Sündhafte Begierde der Verdammnis II
Genesung zu beschleunigen. Er ließ alles stehen und liegen und bestellte sich ein Taxi. Dann fuhr er zum Arzt.
D er Facharzt, zu dem Valentin gefahren war, hatte seine Praxis direkt im Krankenhaus. Nach stundenlangen Untersuchungen saß er im Sprechzimmer von Dr. Ebner, einem weiteren Spezialisten im selben Haus, an den ihn der Facharzt sofort weitergeleitet hatte.
Der Mann nahm seine Brille ab. Nachdenklich sah er über den Schreibtisch zu Valentin. „Herr Burger, wie geht es Ihnen denn?“
Valentin blickte ihn misstrauisch an. „Wie schon seit Längerem ... Ich bin müde, habe Kopf- und Rückenschmerzen, fühle mich ziemlich platt und ausgelaugt.“
„Hatten Sie in letzter Zeit auch enorme Stimmungsschwankungen? Waren Sie zum Beispiel aggressiver als sonst? Oder extrem aufgewühlt?“
Valentin überlegte. „Ja, manchmal schon, aber das kann auch an den Sorgen gelegen haben, die ich hatte ...“
Dr. Ebner atmete tief durch. „Also, ich will Ihnen nichts vormachen und auch nichts beschönigen. Seien Sie jetzt bitte stark. Wir haben in den letzten Stunden deshalb so viele Untersuchungen veranlasst, weil wir einen Verdacht hatten. Und dieser hat sich leider bestätigt.“ Er machte eine Pause und schaute Valentin ernst an. Dann sprach er langsam weiter. „Herr Burger, es wundert mich eigentlich, dass Sie noch so herumlaufen können. Sie haben Krebs.“ Der Arzt machte eine erneute Pause.
Valentin stockte augenblicklich der Atem. „Wie bitte?“
Dr. Ebner nickte bedauernd und fuhr fort: „Und das ist leider noch nicht alles.“
Valentin schluckte. Er hatte das eben Gehörte noch nicht einmal akzeptieren können, und dann kam noch etwas? Das konnte einfach nicht wahr sein. Das gab es nicht!
„Herr Burger, wie soll ich sagen ... Der Krebs hat bereits gestreut und Tochtergeschwülste gebildet. Laut den Befunden sind so ziemlich alle Organe befallen. Ihr Blutbild ist sehr schlecht.“ Wieder machte er eine Pause und musterte Valentin mitfühlend. „Das erklärt natürlich auch die Symptome der letzten Zeit, die Sie hatten. Aber wie ich vorhin schon sagte, wundert es mich, dass Sie sich – und entschuldigen Sie bitte, dass ich das so offen ausspreche – noch auf den Beinen halten und normal herumlaufen können.“
„Also ... Metastasen?“
„Ja, leider.“
Valentin war wie gelähmt. Der Schock, den er empfand, ließ sich kaum beschreiben. „Was ... Ich meine, kann man da noch etwas tun?“
„Na ja, die Hoffnung stirbt immer zuletzt. Aber ich muss Ihnen auch sagen, dass es in Ihrem Fall kaum Chancen auf Heilung gibt. Man könnte eine Chemotherapie anstreben, jedoch müssten Ihre Blutwerte zunächst einen gewissen Wert erreichen, damit Sie diese überhaupt machen können. Bei den Werten im Moment wäre das undenkbar.“
Stille.
„Und welchen Krebs habe ich?“
„Sie meinen, wo der Herd liegt?“
„Ja.“
„Auch das kann man noch nicht genau sagen, da nahezu die gesamten Organe befallen sind. Um das herauszufinden, bedarf es einer chirurgischen und onkologischen Feinarbeit. Und das nimmt viel Zeit in Anspruch – etwas, was Sie nicht mehr haben.“
Valentin räusperte sich. „Also würde eine Chemotherapie nur mein Leben verlängern?“
„Ja.“
„Um wie viel länger wäre das?“
„Einige Wochen, wenn überhaupt.“
Das saß. Valentin war fix und fertig. Niedergeschmettert stand er auf und verabschiedete sich vom Arzt, der sich von der Entscheidung, nach Hause zu fahren, nicht sonderlich begeistert zeigte. „Sie sollten lieber in der Klinik bleiben. Man könnte vielleicht operieren und mit ein bisschen Glück versuchen, Geschwülste zu entfernen.“
„Und was bringt das noch?“, fuhr Valentin den Mediziner schroff an.
„Es könnte Ihr Leben ein wenig verlängern.“
„Nein. Trotzdem – ich danke Ihnen.“ Dann verließ er das Sprechzimmer und lief geschwächt nach draußen. Die Leute, die ihm dabei begegneten, beachtete er kaum. Es fühlte sich an, als hätte man seinen Kopf in Watte gepackt.
Als er sich wieder auf der Straße befand, atmete er tief durch. Ganz in der Nähe hinter dem Krankenhaus gab es einen Wald, wo er jetzt dringend hinmusste. Es dämmerte bereits, als er auf dem Weg zwischen den schneebedeckten Bäumen herlief. Soeben hatte es wieder zu schneien begonnen, und er hielt abrupt inne, um den Kopf nach oben zu recken. Er öffnete leicht seine Lippen und schloss die Augen, um jede Flocke auf seinem Gesicht wahrzunehmen. Ein letztes Mal wollte er das
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