Sündenzeit
vertraute. „Aye. Ich komme mit, danke. Ich hole nur schnell meinen Mantel.“
Eddies Haus befand sich nur ein paar Häuserblocks entfernt. Es war ein rustikales Saltbox-Haus aus dem neunzehnten Jahrhundert, klein, aber geräumig genug und vor allem mit jeder Menge Charme. Vor dem Kamin stand ein riesiges Ledersofa, auf einem verstärkten Rollpult war sein Computer deponiert. Ganz offensichtlich hatte er gern ferngesehen. Sein Plasmabildschirm war enorm. Caer fiel auf, dass er Dutzende von DVDs besaß, praktisch alles Dokumentationen über den amerikanischen Unabhängigkeitskrieg, über Segeln, Schatzsuche, Archäologie und Ähnliches.
„Er liebte Geschichte wirklich, was?“, bemerkte sie.
„Allerdings, das kann man wohl sagen.“
Zach ging sofort zu Eddies Computer. „Ich habe mit Sean gesprochen. Er und Eddie haben jahrelang Recherchen zu dem beliebtesten Bewohner von Rhode Island durchgeführt …“
„Nigel Bridgewater“, sagte Caer sofort.
Zach sah sie überrascht an. „Ja. Woher wussten Sie das?“
„Sean hat mir davon erzählt, als er in Dublin im Krankenhaus war.“
„Ach so.“ Zach drehte sich wieder zum PC um. „Sehen Sie sich einfach mal um, ob Sie vielleicht irgendwas Interessantes finden.“
„Mache ich.“
„Die Polizei war bereits hier. Ich denke also nicht, dass es noch viel zu entdecken gibt, aber einen Versuch ist es wert. Ich würde zu gern herausfinden, womit er sich gerade beschäftigt hat, bevor er rausfuhr.“
Noch während Zach das sagte, hatte er bereits das Programm hochgefahren und scrollte durch ein paar Daten. Caer sah sich zunächst mal Eddies Bücher und DVDs etwas genauer an. Wie sie bereits festgestellt hatte, handelte es sich bei den meisten Filmen um Dokumentationen über die amerikanische Revolution, manche hatten den Bürgerkrieg zum Thema, und einige handelten von der Geschichte Europas. Es gab eine Biografie des ersten Präsidenten der Irischen Republik, Éamon de Valera, und eine andere über Brian Boru und die Wikinger in Irland.
„Nigel Bridgewater war so was wie der Swamp Fox des Nordens“, sagte Zach, während er weitersuchte. „Er kannte die nördlichen Gewässer wie seine Westentasche. Früher war er bei der Royal Navy gewesen, dann eröffnete er einen Druckerladen … Er hat alle möglichen Briefe und Dokumente von und zur Ostküste transportiert, manchmal auch Lohnlisten. Die Legende besagt, dass er sich kurz vor seiner Verhaftung mit einem französischen Botschafter getroffen hat. Das war, bevor die Franzosen sich offiziell für die amerikanische Unabhängigkeit einsetzten. Er soll eine große Menge von Gold, Silber und Juwelen erhalten haben, die er dem Kontinentalkongress überbringen sollte. Die Briten wussten schon seit Jahren von seinen Aktivitäten, aber er war ihnen immer wieder entwischt. Er war relativ jung, erst sechsundzwanzig, als sie ihn schließlich festnahmen. Bridgewater segelte mit einer schnellen Schaluppe, die war zu leicht, um mit schweren Waffen ausgestattet zu werden. Im Rhode Island Sound wurde er dann überwältigt. Das Schiff ist in Flammen aufgegangen, aber ihn haben sich die Briten geschnappt. Sie waren fuchsteufelswild auf ihn. Er hatte sie zu oft zum Narren gehalten. Bevor seine Schaluppe sank, hatten sie ihn von Bord geholt. Er wurde nach Boston geschleppt, wo sie ihm einen Scheinprozess machten und ihn auf der Stelle hängten. Es heißt, dass er vorher gefoltert wurde. Aber die Briten konnten ihn nicht zum Sprechen bringen. Er starb, ohne irgendetwas verraten zu haben. Er hat sämtliche Spione der amerikanischen Kolonie namentlich gekannt, selbst die in Britannien, doch er hat keinen einzigen preisgegeben.“
„Wie außergewöhnlich“, sagte Caer. „Das nenne ich mutig. Aber wenn er gefasst und gehängt wurde, welches ist dann das große Geheimnis?“
„Die meisten Leute glauben, dass der Schatz und die letzten Depeschen mit seinem Schiff im Sound untergegangen sind. Das Schiff wurde nie geborgen. Natürlich ist das Wasser da draußen tief und eiskalt, aber die Titanic wurde immerhin auch gefunden. Es wäre also möglich, dass seine Schaluppe eines Tages ebenfalls entdeckt wird. Die Sache ist die, dass einige behaupten, er hätte bereits befürchtet, auf dieser besagten Reise mit den Briten zusammenzustoßen. Deshalb, meinen sie, hätte er den Schatz und die Briefe irgendwo in der Nähe von Rhode Island versteckt. Wenn das stimmt, gibt es jedenfalls keine Aufzeichnungen darüber. Seine Männer sind mit
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