Suendenpakt
vorzustellen, lassen die beiden Muskeltypen ihre Bretter fallen und stellen sich mir in den Weg. »Was können wir für Sie tun, Sir?«
»Ich hätte gerne kurz mit Mort geredet.«
»Worüber, Sir?«
»Ich bin Anwalt und vertrete einen jungen Mann, dem ein Mord zur Last gelegt wird, den er vor ein paar Monaten hier in der Nähe begangen haben soll. Ich weiß, Mr. Semel ist direkter Nachbar von Mr. Wilson und surft oft hier. Ich muss herausfinden, ob er an jenem Abend etwas gesehen oder gehört hat oder jemanden kennt, bei dem das der Fall ist.«
Einer der Leibwächter bleibt bei mir, der andere geht zu Semel, kommt aber rasch zurück, als könnte er nicht abwarten, mir die gute Nachricht zu überbringen. »Nö, Mort hat nichts gesehen oder gehört.«
»Äh, ja, da ich den weiten Weg hier heraus gemacht habe, würde ich ihn doch gerne selber fragen.«
»Das ist keine gute Idee.«
»Das hier ist nicht sein Grundstück«, erwidere ich. Meine Temperatur steigt leicht an. »Das ist ein öffentlicher Strand, du Arschloch. Ich rede selbst mit Mort.« Und schon mache ich Anstalten, an ihm vorbeizugehen.
Offenbar ist auch das keine gute Idee, weil ich auf einmal im Sand auf dem Rücken liege und mir der Größere der beiden seinen Fuß gegen die Kehle drückt.
»Liegen bleiben«, droht er. »Ganz ruhig liegen bleiben.«
54
Tom
»Hab schon kapiert«, versichere ich ihm. »Immer mit der Ruhe, ja?«
Aber ich denke: ein Surfer mit zwei Leibwächtern - echt geil, was? Das ist schon fast lustig, abgesehen davon, wie ich bereits klargemacht habe, dass wir uns auf einem öffentlichen Strand befinden. Na, ich jedenfalls liege auf einem öffentlichen Strand. Also schnappe ich den Fuß in meinem Gesicht und drehe ihn wie den Kopf der kleinen Linda Blair in Der Exorzist. Der Knöchel gibt ein zufrieden stellendes, unnatürliches Geräusch von sich, dann reißt der Meniskus am Knie dieses bulligen Leibwächters, der einen Schrei ausstößt. Ich sehe nicht, wie er fällt, weil ich mich bereits seinem Kollegen zuwende. Wir zwei halten uns mehr oder weniger die Waage, bis uns einer der anderen Surfer trennt.
»Die Waage halten« könnte, was mich betrifft, leicht übertrieben sein. Als ich zu meinem Wagen gehe, ist ein Auge bereits zugeschwollen. Und zu Hause, eine halbe Stunde später, ist es blutig. Aber richtig schlimm wäre es gewesen, wenn ich zugelassen hätte, dass mich einer dieser Wichser von meinem eigenen Strand verjagt.
Abgesehen davon funktioniert das andere Auge noch ganz gut, so dass ich mich wieder an meine Aufzeichnungen vom letzten Gespräch mit Dante machen kann.
Aber mir tun nicht nur die Rippen und Augen weh, ich muss auch einen Schlag gegen den Kopf bekommen haben, weil ich schwören könnte, dass eine Frau, die genau wie Kate Costello aussieht, in meinen Garten marschiert. Die
fragliche Frau trägt Jeans, ein weißes Penguin-Hemd und schwarze Converse-Sportschuhe, und sie kommt an den Holztisch und setzt sich neben mich auf einen Stuhl.
»Was ist denn mit dir passiert?«, fragt sie.
»Zwei Leibwächter.«
»Die zu wem gehören?«
»Einem Typen auf der Beach Road, mit dem ich heute Morgen über die Mordfälle reden wollte.«
Kate rümpft die Nase und seufzt. »Du hast dich aber auch gar nicht verändert.«
»Doch, Kate, das habe ich.«
Dann sagt diese Frau, die tatsächlich Kate Costello zu sein scheint: »Ich habe meine Meinung geändert. Ich möchte dir bei der Verteidigung von Dante Halleyville helfen.«
Und weil ich so verblüfft bin, dass ich nicht antworten kann, fährt sie fort: »Allerdings musst du Ja sagen, weil ich gestern gekündigt habe und hierher gezogen bin.«
»Du weißt, dass die Arbeit nicht bezahlt wird, oder? Keine Vergünstigungen, keine Krankenversicherung, nichts.«
»Ich denke, ich bin gesund.«
»Das dachte ich beim Aufwachen auch noch.«
»Tut mir leid.«
»Und du bist bereit, gleichberechtigt mit jemandem zusammenzuarbeiten, der von Walmark, Reid & Blundell nie
und nimmer eingestellt werden würde?«
Beinahe bringt Kate ein Lächeln zustande. »Dass du der Kanzlei Walmark, Reid & Blundell nicht würdig bist, ist ein Pluspunkt für dich.«
55
Kate
Er ist einfach ein Kind.
Ein sehr großes Kind mit verängstigtem Blick.
Dies sind meine ersten spontanen Gedanken, als Dante Halleyville das kleine Anwaltszimmer betritt, in dem Tom und ich warten. Er muss sich ducken, um nicht mit dem Kopf gegen den Türrahmen zu knallen. Sich als Achtzehnjähriger mit anderen
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