Sündige Gier
Eskortagenturen, hatte Paul ihr verraten.
Wahrscheinlich hält er die ganzen Filmfiguren für seine Freunde, hatte Paul bei einem ihrer Gespräche über Creighton verärgert angemerkt. Sie sind immer bei ihm. Sie leben in seinem Kopf. Ich glaube, er unterhält sich sogar mit ihnen.
Creighton bezahlte Menschen dafür, dass sie ihn bei Laune hielten. Er hatte sich eine Fantasiewelt erschaffen. Aber er konnte nicht von sich behaupten, Freunde zu haben.
Auch in dieser Beziehung machte sich Sharon etwas vor. Schon bald nachdem Julie die Wheelers kennengelernt hatte, war ihr klar geworden, dass Sharon entweder keine Ahnung von der Persönlichkeit ihres Sohnes hatte oder eine exzellente Verdrängungskünstlerin war.
»Hast du in letzter Zeit mit Sanford und Kimball gesprochen?«, fragte Doug.
»Doug, wir wollen uns heute Abend amüsieren«, beschwerte sich Sharon weinerlich. »Zum ersten Mal seit… du weißt schon. Können wir nicht einen einzigen Abend verbringen, ohne darüber zu reden?«
»Entschuldige, Sharon«, sagte Julie. Dann informierte sie Doug: »Ich habe erst heute Morgen mit ihnen gesprochen. Sie waren in der Galerie, um mir die neuesten Fotos von diesem Mann zu zeigen, auf den sie sich jetzt konzentrieren.«
»Hast du ihn schon mal gesehen?«
»Nein.«
»Ich auch nicht. Die beiden waren auch bei mir im Büro. Ich habe ihnen erklärt, dass ich ihn noch nie gesehen habe. Sie haben mich gebeten, die Bilder mit nach Hause zu nehmen und sie Sharon zu zeigen.«
»Mir war er vollkommen fremd«, warf Sharon ein.
»Und Creighton?«, fragte Julie.
»Hat die Fotos noch nicht gesehen. Jedenfalls nicht, soweit ich weiß.« Doug trank von seinem Longdrink, ein bisschen hastig, wie Julie fand.
Sie sagte: »Sie werden das deutlichste der Fotos im Fernsehen bringen.«
»Das haben sie mir auch erzählt. Und zwar heute in den Abendnachrichten, glaube ich.« Doug sah auf seine Uhr. »Das werden wir verpassen.«
»Die Polizei hofft, dass jemand den Mann erkennt und einen Namen dazu liefern kann«, sagte Julie.
»Ich bin ziemlich sicher, dass ihn jemand erkennt. Wahrscheinlich ein Hotelgast. >Ach, das ist mein Cousin Sowieso. Er hat jeden Tag vorbeigeschaut, während ich in Atlanta war.<« Doug nahm noch einen Schluck.
»Und was dann?«, fragte Julie, ohne eine Antwort zu erwarten.
»Das weiß ich genauso wenig wie du. Dieses verwischte Bild ist ihre einzige Spur.«
Während Sharon ihre Unterhaltung nur mit halbem Ohr verfolgt hatte, hatte sie gleichzeitig die anderen Gäste beobachtet und schob nun den Arm in Dougs. »Ich glaube, auf dem Diamantkollier da drüben steht mein Name.«
»O Gott.«
»Möchtest du den krebskranken Kindern etwa nicht helfen?«
»Julie, wenn ich in fünfzehn Minuten nicht wieder zurück bin, dann rette mich und meine Kreditkarte.« Doug sagte das mit einem Lächeln, aber Julie sah ihm an, dass er froh war, ihr Gespräch über den Fortschritt der Ermittlungen beenden zu können.
»Lass nicht locker, bis du die Diamanten hast, Sharon. Du tust es für eine gute Sache.«
»Ich werde mein Bestes versuchen«, versprach Sharon aufgekratzt.
Die beiden ließen Julie stehen, aber sie blieb nicht lange allein. Während der nächsten Stunde kamen immer wieder Freunde und Bekannte auf sie zu, von denen manche alles taten, um Pauls Namen nicht in den Mund zu nehmen, während andere von nichts anderem sprachen. Mit einigen wechselte sie nur ein paar Worte, bevor sie sich höflich entschuldigten, sichtlich erleichtert, eine unangenehme Pflichtübung überstanden zu haben.
Andere taten so, als wollten sie Julie zu ihrem persönlichen Projekt erheben und sicherstellen, dass sie nicht zu Hause versauerte, weil sie keinen männlichen Begleiter mehr hatte. Sie stellten gemeinsame Mittag- und Abendessen in Aussicht, Weinproben und sogar eine Radtour durch die Toskana. Sie bekundete jedes Mal Interesse, ohne sich zu irgendetwas zu verpflichten.
Wenn sie nicht versprochen hätte, den Verkauf des Gemäldes zu beaufsichtigen, wäre sie heimlich verschwunden. Es war ihr zuwider, dass sie zum Objekt von Neugier und Mitleid geworden war. Sie war es leid, dass ihre Mitmenschen gespannt beobachteten, wie gut oder schlecht sie mit dem plötzlichen Verlust klarkam. Unter den gegebenen Umständen hätte sie sich auch entschuldigen und den Abend ausfallen lassen können. Niemand hätte ihr das zum Vorwurf gemacht.
Aber als sie durch die Menge zu der künstlichen Oase ging, in der das Bild ausgestellt war,
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