Suendenpakt
Nicht nur, weil Moreal und Manny eine hübsche, achtzehn Monate alte Tochter haben, sondern weil sie wirklich an den Typen geglaubt hat. Und bei dem könnte es sich tatsächlich gelohnt haben.
»Manny hatte Talent. Aber er konnte sich keine Pause leisten«, erzählt Moreal, deren Haut die gleiche Karamellfarbe hat wie der Kuchen, den sie neben meinen Kaffee stellt.
»Deswegen war er bei Cold Ground«, fährt sie fort. »Manny war Künstler, aber er hat als Botenjunge gearbeitet, ohne Geld dafür zu bekommen. Und nicht nur das. Manchmal hat er Brötchen und Kaffee von seinem eigenen Geld gekauft, nur weil er gehofft hat, dass ihm ein hochkarätiger Produzent vier Minuten seiner kostbaren Zeit schenken
würde. Und was passiert, wenn sich ein Produzent endlich sein Lied anhören will? Er kriegt einen Abend vorher von hinten eine Kugel in den Kopf, und das wegen einer Sache, mit der er nichts zu tun hatte.«
»Wie hieß sein Lied? Das letzte?«, frage ich sie.
»› Arroz con Frijoles ‹ - Reis mit Bohnen. Das war super. Echt.«
»Heißt Ihr Name das, was er sagt - more real, also ›echter‹?«
»Das ist gut. Muss ich mir merken. Aber, nein. In Kolumbien, wo ich herkomme, gibt’s den Namen Moreal so häufig wie hier Mary oder Martha.«
Ich kümmere mich um meinen Kaffee con leche und lasse meinen Blick über die Bilder an der Wand streifen - schöne, geschmückte Straßen voller amerikanischer Autos aus den Fünfzigern mit breiten Flossen. Ich lasse Moreal entscheiden, wann ihre Geschichte zu Ende ist, und nach weiteren zehn Minuten frage ich sie das, weswegen ich hergekommen bin.
»Moreal, ich weiß, dass es lächerlich klingen mag, aber ist Manny öfter mal in den Hamptons gewesen?«
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Raiborne
Jetzt habe sogar ich das Gefühl, den Bogen zu überspannen.
Am nächsten Morgen fahre ich nicht aufs Revier nach Brooklyn, sondern über den Grand Central Parkway nach Norden, wo ich den Schildern nach Eastern Long Island folge. Zwei Stunden später gleite ich im Schatten der größten und ältesten Ulmen, die ich je gesehen habe, ins Zentrum von East Hampton.
Da ich das erste Mal hier bin, parke ich meinen Taurus zwischen einem Anfängerporsche und einem leuchtend roten Ferrari und schaue mich um.
Es ist eine typische amerikanische Hauptstraße. Ich bin zwei Stunden von Bed-Stuy entfernt, habe aber das Gefühl, mich auf einer Art National-Geographic -Expedition wie Darwin auf Galapagos zu befinden. Ich würde mir ein Notizbuch kaufen und meine Eindrücke niederschreiben, aber es gibt keinen Laden, in dem ich mir eins besorgen könnte.
Das Einzige, was es hier zu kaufen gibt, scheinen Kaschmir, Kaffee und Immobilien zu sein. Scheiße, hier gibt’s mehr Immobilienhändler als bodegas in Brooklyn. Auf zwei Straßenblocks zähle ich sieben Agenturen, alle in weißen Schindelhäusern mit hübschen, typischen Namen: Devlin McNiff und Brown Harris Stevens.
Doch die Preise unter den Schwarzweißfotos, die genauso groß sind wie die, die Krauss im Leichenschauhaus macht, haben nichts Hübsches mehr. Zwanzig Millionen für irgendwas Großartiges, vier Millionen für irgendwas Nettes, und neunhundertfünfzigtausend für eine Hütte auf einem Sechshundert-Quadratmeter-Grundstück.
Ist denn das die Möglichkeit?
Schließlich bin ich zu müde, um weiterzugehen, und schaue mich nach so etwas wie einer bodega um. Hier heißt sie allerdings Golden Pear Café. Seltsamerweise stehen hier wie in einer echten bodega hinter dem Tresen nur Latinos. Ich wähle eine der sechs Sorten Kaffee und ein vier Dollar teures Stück Engelskuchen und nehme beides mit auf die Bank nach draußen.
Der Kaffee ist viel besser als das, was ich gewohnt bin, der Kuchen schlägt sogar die Hostess Twinkies, und auch das Licht hier draußen ist anders. Aber hier fließt so viel Geld aus allem, dass ich nicht sagen kann, wo die Stadt endet und das Geld beginnt. Statt noch mehr Zeit mit der Beantwortung meiner Fragen zu verschwenden, verbringe ich die nächsten zehn Minuten damit, mich in der Sonne aufzuwärmen und die Mädchen anzulächeln, die vorbeigehen. Und plötzlich kommt mir die Erleuchtung: Das Leben ist viel zu kurz, es lohnt sich nicht, etwas anderes zu tun.
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Raiborne
Das Polizeirevier von East Hampton ist nicht ganz so idyllisch wie der Bürgersteig vor dem Golden Pear. Zu meiner Enttäuschung macht es denselben Eindruck wie jedes andere Polizeirevier: bedrohlich, finster, überfüllt und verschwitzt. Drei muskulöse, irisch
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