dann die Beine übereinander und verschränkte die Finger über dem Bauch. »Sie hatten mich heute früh um einen Termin gebeten, und ich hatte den Eindruck, es sei dringend. Was kann ich denn für Sie tun?«
    »Wir haben einen weiteren Text.« Lara überlegte kurz, ob das »wir« verräterisch war, schließlich hatte sie bis jetzt immer allein agiert, aber Reinmann schien nichts bemerkt zu haben. »Ich bräuchte die Übersetzung so schnell wie möglich.«
    »Hm. Haben Sie den Text dabei?«
    »Ja.« Lara zog das gefaltete Blatt aus ihrem Notizbuch. »Ich hatte gehofft, dass Sie mir eine ungefähre Inhaltsangabe geben können. Nur damit ich weiß, worum es darin geht.«
    »Dann lassen Sie mal sehen.« Reinmann griff nach dem Blatt, starrte darauf, legte es nach wenigen Sekunden wieder ab und tippte sich mit dem Zeigefinger an die Schläfe. »Jedes Mal vergesse ich meine Brille. Anscheinend will mein Unterbewusstsein einfach nicht akzeptieren, dass es nicht mehr ohne geht. Einen Moment bitte.« Wie bei ihrem letzten Besuch verschwand er auch diesmal im Nachbarzimmer und Lara nutzte die Gelegenheit, bis er zurückkam, Jo eine Grimasse zu schneiden, die sagen sollte: »Ich habe dir ja angekündigt, dass er etwas umständlich ist.« Die Putzfrau erschien mit dem üblichen Tablett. Heute trug sie keinen Fromme-Helene-Dutt, sondern einen geflochtenen Zopf. Während sie servierte, kam Stefan Reinmann zurück, setzte sich und begann, ohne ein weiteres Wort zu lesen. Lara fühlte sich wie in einem der Nesthäkchen -Bücher, die sie als Kind gelesen hatte. Die antiquierte Einrichtung, all die ledergebundenen Bücher, die Eichenschränke, der Messingtisch, die mannshohe Stehlampe mit dem geschnitzten Fuß, die ein gelbes Licht auf ihre Köpfe warf; dazu der Tee, das alles verstärkte ihr Gefühl, in einem Kostümschinken aus den dreißiger Jahren mitzuspielen.
    »… audiens sapiens sapientior erit et intellegens …« Stefan Reinmann murmelte die lateinischen Wörter vor sich hin. Lara nippte an ihrem Tee. Sie hatte auf der Fahrt hierher mit Jo diskutiert, ob sie den Sektenbeauftragten einweihen sollten, woher die Texte stammten und dass sie in den Inhalten nach etwas suchten, was sie zum Mörder führen konnte. Sie war dafür gewesen, Jo dagegen. Seinen Argumenten, dass die Polizei die Inschriften auf der Stirn und auch das Wissen um die Texte auf den Rücken bisher geheim gehalten hatte und dass er seine Quelle nicht gefährden wolle, hatte Lara nur widerwillig zugestimmt.
    »Sie brauchen eine Zusammenfassung?« Reinmann ließ das Blatt sinken und sah Lara an. Seine hellen Augen leuchteten hinter den Brillengläsern.
    »Etwas, woraus wir entnehmen können, worum es in dem Text geht.« Lara verzog das Gesicht. Sie hatte schon wieder »wir« gesagt.
    »Das ist schwierig. Ich hatte Ihnen ja schon erläutert, dass solche Schriften nie eindeutig sind. Auch hier handelt es sich wieder um einen sehr alten Text, ich vermute, aus der Bibel, er könnte ebenso wie der zweite aus den Sprüchen Salomos stammen. Das müsste ich nachprüfen. Warten Sie, ich bin noch nicht fertig.« Er hob die Hand, als Lara ansetzte, um etwas zu sagen, und sprach dann weiter. »Sie können oder wollen mir wahrscheinlich noch immer nicht sagen, woher all diese Texte stammen oder wer sie geschrieben hat. Für die Erschließung des Inhaltes wäre das jedoch wirklich nützlich.« Ein feines Lächeln wölbte seine Mundwinkel nach oben, während er beobachtete, wie Lara und Jo den Kopf schüttelten. »Nun gut. Einen Anhaltspunkt.« Er ließ sich an die Lehne zurücksinken und schaute an die Decke. »Dieser Text hat etwas mit Weisheit und Zucht, Klugheit und Gerechtigkeit zu tun. Das findet sich gleich in den ersten Zeilen. Etwas weiter unten geht es darum, dass die Ruchlosen Weisheit und Zucht verachten.« Stefan Reinmann sah Lara an und nickte. »Ich habe es Ihnen doch gesagt. Das kann alles und nichts heißen.«
    »Steht in dem Text irgendetwas über Geld?« Jo hatte sich zu den ersten Worten, seit er hier war, aufgesetzt.
    »Geld?« Noch immer hing das Lächeln Reinmanns in seinem Mund. »So etwas Profanes?«
    »Es kann auch im übertragenen Sinne gemeint sein. Irgendetwas mit Reichtum oder Gier.«
    »Nun, lassen Sie mich schauen.« Reinmann beugte sich nach vorn und fuhr mit dem Finger über die Zeilen. »Vielleicht dies hier: Sic semitae omnis avari animas possidentium rapiunt . Avarus heißt soviel wie habsüchtig.

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