Sündenzeit
hin- und herschwangen. Von den Geschäften im Umkreis wurde der Weg in unmittelbarer Nähe beleuchtet, doch dahinter erstreckte sich die stockdunkle Weite des Meeres. Nur die spritzende Gischt glitzerte im Schein der vielen bunten Weihnachtslichter, die man an den Docks entlang angebracht hatte. Was eigentlich fröhlich aussehen sollte, wirkte plötzlich wie eine unheimliche krankhafte Verfärbung auf der Wasseroberfläche.
Es war kalt. Zach schlang den Schal enger um sich und zog die Mütze über die Ohren. Die Schultern eingezogen und leicht gebeugt eilte er zu seinem Wagen.
Das Heulen des Sturms begleitete ihn. Ein Auf und Ab von klagenden Tönen wie die Schreie blutsaugender Nachtgestalten über dem Meer. Zach zuckte zusammen, als er noch etwas anderes hörte.
Zumindest glaubte er es gehört zu haben.
Schritte, die ihm folgten.
Er wirbelte herum. Flaggen an den Häuserfassaden und Booten, Weihnachtsbaumdekoration, alles flatterte im Wind und verursachte ein Wirrwarr von tanzenden Schatten. Er hätte schwören können, dass es Schritte gewesen waren. Doch hinter sich sah er niemanden.
Wo könnte sich jemand verstecken?
Keine so schwierige Sache. Ein Verfolger könnte sich hinter eines der Fahrzeuge geduckt haben, die hier immer noch vereinzelt auf dem Parkplatz standen. Hinter einen Lichtmast. Oder diesen riesigen Weihnachtsmann, der wie eine Qualle zitternd vor dem Eingang eines Souvenirladens stand.
Doch das Geräusch war direkt hinter ihm gewesen. Als hätte ihn jemand vom Büro aus verfolgt.
Jetzt war dort niemand. Zach schob die Hand unter seinen Mantel zum Hosenbund, wo er den Revolver festgeklemmt hatte. Dann sah er sich noch einmal genau um, langsam und sorgfältig.
Niemand. So weit er sehen konnte, nichts Ungewöhnliches. Es war schon mitten in der Nacht, eisig kalt mit ständig zunehmendem Wind, und er war müde. Seine Augen spielten ihm sicher Streiche. Trotzdem …
Es war merkwürdig, wie nervös er wurde, obwohl es nichts gab, vor dem er sich fürchten sollte. Sein Verstand sorgte normalerweise dafür, dass er sich vor dem real Bedrohlichen vorsah – zum Beispiel verwirrten Menschen, die mit Waffen herumliefen. Aber vor dem Wind hatte er bisher nie Angst gehabt, und damit wollte er gar nicht erst anfangen.
Niemand verfolgte ihn. Dessen war er sich sicher.
Wahrscheinlich hatte der Sturm irgendetwas losgerissen und weggeschleudert. Sicher hatte er den Aufprall auf dem Pflaster gehört, bevor es weiter weg gefegt worden war. Entschlossen ging er zu seinem Wagen.
Die Fahrt zum Haus der O’Rileys verlief ohne Zwischenfälle. Doch als er ausgestiegen war und das Gebäude durch den Schmutzraum in die Küche betreten hatte, spürte er sofort wieder dieses Unbehagen.
Jetzt fängst du wirklich an, Gespenster zu sehen, schalt er sich. Selbst wenn jemand auf dem Parkplatz gewesen sein sollte, ganz sicher war ihm niemand bis hierher gefolgt. Vor dem Büro hatte er noch reale Geräusche gehört.
Aber jetzt war es einfach nur …
Ein Gefühl. Fast greifbar. Seine Härchen im Nacken stellten sich auf, er war in Alarmbereitschaft.
Er blieb hinter der Tür stehen und schloss sie so leise wie möglich. Dann zog er seinen Revolver aus dem Gürtel und hoffte, dass seine Reaktion nicht übertrieben war. Aber irgendetwas stimmte hier nicht.
Leise durchquerte er die Küche, trat in den Flur hinaus, schlich durch das formelle Speisezimmer, durch Seans Büro und dann in die Eingangshalle.
Sein Herz hämmerte wie wild, als er sofort die Spannung im Raum spürte.
Von oben auf der Treppe kam eine Bewegung.
Eine Stufe knarrte.
„Halt! Stehen bleiben!“, rief er.
Mit einem Mal flammte das Licht auf, und die Diele war hell erleuchtet. Zach blinzelte. Am oberen Treppenabsatz stand jemand, den er im ersten Moment nicht erkennen konnte.
Ein paar Meter entfernt holte jemand erschrocken Luft, am Fuß der Treppe schrie jemand auf, und von der Tür zu Sean O’Rileys Schlafzimmer her kam eine verärgerte Frauenstimme.
Kurz darauf, als sich seine Augen an das Licht gewöhnt hatten, erkannte er Kat unten neben der Treppe. In der rechten Hand schwang sie eine Bratpfanne.
Caer stand vor ihrer Zimmertür, offensichtlich war sie diejenige, die nach Luft geschnappt hatte. Und, nicht gerade überraschend, die fluchende Frau war Amanda O’Riley.
Und ganz oben am Treppenabsatz stand Bridey wie ein Racheengel, die Hand immer noch am Lichtschalter.
Zach hatte seine Waffe auf sie gerichtet. Schnell sicherte er sie
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