Sündenzeit
würde schlafen, aber dann sprach sie ihn an. „Hallo, mein Junge. Geht es dir gut? So wie du hier nachts rastlos durchs Haus läufst.“
Zach ging zu ihr hinein. „Mir geht’s gut, Bridey. Ich wollte mich nach deinem Befinden erkundigen. Schlagen denn die Pillen endlich an?“
„Mir geht es gut, Zach. Mir geht es gut. Sie sind nicht meinetwegen hier.“
„Wer ist nicht deinetwegen hier, Bridey?“
„Die Krähen.“
Bridey geht es gar nicht gut, dachte er. Sie wurde jeden Tag merkwürdiger. Auch wenn sie immer gern ihre Geschichten erzählt hatte, aber das war sonst stets mit einem Augenzwinkern gewesen.
Jetzt schien sie alles zu glauben, was sie da sagte.
„Bridey, diese Krähen, das sind einfach nur Vögel.“
„Nein. Sie verkünden das Böse. Ich wünschte, Kat würde es verstehen“, sagte sie bekümmert. „Die Krähen kommen nur wegen des Bösen. Ich bin aber nicht böse. Ich bin da, wo ich sein muss. Und die Vögel sind nicht meinetwegen hier.“
„Die Vögel werden auch wieder verschwinden, Bridey.“
„Aye. So wie das Böse verschwindet. Es wird immer wieder besiegt. Aber jetzt sind die Vögel da. Mach dir keine Sorgen um mich. Ich habe keine Angst vor den Vögeln.“
Zach zog sich einen Stuhl ans Bett und setzte sich neben sie. „Es ist schon gut, Bridey. Es gibt böse Menschen, das wissen wir alle. Aber du wirst wieder gesund, und ich werde nicht zulassen, dass dir jemand wehtut.“
„Du kämpfst immer, du kämpfst hart. Ich glaube, du bist jemand, der gewinnen kann.“
„Bridey …“
„Eddie … er wird da sein. Eddie wird auf mich warten.“
„Bridey, ich …“
„Ich bin eine alte Frau, Zach. Und jetzt zu dir. Du bist jung und hast dich in sie verliebt, nicht?“
Der plötzliche Themenwechsel verwirrte ihn.
„Was meinst du?“
„Du hast dich in sie verliebt. Es darf nicht sein. Denn sie muss den richtigen Augenblick abwarten und ihre Pflicht tun. Sie muss wieder gehen.“
„Bridey, mach dir jetzt keine Sorgen, okay? Ich bin hier, und ich werde dich beschützen. Dich und Sean und die anderen.“
„Aye, Zach, was für ein netter Junge du bist. Aber du kannst mich nicht vor dem Lauf der Zeit beschützen.“ Sie schloss die Augen. „Ich glaube, wir lieben sie alle. Sie hat so eine gute Seele. So viel Schönheit und Liebreiz. Aber sie muss tun, was sie tun muss. Aus Irland kam sie her, und nach Irland muss sie zurück.“
„Bridey, ich werde dir ein kleines Geheimnis verraten. Ich bin ein bisschen verzaubert von ihr. Aber darüber müssen wir uns jetzt keine Sorgen machen.“
„Ich will nicht, dass du verletzt wirst“, sagte Bridey.
„Ich bin stark“, behauptete er.
„Kein Mann ist so stark, wie er denkt. Sean, mein Neffe, der ist auch stark. Aber Kraft kann nicht immer über Betrug siegen.“
Sie schloss die Augen.
„Bridey?“
Doch sie war eingeschlafen – oder sie tat zumindest so. Wie auch immer, das Gespräch war beendet. Zach drückte ihr einen sanften Kuss auf die Stirn und verließ auf Zehenspitzen ihr Zimmer.
Als Zach wieder zurück in seinem eigenen Raum war, wählte er trotz der späten Stunde die Nummer seines Bruders Jeremy in Salem, wo der nur ein paar Stunden entfernt von ihm mit seiner Frau Rowenna lebte. Er musste mit jemandem reden, der alles aus einer anderen Perspektive betrachtete. Und Jeremy war genau der Richtige dafür.
„Hey, Bruderherz. Was ist los?“, erkundigte sich Jeremy, sobald er wach genug war, um zu reden.
„Geht es euch gut?“, wollte Zach wissen.
„Hier ist alles bestens. Aber du rufst doch sicher nicht so spät an, wenn du nicht was auf dem Herzen hast. Also raus damit. Kat geht es gut? Und Sean auch?“ Jeremy klang leicht besorgt.
„Kat geht es gut, und Sean ist in bester Form. Man kann kaum glauben, dass er jemals krank war.“
„Dann ist es reine Paranoia von Kat, dass sie glaubt, Amanda will ihren Vater umbringen?“
„Ich weiß nicht. Ich weiß es wirklich nicht. Du musst unbedingt für mich was über Arsenvergiftungen herausfinden – und Pilze.“
„Wenn du meinst, Sean hat Arsen im Körper, dann muss er sich mit einem umfassenden Testverfahren auf Metalle im Blut untersuchen lassen“, sagte Jeremy.
„Ich weiß. Ich neige auch eher zu dieser Pilzgeschichte. Es gibt zumindest einen giftigen Pilz, der all die Symptome hervorruft, die er hatte – und die erst relativ spät auftreten. Aber ich würde gern mit Medizinern reden, die nicht von hier sind, um die Sache geheim zu halten.
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