Sündhafte Begierde der Verdammnis II
aufhielt. Eine leise Vorahnung überkam ihn, und er dachte automatisch an den Keller unter der Leichenkammer. Vor seiner Suspendierung nahm er sich vor, den Raum genau zu inspizieren. Dabei war es ihm egal, ob er auf Brenner treffen würde. Es war ohnehin schon alles gleichgültig.
Gedankenversunken lief er ins Bad und stellte sich vor den Spiegel. Sein Gesicht war tatsächlich aschfahl, als wäre er krank. Schwerkrank. Aus seinen Augen blickte der Tod.
Valentin schluckte trocken. An der Wunde am Oberschenkel konnte es nicht liegen. Diese war fast verheilt. Unwillkürlich starrte er auf seinen Hals. Eine kleine Narbe hatte sich an der Stelle gebildet, an der Bastian ihn verletzt hatte. Eine Narbe, die ihn ewig an ihn erinnern würde.
Bastian!
Valentin stützte sich auf das Waschbecken und presste die Lider zu. Bastian war alles, was er gehabt hatte.
Ein Geräusch ließ ihn plötzlich aufhorchen, das aus dem Wohnzimmer kam. Sofort verließ er leise das Bad, um sich in den Wohnraum zu schleichen. Doch da war niemand, außer einer eisigen Kälte, die ihm entgegendrang. Das Fenster stand sperrangelweit offen, sodass der einfahrende Wind den Vorhang immer wieder unheimlich aufblähte.
Er ärgerte sich maßlos über Brenner. Vermutlich hatte der unsympathische Kerl das Fenster geöffnet und vergessen, es wieder zu schließen. Dennoch kamen Zweifel in ihm auf. Automatisch blickte er sich im Raum um. Alles stand an Ort und Stelle, nur die Kugel, die er von Rose-Ann geschenkt bekommen hatte, lag auf dem Boden. Verwundert ging er hin und hob sie auf. Dann setzte er sich damit auf das Sofa. Der eisige Wind, der noch immer ungestüm zum Fenster hereinströmte, störte ihn nicht. Mehr aus Spaß schüttelte er die Kugel hin und her. Der Rauch darin war verschwunden. Bis jetzt hatte er nicht viel auf dieses seltsame Ding gegeben, deshalb betrachtete er es nun umso genauer. Vorsichtig stellte er die Glaskugel auf den Kopf und entdeckte am unteren Teil des Halters einen kleinen schwarzen Knopf, der sich öffnen ließ. Er machte den Deckel auf.
„Hab ich’s doch gewusst!“, sagte er laut zu sich selbst und holte eine runde Batterie heraus. Für einen Augenblick war er von Rose-Ann enttäuscht, dass ausgerechnet sie ihn zum Narren gehalten hatte. Doch dann nahm er den eigenartigen Geruch wahr, der aus dem Batteriefach auszuströmen schien. Traute er der alten Frau tatsächlich zu, dass sie sich derart über ihn lustig machte?
Eigentlich nicht.
Die Kugel fühlte sich schwer an, und bei jeder Bewegung hatte er das Gefühl, es würde sich etwas Flüssiges darin befinden. Er überlegte und kam auf die Idee, die Glaskugel von der Halterung zu drehen, wusste jedoch nicht, ob das funktionierte. Einen Versuch war es allerdings wert. Und es klappte tatsächlich. Als er den unteren Teil heruntergeschraubt hatte, fand er an der Kugel einen Verschluss. Vorsichtig öffnete er ihn und sah hinein. Darin befand sich wirklich eine dunkle Brühe, die einen äußerst penetranten Geruch aufwies und von der von außen nichts zu sehen war. Valentin hielt die Kugel fest in der Hand, während er mit dem Zeigefinger der anderen hineinfuhr. Als er den Finger wieder herauszog, war dieser rot. Dunkelrot. Hastig schnüffelte er daran. War das Farbe?
Skepsis überkam ihn. Trotzdem überwand er sich und kostete kurz, verzog jedoch sofort darauf sein Gesicht.
„Pah, das ist ja Blut!“ Er hätte sich selbst dafür ohrfeigen können, dass er seinen Finger abgeschleckt hatte. „Was zum Teufel soll das?“
Rose-Ann war ihm mehr als nur eine Erklärung der sich in letzter Zeit zugetragenen Geschehnisse schuldig. Und er würde auch in dieser Sache nicht vergessen, sie danach zu fragen. Schließlich war sie die einzige Person, der er seinem Gefühl nach noch trauen konnte.
Schnell verschloss er die Kugel wieder und schraubte die Halterung an. Ungeduldig stellte er sie zurück auf ihren Platz und rannte danach sofort ins Badezimmer.
Fünfmal hintereinander spülte er sich den Mund gründlich aus, als ihm unerwartet schlecht wurde. Er hielt sich mit beiden Händen kraftlos am Waschbeckenrand fest. Auch das Wasser, das er sich ins Gesicht schüttete, half nur wenig. Valentin übermannte ein seltsames Gefühl. Tief in Gedanken versunken, schritt er in die Küche und nahm intuitiv den Zettel mit der Adresse des Arztes an sich. Vielleicht sollte er den Mediziner doch vorsichtshalber mal aufsuchen. Vermutlich würde dieser ihm irgendetwas verschreiben, um seine
Weitere Kostenlose Bücher