Sündhafte Begierde der Verdammnis II
Stricher!
Warum?, hallte es lautstark durch seinen Kopf.
Zwei Stunden später saß Valentin in der Küche am Esstisch. Seine Eltern mussten jede Minute zur Tür hereinkommen. Missgelaunt beobachtete er Angela. Sie hatte während seiner Abwesenheit das Abendessen vorbereitet.
„Jetzt geht es dem Einsiedler da oben gehörig an den Kragen. Ich hoffe, sie sperren ihn gleich weg und lassen ihn in der Zelle verhungern. Besser wäre es, wenn sie auf der Stelle Lynchjustiz betreiben würden.“
„Diese Zeiten sind zum Glück vorbei!“
Angela drehte sich zu ihm um, sagte jedoch nichts. Erst als die schrille Hausglocke läutete, band sie ihre Schürze ab und lief zur Tür.
Achtzehn Uhr! Seine Familie war wie immer pünktlich.
Valentin wusste genau, dass sich Angela bei seinen Eltern einschleimen wollte. Als die Glocke verstummte, machte sich ein Gräuel in seiner Bauchgegend bemerkbar. Von Weitem hörte er, wie Angela seine Familie mit überschwänglicher Freundlichkeit begrüßte. Genervt rollte er mit den Augen.
Etwas später hatten sich alle in der Küche um den Esstisch eingefunden, den Angela mit viel Liebe gedeckt hatte. Gleich darauf wurde auch schon das Essen serviert, und Angela verabschiedete sich mit einem breiten Lächeln, um nach Hause zu fahren.
„Aha, so lebt es sich also in einem Pfarrhaus. Das hättest du auch anders haben können“, stellte sein Vater, Doktor Anton Burger, in einem herrischen Tonfall fest.
Valentin hatte mit dessen herablassender Art noch nie umgehen können.
Stirnrunzelnd und mit rötlich verfärbtem Gesicht sah sich sein Vater im Raum um.
Tobias, sein Bruder, grinste ihn verwegen an und konnte sich eine stichelnde Bemerkung ebenfalls nicht länger verkneifen. „Passt ja irgendwie zu ihm. Er war schon immer ... anders.“
Valentin ignorierte den zynischen Unterton in der Stimme, auch wenn er innerlich tobte. Viel lieber zählte er die Minuten, die verstrichen, um seine Familie so schnell wie möglich wieder verabschieden zu können.
„Ein Teil des Friedhofs ist polizeilich abgesperrt. Ist etwas passiert?“, fragte Anton Burger weiter. „Weil – ich kann jetzt während des Wahlkampfes wirklich keine schlechte Publicity gebrauchen. Das wirst du doch sicher verstehen?“
Valentin atmete tief durch. Es war immer dasselbe. Seit er denken konnte, ging es seinem Vater bloß um Geschäfte, Macht und Geld. Was er fühlte, dachte oder machte, interessierte niemanden.
„Klar.“ Valentin machte eine kurze Pause, ehe er spöttisch anfügte: „Handelt sich nur um Mord. Ein paar Männer wurden umgebracht. Es sind die, die mich in der Kirche überfallen haben, sonst nichts.“
Bis heute hatte sich niemand seiner Familie auch nur ansatzweise die Mühe gemacht, nachzufragen, wie es ihm körperlich ging oder wie er den brutalen Überfall überhaupt verkraftet hatte.
Doktor Burgers Haaransatz auf der Stirn klappte nach der Äußerung nach hinten. Dann schnaubte er laut, schwieg sich jedoch aus. Stattdessen gab Tobias sein Interesse zum Besten.
„Aber sonst ist es hier ziemlich langweilig, oder? Sind ja nur ein paar Hundert Einwohner … Sag mal, Valentin, was treibst du hier den ganzen Tag?“
„Zum Beispiel, den Menschen zuhören, für sie da sein – etwas, was du nicht kannst und auch nie lernen wirst.“
„Ich darf doch wohl bitten!“, fuhr Anton Burger zornig dazwischen. „Aber wo Tobias recht hat, hat er recht. Ich meine, du hättest es wirklich besser haben können, einen interessanteren Beruf wählen können, wenn du nicht ...“ „Wenn ich nicht was? ... Wenn ich nicht schwul wäre?“, vervollständigte Valentin den Satz. Er klang verbittert.
Anton Burger nickte. „Ja, genau. Ich wollte eigentlich nicht damit anfangen. Du hast es selbst ausgesprochen.“
„Ja, weil du zu feige bist und so tust, als wäre es der Weltuntergang ...“ Valentin wusste selbst nicht, woher er plötzlich den Mut nahm, mit seinem Vater darüber zu reden. Noch vor kurzer Zeit hatte er seine Sexualität ja selbst verleugnet.
„Hört auf, euch zu streiten“, mischte sich Mag. Simona Burger nun in das Gespräch ein, die bis zu diesem Zeitpunkt nur stumm dagesessen hatte.
Doch ihr Mann ignorierte sie – ungeniert fuhr er fort: „Ist es auch – ein Untergang. Wo kämen wir hin, wenn die Schwulen in allem die gleichen Rechte bekämen wie wir? Das ist nur eines unserer Themen, die ich mit Motivation angehen werde, sobald ich den Wahlkampf gewonnen habe.“
„Dann ist es wohl
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