Sündige Rache
Nancie zu mir sagen.«
»Also gut, Nancie, Sie haben letzte Nacht gearbeitet. War auch eine Tänzerin namens Mitzie dort?«
»Aber sicher. Wir haben fast regelmäßig dieselbe Schicht, nur, dass sie gestern etwas früher heimgefahren ist. Wissen Sie, sie hatte einen Durchhänger, weil dieses Arschloch – verzeihen Sie meine Ausdrucksweise – von Freund sie wegen irgendeiner Stewardess sitzen gelassen hat. Sie hat heulend in der Garderobe rumgesessen, weil, tja, er war die große Liebe ihres Lebens und sie dachte, sie würden heiraten und ein Haus in Queens kaufen und so. Oder vielleicht in Brooklyn, das weiß ich nicht mehr so genau, und dann -«
»Miss Gaynor.«
»Ich schätze, das ist nicht so wichtig, oder?«, fragte Nancie. »Tja, auf jeden Fall hat Rue sie heimgefahren.
Rue ist wirklich nett. Sie kümmert sich um uns. Sie hat früher einmal selbst als Tänzerin begonnen. Ich sollte Mitzie schnell anrufen und fragen, ob es ihr inzwischen besser geht.«
»Ich bin sicher, darüber würde sie sich freuen.« Selbst wenn die Unmenge der Plapperei nicht unbedingt geordnet war, wurde durch sie doch Rue Mac-Leans Alibi bestätigt, dachte Eve. »Erzählen Sie mir doch mal, wann Sie Taj zum letzten Mal gesehen haben«, bat sie.
»Okay.« Nancie lehnte sich wieder zurück, rutschte mit ihrem hübschen Hinterteil auf dem Kissenberg herum und faltete wie ein braves Schulmädchen die Hände ordentlich im Schoß. »Ich hatte gestern Nacht zwei Soloauftritte, zwei zusammen mit den anderen und drei Privataufführungen, hatte also ziemlich viel zu tun. In meiner ersten Pause habe ich Taj ein Hühnchensandwich essen sehen. Ich habe gesagt: ›He, Taj, das sieht zum Anbeißen aus‹, Sie wissen schon, das war als Scherz gemeint, denn schließlich ist ein Sandwich dazu da, dass man hineinbeißt, oder etwa nicht?«
»Ha«, brachte Eve mühsam heraus.
»Also hat er gelacht und gesagt, das stimmt, und dass seine Frau das Brot für ihn gemacht hat. Ich habe mir eine Kirsch-Schorle geholt und gesagt, wir sähen uns sicher später noch einmal, denn ich musste mich umziehen.«
»Haben Sie sonst noch über irgendwas geredet?«
»Nein, nur über sein Brot. Dann bin ich zurück in die Garderobe, und dort war der Teufel los. Eins der Mädchen, Dottie, konnte ihre rote Perücke nicht finden, und wie ich Ihnen schon erzählt habe, saß Mitzie heulend -«
»Ja, über Mitzie wissen wir Bescheid.«
»Äh, ja. Eins der anderen Mädchen, ich glaube, Charmaine, hat zu Mitzie gesagt, sie solle froh sein, dass sie diesen Typen endlich los ist, worauf Mitzies Heulen noch schlimmer geworden ist, weshalb Wilhimena, die früher mal ein Mann war, sich dann aber zu einer Geschlechtsumwandlung entschlossen hat, gesagt hat, dass sie endlich die Klappe halten soll. Ich meine, Charmaine, nicht Mitzie. Und alle rannten wild herum, weil als Nächstes ein Gruppentanz dran war. Also sind wir auf die Bühne, und danach, nach dem gemeinsamen Auftritt, habe ich einen Privatauftritt gehabt. Ich habe Taj hinter der Bar gesehen und ihm gewinkt.«
Gleich würden ihre Ohren anfangen zu klingeln, davon war Eve überzeugt. »Hat er sich mit jemand Besonderem unterhalten?«
»Wenn, dann ist mir das nicht aufgefallen. Er hat, wenn er hinter der Theke stand, nur sehr wenig gesprochen, aber auf seine ruhige Art dafür gesorgt, dass jeder sofort sein Getränk bekam. Ich habe also diesen Privattanz für diesen Geschäftsmann aus Toledo aufgeführt. Er meinte, es wäre sein Geburtstag, aber manchmal sagen sie so etwas nur, weil sie hoffen, dass man dann ein bisschen weiter geht, aber Rue will nicht, dass eine von uns Tänzerinnen wo was macht, wenn sie keine Lizenz dafür besitzt. Er hat mir trotzdem einen Hunderter als Trinkgeld gegeben, und dann hatte ich eine Nummer auf dem Spinner, das heißt, auf der Bühne, die sich dreht. Ich kann mich nicht erinnern, ob ich Taj während der Arbeitszeit noch mal gesehen habe, denn es war ziemlich voll. Aber gegen Ende, als es leerer wurde, habe ich, weil ich total aufgedreht war, noch eine Kirsch-Schorle bei ihm bestellt und mich kurz zu ihm an die Bar gesetzt.«
Sie holte Luft und Eve öffnete den Mund, doch die Tänzerin war schneller und fuhr unbekümmert fort: »Oh, und Viney war krank. Hm, Nester Vine. Wir Mädchen nennen ihn Viney, Weinrebe, weil er so lang und dünn ist. Ist es nicht witzig, dass manche Leute von ihrem Aussehen her genau zu ihren Namen passen? Tja, er war also total bleich, hat fürchterlich geschwitzt
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