Sündenzeit
sehr vom Zauber dieser kobaltblauen Augen und dem melodiösen Tonfall ihrer Stimme gefangen nehmen zu lassen. Es war merkwürdig. Sosehr er auch vermutete, dass sie etwas vor ihm verbarg – in Seans Gegenwart schien sie vollkommen aufrichtig zu sein.
Während sie auf den Start warteten, kam die Stewardess mit Champagner und Orangensaft. Caer begann in ihrer Handtasche nach dem Portemonnaie zu wühlen, deshalb legte Zach ihr die Hand auf den Arm. „Das ist schon okay. In der ersten Klasse kostet es nichts.“
Sie steckte das Geld wieder zurück, bedankte sich bei der Stewardess und nahm sich ein Glas. Dann lehnte sie sich wieder zurück und versank in ihren Gedanken.
Vielleicht macht sie sich Sorgen, wie sie mit Amanda klarkommt, dachte Zach.
Sean kannte er gar nicht anders als liebenswürdig und zuvorkommend zu seinen Mitmenschen. Das war schon immer so gewesen. Auch als er sich für sein kleines geerbtes Unternehmen hatte abstrampeln müssen, um es zu dem Erfolg zu bringen, den es heute genoss.
Bei Amanda lagen die Dinge anders. Sean hatte sich seinen Reichtum hart erarbeitet. Amanda hatte in den Wohlstand hineingeheiratet. Zach wusste, dass sie sich als etwas Besseres betrachtete als die Angestellten. Und für sie war Caer nichts anderes. Amanda hatte ganz klar und deutlich ausgedrückt, dass sie keine Veranlassung sehe, Caer mit in die Staaten zu nehmen. Doch Sean hatte ihr da widersprochen. Wenn Sean etwas beschlossen hatte, konnte nicht einmal Amanda ihn davon abbringen.
Das wusste sie genau. Zu Beginn ihrer Ehe hatte sie ihre Grenzen ausgetestet und kannte sie nun schließlich.
Zach konnte nur hoffen, dass sie endlich aufhörte, Caer ständig wütend anzustarren. Sie schien sich schon zu überlegen, wie sie ihr den Aufenthalt in den Staaten so unangenehm wie möglich machen könnte.
Als das Flugzeug die Startbahn entlangraste, krallte sich Caer dermaßen an den Armlehnen fest, dass ihre Fingerknöchel weiß hervortraten.
Zach nahm beruhigend ihre Hand. „Das Flugzeug muss die notwendige Geschwindigkeit aufnehmen, um abheben zu können“, erklärte er leise. Doch das konnte ihr die Nervosität offensichtlich nicht vollständig nehmen.
Er ließ seine Hand auf ihrer liegen, bis sie an Höhe gewonnen hatten und der Flug ruhiger wurde. Dann ließ er sie wieder los.
Caer lockerte mit einiger Überwindung den Griff um die Armlehnen.
Wie gegensätzlich sie ist, dachte er. Furchtlos und entschlossen, über vieles gut unterrichtet, kühl … bis zu dem Moment, wo sie mit etwas so Normalem wie einer Flugzeugreise konfrontiert wurde.
Es war ein langer Flug. Zach warf immer wieder ein Auge auf seine Reisegefährten.
Caer stand mehrmals auf, um mit Sean zu sprechen und sicherzustellen, dass er seine Medikamente nahm – ungeachtet der missgünstigen Blicke, die Amanda ihr ständig zuwarf. Caer verhielt sich zurückhaltend, etwas, das Amanda zweifellos zu schätzen wusste. Zach musste zugeben, dass er heute Morgen Probleme gehabt hatte, Amanda in die Augen zu sehen.
Tatsächlich fürchtete er, sie nie wieder ansehen zu können, ohne an diese blinkenden roten und grünen Lichter auf ihren Brüsten zu denken.
Er half Caer mit ihren Kopfhörern und musste lächeln, als er sah, wie sehr sie ihre Hühnchennudeln genoss, die sie zum Lunch gewählt hatte. Sie trank außerdem noch ein Glas Champagner, doch ihm fiel auf, dass sie sehr langsam nippte. Sosehr sie am Alkohol Geschmack zu finden schien, sie übertrieb es nicht.
Kurz nach dem Lunch schlief sie ein, und er erlaubte es sich ebenfalls, ein bisschen auszuruhen. Tatsächlich, obwohl es ein Tagesflug war, stellte er nach einem kurzen Nickerchen fest, dass die meisten Passagiere eingeschlafen waren. Amanda und Sean eingeschlossen.
Zach stand auf und streckte sich. Leise ging er zu Sean hinüber, um nach ihm zu sehen. Ein bisschen komisch kam er sich dabei schon vor. Fast wie ein junger Vater, der sich über das Neugeborene beugte, um sich davon zu überzeugen, dass es noch atmete. Aber wenn man bedachte, was passiert war …
Sean atmete.
Als Zach sich wieder umdrehte, bemerkte er, dass Caer ebenfalls wach war und ihn mit umwölkten Augen nachdenklich beobachtete. Sie wich seinem Blick nicht aus. Stattdessen hob sie die Augenbrauen, legte den Kopf etwas schief und deutete auf Sean.
Zach nickte, um ihr zu signalisieren, dass es dem alten Mann gut ging.
Bevor sie landeten, wurde ihnen das Dinner serviert. Aufgrund der Zeitverschiebung war es schon Abend in
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