Sündenzeit
wichtig werden würde. Er würde sie in ihrem Umfeld beobachten und dadurch besser einschätzen können.
Warum zum Teufel ließ sie von einer Sekunde auf die andere alles stehen und liegen, um als Krankenpflegerin eines alten Mannes mit unbestimmten Krankheitssymptomen in die Staaten zu fliegen? Vielleicht war es diese Frage vor allem anderen, die seine eigentliche Neugierde und sein Misstrauen hervorgerufen hatte.
In früheren Zeiten wäre sie vielleicht über die Gelegenheit, in die Vereinigten Staaten zu kommen, froh gewesen. Die ökonomische Situation in Dublin war vor Jahren so schlecht gewesen, dass Tausende von irischen Krankenschwestern in den USA ihr Glück versucht hatten. Doch dieser Tage erfreute sich Irland einer soliden wirtschaftlichen Grundlage, und die Anzahl der irischen Emigranten war definitiv gesunken. Sie begleitete Sean bestimmt nicht in der Hoffnung, für immer in dem anderen Land bleiben und arbeiten zu können.
Er hatte ihre Unterlagen überprüft. Auf dem Papier war sie genau die, als die sie sich ausgab.
Da war einfach etwas, was er nicht beschreiben konnte. Ein unbestimmtes Gefühl. Aidan behauptete immer, es sei der sogenannte sechste Sinn, der einen guten Privatermittler ausmachte. Da musste Zach ihm zustimmen.
Sean betete Caer Cavannaugh geradezu an. Er kannte sie kaum, sprach aber schon voller Zuneigung von ihr. Wobei nichts daran irgendwie lüstern oder mit Hintergedanken war. Es lag nicht diese überhitzte Begeisterung darin wie damals, als er beschlossen hatte, Amanda zu heiraten. Diese Beziehung hatte alle überrascht. Nicht nur wegen des großen Altersunterschieds, auch wenn das sicher für alle einen Stein des Anstoßes darstellte. Aber Sean war ein Mann, der Geschichtsbücher liebte, der sich gern weiterbildete und den die Seefahrt begeisterte. Amanda interessierte sich für nichts davon. Sean war zweifellos ein gut situierter Mann, aber er war sicher nicht so dumm, sich von einer Erbschleicherin hereinlegen zu lassen. Nicht mal Kat konnte genau sagen, warum sie so sicher war, dass ihre Stiefmutter ihrem Vater etwas antun wollte. Sie wusste, dass sie in seinem Testament bedacht wurde, genauso wie Seans Geschäftspartner.
Wenn Eddie nicht mehr auftauchte, würde es allerdings ein paar Änderungen geben müssen.
Ärger und Ungeduld überkamen ihn, als er an Eddie dachte. Er musste so schnell wie möglich in die Staaten zurück und nach ihm suchen.
Zach glaubte nicht, dass Amanda etwas mit Eddies Verschwinden zu tun hatte. Als Eddie seinen schicksalsträchtigen Schiffsausflug angetreten hatte, waren sie und Sean nach Irland aufgebrochen. Eddie war gegen Mittag losgefahren, und die O’Rileys waren am frühen Abend abgereist. So weit Kat ihm berichtet hatte, war Amanda den ganzen Tag im Haus gewesen. Sie musste ja den passenden Schmuck zusammenpacken und die richtigen Abendkleider zum Ausgehen. Oder das passende sportliche Outfit für die Ausflüge in die Berge, wo sie außerhalb Dublins Schlossruinen besichtigen und den Blarney Stone küssen wollten.
Er hatte sich lange mit Kat unterhalten. Nein, sie hätte nicht beschwören können, über jeden Schritt Amandas während des ganzen Tages unterrichtet zu sein. Aber sie räumte ein, dass Amanda wohl kaum ungesehen und lange genug aus dem Haus hätte verschwinden können, um auf Eddies Schiff zu gelangen und ihm etwas anzutun.
Amanda und Sean waren also nach einer kleinen Abschiedsparty losgefahren. Einige Gäste hatten noch Kommentare zu Eddies Abwesenheit gemacht. Doch alle waren davon ausgegangen, dass er wohl auf seiner Chartertour oder im Hafen aufgehalten worden sein musste.
Erst am folgenden Tag hatte Cal nach der Arbeit allen gesagt, dass Eddie nicht da sei. Und das Schiff, mit dem er am Nachmittag losgesegelt war, sei ebenfalls verschwunden. Cal hatte die Quittung in der Schreibtischschublade gefunden. Barzahlung. Der Name des Kunden auf der Quittung lautete John Alden. Vielleicht war es der richtige Name, aber als Deckname hätte er in New England genauso gut durchgehen können. Ohne irgendwelche Beweise war die Polizei machtlos.
Kurz bevor Zach ins Flugzeug gestiegen war, hatten sie die Sea Maiden gefunden. Doch keine Spur von Eddie. Keine Hinweise auf ein Verbrechen. Lediglich das Schiff, das unbemannt auf dem Wasser trieb.
Es war Winter, aber mild. In der letzten Zeit hatte es keine Stürme gegeben, die ihn über Bord hätten wehen können. Keine Unwetter oder überraschende starke Strömungen, nichts, das
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