Sündenzeit
Außerdem war sie plötzlich durstig. Kat hatte sie im Haus herumgeführt und ihr angeboten, sich in der Küche jederzeit selbst zu bedienen, wenn sie etwas wollte.
Als sie in den Flur trat, empfand sie die Stille im Haus seltsam betäubend. Die anderen waren alle schon schlafen gegangen oder befanden sich zumindest in ihren Zimmern.
Sie ging in die Küche zum Herd und nahm den Wasserkessel. Was für ein Ofen, dachte sie. Und auch dieser Kessel, ein wahres Meisterstück aus blank poliertem Kupfer. Sie setzte etwas Wasser zum Kochen auf, dann drehte sie sich um, weil sie sich plötzlich beobachtet fühlte.
Bridey stand dort. Klein und schmal, aber aufrecht wie ein Pfeil. Ihr Haar war silbern, die Augen blau, und in ihr Gesicht hatte das Leben zahlreiche Falten gegraben, die von Freundlichkeit und Leidenschaft zeugten. Bridey muss in ihrem Leben oft gelacht haben, dachte Caer.
Doch im Augenblick lächelte sie keineswegs. Sie zeigte mit dem Finger auf Caer. „Ich weiß, wer du bist. Aber ich weiß nicht, was du hier willst.“
Dieses E-Book wurde von der "Verlagsgruppe Weltbild GmbH" generiert. ©2012
7. KAPITEL
Es war verdammt schwierig. Er lebte in dem Haus eines Mannes, auf den womöglich ein Mordanschlag verübt worden war. Um dem nachzugehen und diesen Verdacht zu bestätigen oder zu entkräften, war er hier. Keine angenehme Situation, wenn es sich nach Meinung der Tochter des besagten Mannes bei dem Täter um dessen Ehefrau handelte.
Zach wälzte sich eine Weile unruhig im Bett hin und her, dann stand er resigniert wieder auf. Er war vollkommen übermüdet. Und er wusste, dass er niemandem eine Hilfe wäre, wenn er nicht genug Schlaf bekäme. Aber er war wach – hellwach. Also zog er sich seinen Bademantel über und lief barfuß aus dem Zimmer und die Treppe hinunter.
Vor der Küche blieb er stehen, als er Stimmengemurmel hörte. Einen Augenblick verhielt er sich vollkommen ruhig und versuchte, etwas von dem Gespräch zu verstehen. Normalerweise gehörte er nicht zu denen, die Freunde belauschten. Aber im Moment war für ihn alles, was hier im Haus vor sich ging, von Interesse.
Doch die Stimmen waren zu leise, um etwas verstehen zu können. Er wusste aber, um wen es sich handelte: Caer und … Bridey.
Zach betrat die Küche, froh, keine Hausschuhe angezogen zu haben, obwohl der Holzboden ziemlich kühl war und nirgends Läufer lagen. Er stand fast schon in der Mitte des Raums, bevor sie ihn überhaupt bemerkten. Doch das brachte ihm nicht viel. Er hörte nichts von Belang. Caer setzte gerade einen Kessel Wasser auf, und Bridey lief sofort zum Schrank, als sie ihn sah, um noch eine weitere Tasse zu holen.
„Zach“, sagte die alte Frau erfreut. „Leistest du uns Gesellschaft und trinkst auch eine Tasse Tee?“
„Genau deshalb bin ich nach unten gekommen“, sagte er. „Vielen Dank.“
„Wir machen aber einen richtigen Tee, kein Kräutergebräu“, warnte ihn Caer.
„Uuh, Kräutertee“, sagte er und grinste.
Die beiden Frauen hatten vorher ein intensives Gespräch geführt. Jetzt redeten sie über Tee. Wobei zum Teufel hatte er sie gestört?
Bridey, so klein und zart, wie sie war, zog einen Stuhl für Zach vor. „Setz dich.“
„Eigentlich sollte ich doch dich bedienen, oder?“
„Ich bin aber immer noch Herrin meiner Sinne und fähig, mich zu bewegen. Also werde ich es wohl schaffen, einen Tee einzugießen“, sagte sie streng. „Nun setz dich schon hin.“
„Jawohl, Madam“, erwiderte er und sah zu, dass er ihrer Anordnung Folge leistete.
Caer füllte Tee in das kleine Sieb auf der Teekanne und goss das kochende Wasser darüber, während Bridey die Tassen auf dem Tisch verteilte, Zucker und Milch dazustellte, zusammen mit Servietten und Löffeln. „Irgendwo hatten wir noch ein paar Scones“, murmelte sie.
„Nur Tee reicht völlig“, sagte Zach.
„Wenn du sie erst siehst, willst du bestimmt doch einen“, beharrte sie.
Caer sah ihn amüsiert an und bedeutete ihm mit ihrer Mimik, dass er sich einfach fügen solle.
Sie trug einen Flanellbademantel. Blassblau. Ihr Haar war ein wildes blauschwarzes Durcheinander, und ihre Augen wirkten im Kontrast zu dem hellen Bademantel wie dunkle Saphire. Unter der Robe trug sie einen Pyjama und Pantoffeln mit dem gleichen Muster. Sie waren neu, wie er bemerkte. Und stammten aus einem dieser teuren Läden, von denen er kürzlich die Tüten für sie getragen hatte.
Dieses Ensemble stand ihr gut. Sehr gut.
„Caer und ich haben uns gerade
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