Sündenzeit
Vater sehen.“
Zach stand ebenfalls auf. „Ich sage auch nur noch mal Gute Nacht zu Sean.“ Er ging zu Bridey hinüber, beugte sich hinunter und gab ihr einen Kuss auf die Wange. Sie nahm seine Hand und lächelte liebevoll zu ihm hoch. „Zach, es ist wunderbar, dass du hier bist. Wirklich wunderbar.“
Er drückte ihre Hand und stellte besorgt fest, dass sie sich sehr warm anfühlte.
„Geht es dir gut?“, erkundigte er sich.
„Ein bisschen müde“, erwiderte sie. „Aber ich bin schließlich alt, da darf ich ruhig müde sein.“
„Vielleicht sollte der Arzt auch mal zu dir reinschauen, wenn er das nächste Mal kommt“, schlug Zach vor.
„Wie du wünschst.“
„Auf jeden Fall, Tante Bridey“, sagte Kat. „Jetzt mache ich mir aber auch Sorgen um dich.“
„Mir geht es gut. Aber wo du dich schon sorgst, kannst du mir vielleicht behilflich sein, wenn ich mich fürs Bett fertig mache. Und ich werde mich auf jeden Fall vom Arzt untersuchen lassen. Vielleicht bekomme ich ja eine Grippe. Zach, du geh nur. Gute Nacht, Gott beschütze dich.“
„Gott beschütze dich, Bridey“, sagte er. Kat nickte ihm zu, und er ließ sie allein, damit Bridey ins Bett gehen konnte.
Vor Seans Tür hatte er Caer eingeholt.
„Der Tod ist nicht immer ein natürlicher Teil des Lebens, das wissen Sie auch.“
Sie wirbelte zu ihm herum und starrte ihn an.
„An einem Mord ist nichts Natürliches.“
„Nein“, stimmte sie ihm zu, ohne ihn aus den Augen zu lassen. „Mord ist wirklich alles andere als natürlich.“
Dieses E-Book wurde von der "Verlagsgruppe Weltbild GmbH" generiert. ©2012
9. KAPITEL
Das Haus schien nachts zu stöhnen, zu ächzen und zu flüstern.
Caer lag in ihrem Bett im halbdunklen Raum. Die Hände hinter dem Kopf verschränkt starrte sie auf die Schatten, die durch die Nachtlichter draußen an die Zimmerdecke geworfen wurden. Sie horchte auf all die Geräusche und versuchte sie zuzuordnen. Der Wind spielte auf den Holzläden am Fenster eine Melodie, die ihr inzwischen vertraut war. Die Äste eines Baumes tanzten mit einem leise tickenden Ton gegen die Außenwand im ersten Stock. Auch das kannte sie bereits, und es gehörte für sie zu den normalen Geräuschen der Nacht.
Heute Abend hatte der Wind aufgefrischt. Inzwischen klang das Heulen wie ein Trauerschrei. Zuerst ein leiser, tiefer Ton. Ein Klagen, schwach und kaum vernehmbar. Doch mit dem Anwachsen des Sturms, der an Jalousien, Windschutzläden und Dachsparren immer heftiger rüttelte, wurde es höher und lauter. Als würde jemand in der Ferne, womöglich in einer anderen Dimension, ein herzzerreißendes Klagelied anstimmen.
All diese Geräusche …
Caer horchte und ordnete sie ein. Die anderen Bewohner dieses Hauses würden sicher ebenfalls schon in ihren Betten liegen.
Dann vernahm sie einen neuen Ton.
Der nicht zu den anderen passte. Er hatte etwas Verstohlenes. Gedämpftes. Ein leises Knarren. Es kam von der vorderen Treppe.
Caer versuchte sich einzureden, dass es nichts zu bedeuten hätte. Manchmal stand jemand auf und lief im Haus herum, auch nachts. Daran war nichts Außergewöhnliches. Wahrscheinlich würde Bridey zu nachtschlafender Zeit nicht herumirren. Sie hatte Wasser und was immer sie benötigte in ihrem Zimmer. Bridey war alt und deshalb vorsichtig. Wenn sie im Dunkeln umherstolperte, könnte sie fallen und sich womöglich die Knochen brechen. Sie würde sicher in ihrem Zimmer bleiben.
Aber Kat konnte vielleicht nicht schlafen. Eventuell war sie aufgestanden, um in die Küche hinunterzugehen und sich einen Tee zu brühen. Und wer weiß, was Zach tat. Soweit sie ihn kennengelernt hatte, strich er womöglich jede Nacht auf Zehenspitzen stundenlang durch das Gebäude.
Sean könnte es auch nicht sein. Er hatte seine Medikamente genommen und müsste jetzt fest schlafen. Auch wenn er täglich kräftiger wurde und in absehbarer Zeit keine Krankenpflege mehr benötigte. Egal, man hatte sie angeheuert, und sie blieb. Außerdem befand sich Sean hier unten. Dem Geräusch nach zu urteilen, schlich sich jemand die Treppe herunter, nicht hinauf.
Amanda könnte es auch sein. Immerhin war sie ja hier zu Hause. Sie hatte vielleicht vor, in die Küche zu gehen. Oder sie machte sich wirklich Sorgen um ihren Mann und wollte nachsehen, wie es ihm ging.
Wieder ein Knarren.
Ein weiterer vorsichtiger Schritt auf den Stufen.
Ein Schatten schien über die Zimmerdecke zu huschen, aber es war nur ein kurzes Flackern des Lichts. Warum
Weitere Kostenlose Bücher