Sündige Liebe
in Schweigen.
Angela starrte seine großgewachsene Silhouette in der Dunkelheit an. Was sollte das heißen: »zum Glück«? Hatte sie wirklich Zorn in seiner Stimme gehört? Nein, das hatte sie sich gewiss nur eingebildet.
Angela schloss die Augen, ließ sich von dem Holpern des Wagens sachte wiegen und dachte daran, wie sie Bradford Maitland zum ersten Mal gesehen hatte. Es war drei Jahre her. Sie war damals elf gewesen und Bradford zwanzig. Er hatte die Sommerferien zu Hause verbracht. Sie war mit ihrem Vater in die Stadt gefahren, um das Getreide zu verkaufen, doch es war ihr langweilig geworden, ihn am Marktplatz zu erwarten, und sie hatte sich entschlossen, nach Hause zu gehen. In der Nacht zuvor hatte es heftig geregnet, und während sie die Uferstraße entlanglief, machte sie sich einen Spaß daraus, den Schlamm und Wasserlaken auszuweichen.
Und dann war er auf einem schnellen schwarzen Hengst vorbeigeritten, auf dem Weg zur Stadt. Ganz in Weiß gekleidet auf diesem gewaltigen schwarzen Tier sah er aus wie eine Art Racheengel. Als er an ihr vorüberritt, bespritzte sein Pferd ihr gelbes Kleid ganz mit Schlamm. Bradford hatte sein Pferd angehalten und war zu ihr zurückgetrabt. Er hatte ihr eine Goldmünze zugeworfen, sich entschuldigt und gesagt, sie solle sich ein neues Kleid kaufen. Dann war er davongaloppiert.
Von dem Moment an, in dem sie in sein schönes Gesicht aufgeblickt hatte, war sie verliebt. Sie sagte sich immer wieder, dass es albern war, sich einzureden, sie sei verliebt, denn sie wusst e nichts von diesen Dingen. Vielleicht verehrte sie ihn auch nur. Doch was auch immer es sein mochte, es war einfacher, es Liebe zu nennen.
Diese Goldmünze besaß sie immer noch. Sie hatte ein kleines Loch hineingebohrt und ihren Vater gebeten, ihr eine lange Kette zu kaufen, damit sie sich die Münze um den Hals hängen konnte. Wie schon seit drei Jahren hing diese Kette jetzt um ihren Hals und ruhte zwischen den beiden kleinen Hügeln ihrer Brüste. Sie hatte sie selbst dann noch getragen, als sie sich entschlossen hatte, Bradford Maitland zu hassen, weil er sich der Union angeschlossen hatte. Doch jetzt hass te sie ihn nicht mehr. Sie würde ihn nie mehr hassen können.
Nur allzu bald war sie zu Hause. Sie sah Bradford nach und blieb noch lange auf der Veranda stehen und erinnerte sich an seine Abschiedsworte.
» Pass auf dich auf, Angela. Du bist zu groß geworden, um allein durch die Gegend zu bummeln! « Dann hatte er die Zügel . genommen und war abgefahren.
»Bist du es, Kleines?«
Angela sah William Sherrington finster an, als er die Tür öffnete.
»J a, ich bin es, Papa.«
»Wo bist du gewesen?«
»Ich habe dich gesucht«, fauchte sie wütend, obwohl sie mehr als erleichtert war, ihn zu Hause vorzufinden. »Wenn du gestern abend nach Hause gekommen wärst, hätte ich dich nicht zu suchen brauchen.«
»Das tut mir wirklich leid, Angie«, entgegnete er mit einer Stimme, die fast ängstlich klang. »Es wird nicht mehr vorkommen. War das Billy Anderson, der dich eben nach Hause gebracht hat?«
»Um Himmels willen, nein!« rief sie aus. »Es war Bradford Maitland.«
»So, das war aber nett von ihm. Angie, ich. verspreche dir, dass ich dich nicht mehr allein lasse. Wenn ich in die Stadt fahre, kommst du mit mir. Ich weiß, dass ich dir in letzter Zeit kein guter Papa war, aber von jetzt an werde ich es sein. Das verspreche ich dir.«
Er stand kurz vor den Tränen, und ihr gesamter Zorn verflog. »Komm ins Haus, Pa. Du weißt doch, dass ich keinen anderen Papa will als nur dich.« Sie ging auf ihn zu und drückte ihn kräftig. »Geh jetzt schlafen. Wir müssen morgen früh das Feld umpflügen.«
6
Statt nach Golden Oaks fuhr Bradford weiter die Uferstraße entlang zur Schattenplantage, zu seiner Verlobten Crystal Lonsdale.
Crystal hatte nicht den leisesten Schimmer von seinen Aktivitäten der letzten eineinhalb Jahre - oder zumindest nahm er das an. Nach seiner Unterhaltung mit Angela Sherrington war er sich seines Geheimnisses jedoch nicht mehr sicher.
Falls Crystal noch nichts wusst e, würde sie es bald erfahren, denn ein weiterer Grund für seine Heimkunft war neben dem Wunsch, seinen Vater zu sehen, sein Vorhaben, reinen Tisch mit Crystal zu machen. Besser jetzt als nach dem Krieg. Er wollte Crystal Zeit geben, sich mit seinem Standpunkt vertraut zu machen. Wenn er dann nach dem Krieg zurückkehren würde, stände einer sofortigen Eheschließung nichts mehr im Wege.
Bradford bog
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