Suendenpakt
Mitstreiter draußen in den Hamptons arbeitet Manny Rodriguez viel zu viel. Es ist drei Uhr morgens, seit elf Uhr stehe ich gegenüber seiner Wohnung. Alle in Bed-Stuy schlafen. Nur er nicht. Liegt es an dieser Immigranten-Arbeitsethik, oder kocht bei ihnen das Blut? Quien sabe, ay?
Moment mal - da kommt er ja. Gerade rechtzeitig, weil mein Magen heute Abend keinen schlechten Kaffee mehr verträgt.
Selbst jetzt ist unser Junge noch aufgekratzt, hüpft zur Musik, die in seinen Kopfhörern dröhnt.
Wenn ihr mich fragt, nichts hat die Stadt mehr kaputt gemacht als Kopfhörer, iPods und Computer. Früher bot New York die Art von Zufallsinteraktion, die man sonst nirgends bekam. Es konnte immer passieren, dass man an der roten Ampel neben einem wunderschönen Mädchen stand.
Oder man kam mit einem Typen ins Gespräch. Nichts Schwules, sondern einfach zwei Menschen, die durch diese Welt reisen und sich gegenseitig wahrnehmen. Jetzt hat jeder nur noch seine eigene, von seinem Computer heruntergeladene Musik im Ohr. Es ist einsam geworden, Bruder.
Außerdem ist es gefährlich. Man will die Straße überqueren, bemerkt aber den Bus erst, wenn man drunterliegt. Und den Chinesen, der auf seinem klapprigen Fahrrad um die Ecke biegt, hört man auch nicht.
Nun, jetzt kann man diesem Drama die Geschichte von Manny Rodriguez hinzufügen, der so in seine Musik vertieft ist, dass er nicht hört, wie ich hinter ihm herlaufe und meine Waffe ziehe. Er spürt nicht, dass etwas nicht stimmt, bis eine Kugel von hinten seinen Schädel und sein Hirn durchbohrt. Der arme Kerl weiß erst, dass er umgebracht wurde, als er tot ist.
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Kate
Der Hefter mit der formalen Anklage gegen Randall Kane landet am Nachmittag gegen halb drei auf meinem Schreibtisch bei Walmark, Reid & Blundell. Ich schließe die Tür und streiche für den Rest des Tages alle Termine.
Mir ist vollkommen bewusst, dass die Entscheidung, mir diesen Fall zu übertragen, nicht unbedingt auf meiner Fähigkeit als Prozessanwältin beruht. Für einen hochkarätigen Firmenboss, der die Grenzen überschritten hat, gehört es zum Standard, mit einer Anwältin vor Gericht zu ziehen. Damit habe ich kein Problem. Eine Frau hat, wenn es um ihre Karriere geht, immer noch mehr Nachteile als Vorteile. Deswegen ziehe ich es bei diesen seltenen günstigen Gelegenheiten vor, mit dem Strom zu schwimmen.
Als ich die ersten Sätze der Klageschrift lese, bin ich überzeugt, dass wir den Fall nicht nur vor Gericht, sondern auch in den Medien gewinnen werden. Sie sind gespickt mit Formulierungen wie »feindliche Arbeitsumgebung«, was sich normalerweise auf schlüpfrige Witze und auf Bilder mit Badeanzugmodellen aus der Sports Illustrated bezieht, die an die Trennwände der Großraumbüros gehängt wurden.
Schließlich komme ich zur eidesstattlichen Erklärung des ersten von Randall Kanes angeblichen Opfern. Die sechsunddreißigjährige Mutter von drei Kindern hat neun Jahre lang als Kanes Chefsekretärin gearbeitet. In ihrer schriftlichen Stellungnahme, die sie unter Eid und Strafandrohung bei Meineid abgegeben hat, beschreibt sie, wie sie bei mehr als dreißig Gelegenheiten seine körperlichen und verbalen
Annäherungsversuche zurückwies und er, nachdem sie schließlich gekündigt und ihn verklagt hatte, alle Kräfte seines Unternehmens bündelte, um ihr Leben zu zerstören.
Am Ende ist mir klar, dass Randy Kanes Probleme nicht mit einem Einschüchterungsschreiben oder einem außergerichtlichen Vergleich aus der Welt zu schaffen sind. Und es gibt elf weitere Frauen, deren eidesstattliche Aussagen im wesentlichen identisch sind - bis zum Anruf von Kanes Unternehmenslakai, der ihnen gesagt hat, sie würden nie wieder eine Arbeit finden, sollten sie ihre Klage nicht zurückziehen. Drei der Frauen haben die Anrufe aufgezeichnet.
Ich schließe den Ordner und blicke auf den East River hinaus. Kane ist offensichtlich nicht nur ein treuloser Ehemann. Er ist eine Drecksau und möglicherweise ein Serienvergewaltiger, der zufällig eine Milliarde Dollar besitzt. Er verdient es, für seine Handlungen einen hohen Preis zu bezahlen, und wenn ich ihm helfe, um seine Strafe herumzukommen, bin ich nicht besser als sein angestellter Lakai, der diese abscheulichen Drohanrufe getätigt hat.
Zehn Jahre lang habe ich immer die richtigen Knöpfe gedrückt, angefangen bei der Law Review an der Columbia University über die zwei Jahre als Staatsanwältin im südlichen Bezirk, während ich
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