Sündenzeit
Mantel wieder an“, sagte Sean. Er war inzwischen trotz des leichten Beruhigungsmittels vollkommen wach.
„Oh, oje“, murmelte Amanda sarkastisch und hob ihren Trenchcoat vom Boden auf.
„Mrs O’Riley, ein solches Verhalten können wir hier im Krankenhaus nicht dulden“, sagte die Krankenschwester streng. „Sie haben Mr O’Riley geweckt, und er braucht dringend seinen Schlaf, wenn er morgen früh reisen soll.“
„Na schön“, sagte Amanda eingeschnappt. Sie sah Sean an, und er erwiderte ihren Blick mit einem leicht amüsierten Funkeln in den Augen.
„Tut mir leid, meine Liebe“, sagte er mit einem angedeuteten Grinsen.
„Sie müssen jetzt gehen“, drängte die Nachtschwester.
„Ich? Ich bin seine Frau!“, protestierte Amanda.
„Und offensichtlich ist Ihnen nicht zu trauen“, entgegnete die Schwester.
„Meine Liebe, wir reisen in wenigen Stunden ab“, erinnerte Sean sie. Zach bemerkte, dass sein älterer Freund scheinbar immer noch amüsiert war, vielleicht sogar ein bisschen stolz. Nun gut, er war in den Siebzigern, und diese hübsche junge Frau wollte ihn verführen. Er wandte sich an Zach. „Amanda wollte mich nur ein bisschen aufheitern. Aber ich denke, es ist besser, wenn ich jetzt noch ein wenig schlafen könnte. Kannst du mir einen Gefallen tun und sie ins Hotel zurückbringen?“
Zach sah zu Caer hinüber, und sie erwiderte seinen Blick. Sie würde hierbleiben, und Will Travis machte ebenfalls noch seinen Wachdienst. Zach beugte sich Seans Willen und wandte sich an Amanda.
„Komm, Amanda. Sehen wir zu, dass du ins Hotel kommst. Wir müssen alle morgen früh raus.“
Sie nickte zerknirscht, dann lächelte sie ihrem Mann zu. „Morgen Abend sind wir wieder zu Hause, mein Schatz“, sagte sie verheißungsvoll.
„Wo Sie sich auch eine Weile in Zurückhaltung üben müssen“, bemerkte Caer.
Amanda errötete vor Wut, als Caer weiterredete. „Sie haben gerade das Leben Ihres Mannes aufs Spiel gesetzt. Ist Ihnen das klar?“
Zumindest besaß Amanda so viel Anstand, ein bisschen verlegen auszusehen. „Ich will nur helfen, dass es Sean wieder besser geht“, sagte sie pikiert. Einen Augenblick sah sie sich trotzig im Raum um, dann ging sie ans Krankenbett zu Sean, beugte sich zu ihm hinunter und küsste ihn sanft auf die Stirn. Er legte kurz die Arme um sie und hielt sie einen Moment fest.
Dann ließ er sie wieder los. „Geh zurück ins Hotel“, sagte er.
„Ja, Darling.“ Sie richtete sich würdevoll auf.
Unglücklicherweise wurde die Wirkung ihrer stolzen Haltung von den blinkenden Lichtern unter ihrem Mantel ruiniert. Sie ging zur Tür und blieb stehen, als Sean noch einmal nach ihr rief.
„Amanda?“
„Ja?“
„Deine Brüste leuchten noch immer wie eine Neonreklame“, erinnerte er sie trocken.
„Oh!“ Das erste Mal seit ihrem Auftritt wirkte sie nun doch etwas verlegen. Sie griff in den Ausschnitt ihres Trenchcoats und suchte nach dem winzigen Schalter, mit dem sie die Lichter abschalten konnte. Dann warf sie ihr frisch frisiertes platinblondes Haar zurück und stolzierte aus dem Raum.
Zach folgte ihr und blickte sich an der Tür noch einmal nach Caer um. Sie sah ihn an und konnte sich ein kleines Grinsen nicht verkneifen. Trotzdem entdeckte er auch eine gewisse Besorgnis in ihren Augen. Er wusste, dass sie sich genauso wie er fragte, ob Amanda ihren Ehemann tatsächlich aus Liebe aufgesucht hatte oder …
Wenn ihr klar war, wie ernst es um ihn stand und wie sehr diese Krankheit sein Herz geschwächt hatte, dann konnte ihr eben gemachtes Angebot zweifellos ein Todesurteil gewesen sein.
Dieses E-Book wurde von der "Verlagsgruppe Weltbild GmbH" generiert. ©2012
6. KAPITEL
Auf dem Flug nach New York hatte Amanda den Platz neben Sean, und Zach saß mit Caer zusammen.
Sie hatte ihm gestanden, nie zuvor geflogen zu sein. Nach ihrer Nervosität zu urteilen, war das ganz sicher keine Lüge.
Caer war angespannt und unsicher. Trotzdem konnte er nicht anders, als den zarten Duft ihres Parfüms wahrzunehmen. Als er sie mit dem Arm streifte, spürte er sofort ihre Wärme und etwas, das noch tiefer lag. Eine ganz einzigartige Vitalität und Ausstrahlung wie pures Dynamit. Er zog schnell den Arm zurück und kam sich albern vor. Wie konnte er sich dermaßen von einer Frau angezogen fühlen, der er immer noch nicht ganz über den Weg traute. Dieser Gedanke verfolgte ihn ständig. So wie eine innere Warnung, niemals das Offensichtliche zu akzeptieren und sich nicht zu
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