Sündhafte Begierde der Verdammnis II
er den Zettel auf und begann zu lesen.
Wir müssen reden.
22 Uhr in Wien, im „Gay Love House“
Bastian.
Verdutzt blickte Valentin auf das Stück Papier in seinen Händen. Das Geschriebene wirkte unpersönlich und kalt. Verstört bewegte er sich in die Küche zurück und setzte sich. Über was wollte Bastian mit ihm sprechen?
Ein ungutes Gefühl überkam ihn. Hingehen wollte er aber auf jeden Fall. Redebedarf gab es schließlich genug.
„Gay Love House“ – für was stand dieser Name?
Wenn er ehrlich zu sich selbst war, erinnerte es ihn an die Bezeichnung eines Lusthauses. Valentin überlegte und atmete tief durch, weil er nicht das Geringste damit anfangen konnte. Dann wandte er sich wieder seiner Arbeit zu.
Den kompletten Vormittag verbrachte er damit, sich um das Pfarrblatt und um andere wichtige Dinge zu kümmern, die seinen Berufsalltag bestimmten. Auf dem Friedhof war die Spurensicherung der Polizei im Einsatz. Obwohl er den Beamten bereits begegnet war, hatte noch keiner das Gespräch mit ihm gesucht. Angela hielt sich zu seinem Erstaunen ebenfalls auffällig im Hintergrund und redete nicht viel.
Erst gegen Abend, als sie das Haus verlassen hatte, zog sich Valentin um. Er wollte sich trotz allem, was vorgefallen war, für Bastian schön machen, auch wenn er sehr nervös war und keine Ahnung hatte, was Bastian ihm sagen würde.
Stunden später stieg Valentin aus dem Taxi. Er stand vor dem „Gay Love House“. Es war ein Club. Ein schwuler Sex-Club, in dem homosexuelle Männer ihre Lust stillten. Seine Vorahnung hatte sich somit bestätigt.
Er atmete tief durch und zog sich die Kapuze seiner Jacke ins Gesicht. Die Angst, erwischt zu werden, war allgegenwärtig. Er nahm es Bastian übel, dass er ausgerechnet an diesem Ort ein Treffen mit ihm vereinbart hatte.
Ohne lange zu überlegen, stieg er die drei Stufen hoch, öffnete die Tür und betrat den Club. Mit gesenktem Kopf schaute er sich um. Zunächst erkannte er kein bekanntes Gesicht. Als er sich jedoch nach links wandte, erstarrte er vor Schreck. Er sah Bastian, auf dessen Schoß ein junger Mann saß, mit einem Hauch von Nichts auf der Haut. Bastian küsste sich mit geschlossenen Augen an dessen Hals hinab und ließ dabei seine Hände immer wieder über den braun gebrannten Rücken gleiten.
Valentin schluckte. Was sollte das?
Am liebsten wäre er hingelaufen und hätte Bastian vor all den Leuten eine Szene gemacht. Doch genau das tat er nicht. Es war sein Stolz, der es ihm verbot, und die Angst, aufzufliegen. Sein Kopf schwirrte. Er hatte das Risiko auf sich genommen, dieses Haus zu betreten, doch für was?
Paralysiert stand er da, seine Augen auf Bastian und den jungen Gespielen gerichtet. Es tat weh, dabei zuzusehen, wie dieser einen anderen Mann liebkoste und derart sinnlich berührte, als hätte er Gefühle für ihn.
Gerade als er sich wieder umdrehen und gehen wollte, öffnete Bastian die Augen und starrte direkt in seine Richtung. Valentin biss sich zwanghaft auf die Lippen und wandte sich sofort um. Die Wut hatte einen Adrenalinstoß in ihm freigesetzt, dass er den Schmerz in seinem Oberschenkel kaum noch wahrnahm und er schnellen Schrittes den Club verließ. Geknickt stieg er in das nächste Taxi, das vorbeikam.
Als er wieder zu Hause war und die Tür des Pfarrhauses hinter sich abschloss, fühlte er sich geradezu erbärmlich. Alles in ihm wirkte leer. Wie ein Roboter lief er durch den Flur. Er wollte nur noch in sein Schlafzimmer. In diesem angelangt, sperrte er sofort hinter sich ab und ließ sich nachdenklich auf das Bett sinken. Langsam verlor er seine Kräfte. Er hatte für Bastian alles aufgegeben und aufs Spiel gesetzt. Doch für was? Damit dieser ihn letztendlich mit einem anderen Mann betrog? Mit einem männlichen Prostituierten? War dieses ganze Getue von Liebe etwa nur Heuchelei gewesen?
Seine Augen wurden feucht, aber er weinte nicht. Festgefahren blickte er auf den Boden. Morgen würden seine konservativen Eltern und sein Bruder Tobias zu Besuch kommen. Eigentlich hatte er sich gewünscht, Bastian würde ihm beistehen. Doch er hatte sich nur selbst etwas vorgemacht.
A n diesem Morgen kam Valentin nur schwer in die Gänge. Ein stressiger Tag lag vor ihm. Er musste sich ablenken, um dem innerlichen Schmerz, den Bastian ihm zugefügt hatte, Einhalt zu gebieten.
Bis zum Nachmittag kümmerte er sich um sämtliche Büroarbeiten und traf sich in der Kanzlei abermals mit den Angehörigen Verstorbener, um deren
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