Sündhafte Begierde der Verdammnis II
kann ich dir denn helfen?“
Der Unbekannte senkte bedachtsam den Kopf und starrte schweigsam auf den Boden. Scheinbar wollte er ihm etwas zeigen. Dann hob er sein Kinn wieder an und blickte erneut auf ihn. Doch Valentin verstand nicht.
„Was willst du mir sagen? Ich verstehe nicht.“ Skeptisch musterte er ihn.
Wieder senkte der junge Mann seinen Kopf und wiederholte sein unheimliches Verhalten.
„Was? Was ist da unten?“ Valentin schaute ungläubig auf den verunreinigten Boden. Als er genauer hinsah, fiel ihm ein eiserner Griff auf. Der Jüngling nickte kurz, als hätte er seine Vermutung bestätigt, drehte sich dann um und verschwand wortlos in einem dunklen Gang, der aus dem Verlies führte.
„Hey, warte! Wo willst du hin? Bleib stehen!“, rief Valentin ihm hinterher und zog sich hoch, was ihm einen stechenden Schmerz im Nierenbereich einbrachte. Kurz blieb er stehen und griff sich unwillkürlich auf seinen Rücken. Er vergaß jedoch schnell sein Leiden und eilte der seltsamen Begegnung hinterher.
Valentin befand sich nun auf einem düsteren Gang. Der Steinboden unter seinen Füßen war uneben, sodass er achtgeben musste, worauf er trat. An den Wänden hingen Fackeln, die ihn an antike Zeiten erinnerten. Rechts fiel ihm ein Torbogen auf, der in einen größeren Hohlraum führte. Da die Steindecke sehr niedrig war, musste er sich bücken, um einen Blick hineinwerfen zu können. Doch als er hindurchgehen wollte, hielt er erschrocken inne. Vor ihm stand ein Sarg, ausgestattet mit einem weißen Rüschenkissen und einer weißen Decke. Der Deckel lag daneben auf dem feuchten Boden. Was zum Henker ...?
Auch wenn er als Priester mit Särgen zu tun hatte, schien es ihm nicht geheuer. Deshalb machte er einen Schritt zurück. Eine innere Eingabe ließ ihn rasch nach links sehen. In unmittelbarer Entfernung zu ihm tauchte der junge Mann wieder auf. Er stand mit dem Rücken zu ihm, was ihm einen Schauer über den Rücken jagte. Mit klopfendem Herzen beobachtete er, wie der Fremde sich abermals in Bewegung setzte. Seine Schritte wurden schneller. Verwirrt lief Valentin ihm hinterher. Fünf weitere Torbögen tauchten auf, die sich in ihrer Bauart allesamt ähnelten. In den Hohlräumen standen jeweils ein bis zwei Särge.
Valentin hetzte dem Unbekannten nach, wobei er seinen Blick starr nach vorn gerichtet hielt. Stumm beobachtete er, wie der junge Mann abrupt stehen blieb, sich flüchtig zu ihm umdrehte und kurz darauf auf den Steinboden starrte. Dann hob er sein Haupt erneut an, wandte sich um und warf ihm einen Blick zu, der viele Fragen offen ließ. Sekunden später machte er einen Satz nach vorn und verschwand durch eine rohe Ziegelmauer am Ende des Ganges.
Ein Geist!
Valentin erstarrte vor Schreck. Das, was er eben gesehen hatte, konnte es nicht geben! Ergriffen schüttelte er den Kopf und schloss die Augen, ehe er sie wieder öffnete. Er wollte hier raus.
Doch wo und wie?
Zu seinem großen Glück entdeckte er ein paar Meter weiter auf der linken Seite ein breites Loch in der Steinmauer. Durch seine Schmerzen bückte er sich ungelenk und kroch hinaus ins Freie.
Auf dem Anwesen war es beklemmend ruhig. Nur ein leises Plätschern, das vom See zu ihm drang, war zu hören. Unsicher schaute er sich um. Es war bereits dunkler geworden. Doch der Jüngling war wie vom Erdboden verschluckt. Mittlerweile zweifelte Valentin an seinem Verstand, obwohl er ihn mit eigenen Augen gesehen und mit ihm gesprochen hatte.
Nervös strich er sich über die Stirn und atmete tief durch; er bekam Angst. Was ein kleines, vom Aberglauben beherrschtes Dorf durch sein absurdes Geschwätz doch für ein Ansteckungspotenzial besaß, dachte er, ehe er den Weg außen um das Schloss herum nahm. Der Gedanke an den jungen Mann, der wie eine Geistererscheinung schien, ließ ihn jedoch nicht zur Ruhe kommen. Was hatte dieser ihm sagen wollen? Gab es etwa einen weiteren Keller, der unter dem Verlies, in das er gestürzt war, existierte? War es das?
Verunsichert umrundete er das Anwesen. Der hintere Teil des Schlosses grenzte an einen Wald, hinter dem sich ein felsartiges Bergmassiv befand. Valentin blieb stehen und richtete seinen Blick auf die ersten Bäume, wo er zwischen ein paar dicken Wurzeln einen Schwarm Insekten bemerkte. So viele Fliegen um diese Jahreszeit?
Valentin wunderte sich, wandte seinen Blick aber nicht ab. Sie schienen um etwas zu kreisen. Doch er konnte in der Düsterkeit nichts erkennen. Erst als er näher an die Bäume
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