Sündige Rache
herumgelaufen und hat alles kurz und klein geschlagen, was ihm in den Weg gekommen ist. Hat eine regelrechte Orgie oder vielleicht auch ein Freudenfest daraus gemacht. Trotzdem geht er weiter planvoll vor. Er wirft den Schläger zu Kohli hinter die Bar. Wie um uns zu sagen, hier hat alles angefangen, so habe ich es gemacht. Dann nimmt er die Disketten aus den Kameras und geht.«
»Weißt du, was man braucht, um sich solche Dinge derart lebhaft vorzustellen, Lieutenant? Mut. Ein erstaunliches Maß an Mut.«
»Ich tue nur, was getan werden muss.«
»Nein.« Roarke nahm ihre kalte Hand. »Du tust wesentlich mehr.«
Sie entzog ihm ihre Hand, denn es war ihr peinlich, dass sie derart fror. »Bisher ist das alles bloße Theorie.«
»Aber eine wirklich gute. Du hast dafür gesorgt, dass ich es bildlich vor mir gesehen habe. Das Blut auf seinem Ausweis. Wenn du Recht hast und es etwas zu bedeuten hat, wurde er wahrscheinlich umgebracht, weil er Polizist war.«
»Ja. Darauf läuft es möglicherweise hinaus.«
Als plötzlich die Tür geöffnet wurde, drehte sie den Kopf.
Obwohl er größer und vor allem deutlich fetter war, als sie aufgrund des Bildes auf dem Bildschirm ihres Handys angenommen hatte, erkannte sie Lieutenant Mills sofort.
Scheint die bei uns angebotenen Sportprogramme nicht zu nutzen, dachte sie, und gibt den Zuschuss, den wir für Gesundheitsmaßnahmen erhalten, offensichtlich lieber für etwas anderes aus.
Die Frau neben ihm war klein und schlank und wirkte ihm Gegensatz zu ihm drahtig und durchtrainiert. Ihre Haut hatte den olivefarbenen Teint, der Eve stets an sonnig-heiße Länder denken ließ. Ihr schimmernd schwarzes Haar trug sie in einem langen, glatten Pferdeschwanz, und in ihren fast genauso dunklen Augen blitzte eine wache Intelligenz.
Im Vergleich zu ihr nahm sich Mills wie ein überfütterter, ungepflegter Straßenköter aus.
»Wir hatten schon gehört, dass es schlimm gewesen ist.« Martinez' Stimme hatte einen nüchternen und zugleich etwas exotischen Klang. »Aber so schlimm habe ich es mir nicht vorgestellt.« Sie schaute erst Roarke und dann Eve an und meinte: »Sie müssen Lieutenant Dallas sein.«
»Stimmt.« Eve trat auf die beiden zu. »Danke, dass Sie gekommen sind. Die Zivilperson hier ist der Eigentümer des Lokals.«
Mills grüßte sie mit einem knappen Nicken und stapfte zur Bar. Er hatte die Behäbigkeit eines Bären, der zu viel gefressen hatte, dachte Eve. »Und hier hat es ihn erwischt? Beschissene Art zu sterben.«
»Die meisten Arten sind beschissen.« Martinez blickte Richtung Tür und trommelte dabei für Eves Geschmack etwas zu schnell mit ihren Fingern auf dem Griff ihres Stunners herum.
»Meine Assistentin«, meinte Eve, als Peabody eintrat. »Officer Peabody, Detective Martinez und Lieutenant Mills.« Unauffällig tippte sie mit einem Finger auf den Aufschlag ihrer Jacke und ging Martinez zum Tresen hinterher.
Peabody, die das Signal erkannte, klemmte sich ihren Rekorder an und schaltete ihn unauffällig ein.
»Wie lange haben Sie Kohli gekannt?«, fragte Eve.
»Ich? Seit ein paar Jahren. Ich habe von Brooklyn auf das Hundertachtundzwanzigste gewechselt.« Sie starrte auf das Durcheinander, das der Mörder verursacht hatte. »Der Lieutenant kannte ihn schon länger.«
»Ja, seit er bei uns angefangen hat. War immer blank geputzt und hat sich genau an die Vorschriften gehalten. War eine Zeit beim Militär und hat das Verhalten von dort mitgebracht. Hat sich allerdings auch nicht gerade umgebracht bei uns.«
»Also bitte, Mills«, murmelte Martinez erbost. »Wir stehen hier in seinem gottverdammten Blut.«
»He, ich sage nur, wie es gewesen ist. Der Typ hat seine Schicht erledigt und sich dann sofort verdrückt. Wäre nie eine Minute länger geblieben ohne direkte Anweisung der Chefin. Aber, wenn er da war, hat er seine Arbeit ordentlich ausgeführt.«
»Weshalb wurde er für die Sonderkommission Ricker ausgewählt?«
»Martinez wollte ihn dabeihaben.« Mills schüttelte angesichts des Scherbenhaufens hinter der Theke verständnislos den Kopf. »Er wäre der Letzte gewesen, von dem ich angenommen hätte, dass es ihn mal auf diese Art erwischt. Ich wäre jede Wette eingegangen, dass er seine fünfundzwanzig Jahre bei uns absitzt und dann als Rentner Vogelhäuser baut oder sonst so einen Scheiß.«
»Ich hatte darum gebeten, dass man ihn uns zuteilt«, bestätigte Martinez und wandte sich in einer Art von ihrem Kollegen ab, die Eve verriet, dass er
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