Sündenzeit
einem alten erfahrenen Kerl wie Eddie hätte gefährlich werden können.
Sean hatte nicht sofort von der Sache mit seinem Partner erfahren. Als die Polizei mit den Nachforschungen zu Eddies Verschwinden begonnen hatte, wurde er gerade mit Blaulicht ins Krankenhaus gefahren. Aber inzwischen wusste er Bescheid, und er war außer sich vor Sorge um den alten Kerl.
Eddie war mehr als ein Partner für Sean.
Als er jung und entschlossen gewesen war, dieses Geschäft zu übernehmen und es profitabel zu machen, hatte Eddie ihn unterstützt. Eddie war sein bester Freund.
Es war seltsam. Eddies Verschwinden und Seans unerklärliche plötzliche Krankheit und Herzschwäche zur selben Zeit. Zwei Vorfälle, beide durch den Atlantik voneinander getrennt. Trotzdem sagte Zachs Gefühl, dass sie etwas miteinander zu tun hatten.
Morgen Abend wären sie zurück in den Staaten. In Rhode Island. Dann würde er endlich herausfinden können, was zum Teufel mit Eddie passiert war. Wenn Eddie irgendwo ist, werde ich ihn auch finden, dachte er entschlossen. Dabei gab es nur ein Problem: Manchmal gab das Meer zurück. Und manchmal war die See ein endloser schwarzer Abgrund, der alles verschluckte, alle Anzeichen und Beweise – inklusive der Opfer. Wenn Eddie ermordet und über Bord geworfen worden war …
Im Fahrstuhl nach unten wählte Zach mit seinem Handy die Nummer des Telefons im Zimmer der O’Rileys. Aber Mrs O’Riley war nicht anwesend. Offensichtlich ließ sie sich noch immer im Wellnessbereich des Hotels verwöhnen.
Zweifellos würde sie argumentieren, dass sie in bester Kondition sein müsse, um Sean auf der Heimreise und während seiner Genesung alle Aufmerksamkeit und Pflege zukommen lassen zu können, die er benötigte. Zach fand, dass ihr Platz im Krankenhaus sein sollte, an der Seite ihres Mannes.
Als er aus dem Fahrstuhl stieg, fragte er sich, ob Caer tatsächlich auf ihn wartete. Vielleicht war sie ja schon längst weg.
Aber sie war da. Sobald er die Doppeltür zwischen Lobby und Bar aufgestoßen hatte, entdeckte er sie. Sie saß am Fenster mit einem Glas dunklem Bier vor sich und schien das Glas und den Inhalt zu studieren wie etwas ganz Neues, Unbekanntes.
Draußen vor dem Fenster lief gerade ein Passant vorbei. Es wurde bereits dunkel, und für einen Moment wurde sie von dem hereinfallenden Schatten bedeckt und war nur als Silhouette sichtbar. Sofort musste er wieder an Maeve denken. An den merkwürdigen Schatten, den er im Flugzeug und dann in der Halle neben ihr gesehen hatte. Maeve. Diese freundliche alte Dame, die auf ein langes Leben hatte zurückblicken können und nach Hause gekommen war, bevor sie diese Welt verließ.
Er spürte einen plötzlichen Druck auf der Brust und eine merkwürdige Sorge um Caer Cavannaugh. Sie war bei Weitem nicht alt und hatte noch nicht viel im Leben erfahren. Ihn überkam ein unerklärlicher Drang, sie zu beschützen.
Er musste sich zusammenreißen. All diese Horrorgeschichten und Grausamkeiten, die er bisher gesehen hatte und die niemand hätte erleben dürfen, schienen ihn in seinem Urteilsvermögen zu beeinträchtigen. Es war absurd, einen Zusammenhang zwischen Maeves Tod und seiner merkwürdigen Angst um Caer herzustellen.
Er hatte in seiner Zeit als Polizist in der Forensik gearbeitet. Er wusste alles über Wissenschaft und Logik. Und er wusste, dass das Schicksal launisch war und keinen Respekt vor der Jugend hatte. Auch Kinder starben. Kinder wurden Opfer der von Erwachsenen begangenen Gewalttaten. Erwachsene, die eigentlich alles tun sollten, um diese Kinder zu beschützen. Menschen aller Altersgruppen litten unter schrecklichen Krankheiten. Das war traurig, aber eine Tatsache.
Angst vor Schatten … es war lächerlich.
Er brauchte unbedingt Schlaf, das war alles.
Caer blickte auf. Ihr rabenschwarzes blau schimmerndes Haar umrahmte ihr perfektes Gesicht. Sie lächelte ihn sogar zurückhaltend an.
Zach ging auf sie zu, und je näher er ihr kam, desto stärker fühlte er sich von ihr angezogen. Von einer Macht, die noch stärker war als sein Beschützerinstinkt.
Er kam sich vor wie der Gejagte, nicht wie der Jäger.
Was vollkommen absurd war. Auch wenn er fand, dass selbst er sich einmal seiner Fantasie hingeben durfte – vor allem hier in diesem Land der Mythen und Mysterien.
Vor seinem geistigen Auge erschien ein stürmischer heulender Wind, der über das Land jagte. Er sah ein Grün, grüner als Smaragde, hörte Lachen und aufregende Geschichten. Das hier
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