Suendenpakt
unheimlich männlich.
Ich greife zum Baseball-Schläger, den ich neben dem Schreibtisch verwahre, und blicke hinüber zu Kate. Sie erwidert mein nervöses Lächeln und zuckt mit den Schultern, doch das Funkeln in ihren Augen sagt: »Dann mal los.«
83
Tom
Der Kopf, der sich durch die Tür schiebt, gehört nicht zu einem ortsansässigen, betrunkenen Rüpel. Es ist der von Calvin Coles, dem Pfarrer der Baptisten von Riverhead. Coles ist in den vergangenen Monaten schon ein paarmal hier gewesen und entschuldigt sich für sein spätes Erscheinen, während ihm zwei weitere stattliche Schwarze in dunklen Anzügen in mein Büro folgen. Alle drei stoßen sich beinahe die Köpfe an der niedrigen Decke.
Mit seltsamem Lächeln stellt Coles seine Begleiter vor, als wäre das nötig. Einer ist Reverend Marvin Shields, der andere Ronnie Montgomery, der elegante schwarze Anwalt, der nach dem Freispruch von Lorenzo Lewis berühmt wurde, dem früheren Major-League-Baseballstar, dem der Mord an seiner Frau zur Last gelegt worden war.
»Ich habe aufregende Neuigkeiten«, erzählt Reverend Shields, der vortritt und meine Hand zwischen seinen verschwinden lässt. »Wir haben Mr. Montgomery beschwatzt und Druck auf ihn ausgeübt, so dass er sich großzügigerweise dazu bereit erklärt hat, Dante Halleyvilles Verteidigung zu übernehmen.«
»Die Verhandlung beginnt in ein paar Tagen«, gibt Kate mit ruhiger Stimme und rot unterlaufenen Augen zu bedenken.
»Natürlich werde ich eine Vertagung beantragen«, erwidert Ronnie Montgomery mit gönnerhaftem Lächeln. »Und ich habe keinen Grund zu glauben, dass sie mir nicht gewährt wird.«
»Haben Sie mit Dante gesprochen?«, frage ich schließlich.
»Ich wollte anstandshalber zuerst hierherkommen«, antwortet Montgomery.
Montgomery lässt seinen Blick durch unser bescheidenes Büro schweifen und gibt uns mit einem Achselzucken zu verstehen, wie ungeeignet er es für die Arbeit an diesem großen Fall hält und welche Chancen er uns in der bevorstehenden Verhandlung ausrechnet.
»Ich weiß, Sie meinen es gut, und ich bin sicher, dass Sie furchtbar hart gearbeitet haben. Sie beide sind natürlich herzlich eingeladen, mir in der Übergangszeit zu helfen. Aber mit dem Fall sind Sie heillos überfordert, und Dante Halleyville hat was Besseres verdient.«
Als Montgomery erneut sein herablassendes Lächeln zeigt, tut es mir irgendwie leid, dass ich den Baseballschläger wieder zur Seite gestellt habe.
84
Tom
Am nächsten Morgen, als Kate mit ihrem Jetta auf den Parkplatz hinter dem Gefängnis von Riverhead biegt, fährt Ronnie Montgomerys schwarzer Mercedes gerade fort. Für uns ist dies das Ende der Vorstellung. Es ist, als käme man an seinem letzten Arbeitstag ins Büro, wo der Nachfolger schon auf deinem Stuhl sitzt und deinen Schreibtisch ausräumt.
Doch Kate und ich halten uns an unseren gewohnten Ablauf: Wir stellen den Wagen auf unserem Parkplatz ab, tauschen mit Mike und Billy am Empfang Nettigkeiten aus und verstauen unsere Uhren und Schlüssel in Spind Nummer 1924.
Zum vermutlich letzten Mal begleitet uns Sheila, die es seit dreiundzwanzig Jahren als einzige weibliche Wache in diesem Hochsicherheitsgefängnis aushält, durch die zur Seite gleitenden Stahlgitter in die Hölle der Anwaltsräume. Dante, der sich gerade mit Montgomery getroffen hat, sitzt bereits hier.
Er blickt auf seine Füße und erhebt sich. »Wir müssen reden«, sagt er.
Kate und ich lassen uns an dem kleinen Metalltisch auf unsere Stühle sinken. Ich beiße mir auf die Zunge und warte auf die Axt. Schon lange habe ich mich nicht mehr so schlecht gefühlt.
»Ich hatte gerade Besuch von Ronnie Montgomery«, beginnt Dante. »Der Schwarze, der den Baseballspieler Lorenzo Lewis rausgeboxt hat.«
»Er war gestern Abend bei uns im Büro«, sagt Kate.
»Dann wisst ihr wohl schon, dass er mir angeboten hat, diesen Fall zu übernehmen. Er hätte seit fünfzehn Jahren keinen Fall mehr verloren.«
»Könnte hinkommen«, stimmt Kate zu.
»Er meinte, diese Entscheidung wäre wahrscheinlich die wichtigste in meinem Leben. Und dass ich mir damit Zeit lassen soll.«
»Was hast du gesagt?«
»›Die Zeit ist um, Mr. Montgomery. Ich habe schon zehn Monate hier verloren. Ich weiß, was ich zu tun habe.‹«
»Und das wäre?«, frage ich.
»Ihr müsst verstehen, dass das nicht persönlich gemeint ist. Lorenzo Lewis’ Kleider waren mit dem Blut seiner Frau verschmiert. Als die Polizisten eintrafen, hatte er sich
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