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Sündige Gier

Sündige Gier

Titel: Sündige Gier Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sandra Brown
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wieder in Schale zu werfen, in einen Club zu spazieren und Smalltalk zu betreiben. Ihr noch nie besonders robustes Selbstbewusstsein hatte einen schweren Schlag abbekommen.
    In der Küche holte sie Eiscreme aus dem Gefrierfach, einen Löffel aus der Schublade und nahm beides mit ins Wohnzimmer, wo sie sich in eine Sofaecke kuschelte und mit der Fernbedienung den Fernseher anschaltete.
    Sie schämte sich so für ihre Leichtgläubigkeit, dass sie nicht einmal Carol von ihrem gestrigen Missgeschick erzählt hatte, und sie erzählten sich sonst wirklich alles. Sie spielte mit dem Gedanken, sie jetzt anzurufen. Über einer Familienpackung Eiscreme ausgiebig mit der besten Freundin zu schwatzen war der erste Schritt zur Heilung.
    Aber gerade als sie die Hand nach dem Telefon ausstreckte, begann es zu läuten. Sie warf einen Blick aufs Display. Obwohl »unterdrückt« darauf stand, wusste sie genau, wer anrief. »Arschloch.«
    Statt an den Apparat zu gehen, bohrte sie den Löffel in die Eiscreme und schob sich einen großen Happen in den Mund. Das Telefon hörte zu läuten auf. Aber nur ein paar Sekunden. Dann fing es wieder an. »Unterdrückt.«
    Dreimal wiederholte sich dieses Spiel, dann schnappte sie sich den Hörer. »Verflucht noch mal! Lass mich in Frieden!«
    Sie hatte angenommen, er sei endlich Geschichte. Eine böse Erinnerung, die sie am besten ausblendete.
    Sie hatte ihren Ohren nicht getraut, als er das erste Mal angerufen hatte. Sobald er sich mit Namen gemeldet hatte, hatte sie aus allen Rohren geschossen und ihm die Wahrheit unverblümt an den Kopf geschleudert. Er war ein Lügner, ein Betrüger, ein Krimineller, und keine Frau mit einem Funken Verstand würde ihn auch nur in ihre Nähe lassen. Sie hatte ihn gewarnt, schleunigst zu verschwinden, sich nie wieder blicken zu lassen und lieber auch nicht mehr anzurufen, falls er nicht wollte, dass sie ihm die Polizei auf den Hals hetzte.
    Trotzdem hatte er wieder und wieder angerufen.
    Er bedrohte sie nie. Inzwischen sagte er überhaupt nichts mehr. Aber sein Hass vibrierte aus der stillen Leitung, und die Drohung, die in seinem Schweigen lag, kostete sie die letzten Nerven, vor allem jetzt, wo sie allein im Haus war.
    Sie wünschte sich, sie könnte sich ein Sicherheitssystem leisten, wie es ihre Firma vertrieb, aber ihr Budget reichte nicht einmal für die einfachste Grundausstattung. Trotzdem hatte sie, während Carol weg war, die Türschlösser auswechseln lassen, um wenigstens etwas inneren Frieden zu finden. Carol konnte ihre Ängste nachfühlen und hatte gemeint, sie sollten lieber auf Nummer sicher gehen und sie würde sich an den Kosten für die abschließbaren Fensterriegel beteiligen. Aber heute Nacht reichten diese zusätzlichen Sicherheitsmaßnahmen nicht aus, um Ariels Nerven zu beruhigen, die nach der Abfuhr durch den blonden Beau sowieso schon dünn wie Spinnweben waren. Diesen zusätzlichen Stress konnte sie jetzt wirklich nicht brauchen.
    Nachdem sie die Schleusen einmal geöffnet hatte, brach sich ihre Frustration freie Bahn. »Du bist ein so erbärmlicher Wicht, weißt du das? Was soll denn diese Scheiße? Das ist doch Kinderkram. Du glaubst, die Frauen müssten einem Mann wie dir zu Füßen liegen, aber kein richtiger Mann würde sich dazu herablassen, einer Frau am Telefon was vorzukeuchen. Verzieh dich wieder in dein Erdloch. Oder in die Hölle. Aber hör verflucht noch mal auf, hier anzurufen!« Sie knallte den Hörer auf den Apparat und fühlte sich augenblicklich besser.
    Sie bohrte den Löffel ein weiteres Mal in die Eiscreme und gelangte dabei zu einem äußerst tiefgründigen Schluss: Männer waren, ob sie nun perverse Schweine mit einem Telefonfetisch oder glattzüngige reiche Schleimer waren, allesamt Drecksäcke.
     
    12
     
    Gerade als Julie glaubte, es könnte nicht schlimmer kommen, kam es schlimmer. Der Hauptsaal des Gemeindezentrums, in dem die Wohltätigkeitsveranstaltung stattfinden sollte, war im Stil eines Sultanzeltes dekoriert. Bunte Stoffbahnen waren unter der Decke aufgehängt worden und bündelten sich in der Mitte, wo wie ein riesiges Juwel eine Discokugel herabhing. Die Kellner waren wie Aladin aus Tausendundeiner Nacht gekleidet, die Kellnerinnen wie verschleierte Bauchtänzerinnen. Die lose im Raum verteilten Stehtische waren nicht mit Blumen geschmückt, sondern mit Pfauenfedern.
    Julie hatte kaum Zeit, die Dekoration auf sich wirken zu lassen, denn der Erste, den sie unter den anwesenden Gästen erkannte, war

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