Sündige Rache
hinsichtlich der Morde finden sich in den Berichten. Ich habe bisher noch keinen Haftbefehl und noch keine Durchführung eines DNA-Tests beantragt, werde das aber, wenn der Verdächtige nicht freiwillig zur Vernehmung mitkommt, umgehend tun. Peabody und ich werden ihn nach dieser Besprechung ohne großes Aufhebens zu Hause abholen.«
»Die Wahrscheinlichkeit, dass er der Täter ist, ist relativ gering«, stellte Feeney nach einem Blick in seine Akte stirnrunzelnd fest.
»Wenn man die emotionale Seite dieser Fälle sieht, wird sie höher. Vor allem bin ich sicher, dass seine DNA identisch ist mit der des Fingernagelstücks, das neben dem toten Bayliss gefunden worden ist. Da Sergeant Clooney schon seit Jahren bei der Truppe ist, sich im Dienst stets vorbildlich verhalten hat, sowie aufgrund des emotionalen Stresses, unter dem er steht, würde ich ihn gern persönlich hierher auf die Wache holen und ihn dazu überreden, dass er freiwillig gesteht. Dr. Mira steht bereit, um ihn psychologisch zu betreuen und gegebenenfalls ein Gutachten zu erstellen.«
»Die Medien werden total aus dem Häuschen sein«, meinte McNab, und Eve nickte ihm zu.
»Wir können und werden die Medien beeinflussen.« Sie hatte bereits beschlossen, Nadine Furst zu kontaktieren, damit diese die Sache in die Hand nahm. »Ein altgedienter Polizeibeamter mit einer lupenreinen Personalakte, dessen Sohn – dessen einziger Sohn – in seine Fußstapfen getreten ist. Es ist der ganze Stolz seines Vaters, dass der Sohn so eifrig seinen Dienst versieht. Und aufgrund dieses Eifers, und weil er den Eid, den er geleistet hat, anders als einige seiner Kollegen – für die Öffentlichkeit sollten wir es bei einigen belassen –, stets in Ehren hält, wird der Sohn ermordet.«
»Was noch bewiesen werden müsste -«, setzte Feeney an.
»Das brauchen wir nicht zu beweisen«, fiel ihm Eve ins Wort. »Wir brauchen es nur zu behaupten, damit alle Welt es glaubt. Ricker«, fuhr sie fort, »steckt hinter dieser ganzen Sache. Davon bin ich überzeugt. Und was noch wichtiger ist, auch Clooney ist sich völlig sicher, dass er der Drahtzieher des Ganzen war. Sein Sohn war sauber und wollte sauber bleiben. Er hatte es auf diese Art bereits bis zum Detective gebracht. Er war nicht käuflich. Aufgrund von Martinez' Notizen weiß ich, dass er bereits in einem frühen Stadium in die Operation gegen Ricker eingebunden war. Er war dort keine der ganz großen Nummern, aber er war ein guter Polizist. Sohn eines Polizisten. Also stellt euch Folgendes vor«, bat sie die Kollegen und nahm auf der Kante des Konferenztischs Platz.
»Er ist sauber, er ist jung, er ist ehrgeizig, und er ist smart. Die Ermittlungsgruppe gegen Ricker ist für ihn ein gutes Sprungbrett, das er nach Kräften nutzen will. Er stellt Nachforschungen an und lässt nicht locker. Rickers Leute bei der Truppe machen deshalb Meldung. Sein Eifer macht sie nervös. Also beschließt Ricker, ein Exempel zu statuieren. Eines Abends hält der gute Bulle vor dem Supermarkt in der Nähe seines Hauses. Das macht er fast regelmäßig, wenn er nach der Schicht nach Hause fährt. Als er an diesem Abend aus dem Wagen steigt, merkt er, dass der Laden gerade überfallen werden soll. Schaut euch den Bericht an: Der Laden ist weder vorher noch nachher jemals überfallen worden, aber an jenem Abend tauchen genau zur rechten Zeit irgendwelche bewaffneten Typen vor dem Eingang auf. Der gute Bulle versucht einzugreifen und wird dabei getötet. Der Besitzer des Ladens ruft verzweifelt bei der Polizei und bei der Rettungsleitstelle an, aber es dauert volle zehn Minuten, bis der erste Streifenwagen kommt. Und aufgrund von einer angeblichen technischen Panne sogar noch zehn Minuten länger, bis endlich auch der Krankenwagen erscheint. Währenddessen liegt der Junge auf dem Bürgersteig und verblutet. Abgeschlachtet wie ein Opferlamm.«
Sie wartete einen Moment, da sie sicher wusste, dass die anderen im Raum die Szene genauso deutlich vor sich sahen wie sie selbst. »Der Streifenwagen war mit zwei Polizisten besetzt, deren Namen auf der Liste stehen, die Vernon mir heute Morgen gegeben hat. Beide wurden von Ricker bezahlt. Sie haben ihn einfach sterben lassen, obwohl er einer von ihnen war. Denn Ricker hatte ihnen durch sein Vorgehen deutlich zu verstehen gegeben, was passierte, wenn man ihm auf irgendeine Weise in die Quere kam.«
»Okay, so könnte es gewesen sein«, stimmte ihr Feeney zu. »Aber falls Clooney zu demselben Schluss
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