Sündige Sommernächte - Kent, A: Sündige Sommernächte
nichts. „Hast du mich nie angesprochen, weil du nicht interessiert warst? Oder hast du gedacht, ich würde nicht mit dir reden?“
„Warum willst du das wissen?“ Er kippte den Kaffeesatz aus.
Cardin beobachtete, wie die Tropfen in der Erde versickerten. „Aus reiner Neugier.“
„Das glaube ich nicht.“
„Was?“
Diesmal sah er sie mit einem sanften Ausdruck in den Augen an. „Ich glaube, es ist nicht bloß Neugier.“
„Was denn sonst? Du warst zwar älter als ich, aber wir hatten teilweise dieselben Bekannten, auch wenn wir nicht in dieselbe Klasse gingen. Deshalb waren wir auch beide auf Taters Party.“
Er presste die Lippen zusammen. „Das wird mir noch ewig nachhängen, was?“
„Wieso dir? Schließlich habe ich den peinlichen Fehler gemacht und die Tür zum Schlafzimmer geöffnet.“
„War es dir wirklich peinlich?“
Sie errötete. „Ja, und ich fand es gleichzeitig faszinierend.“
„Habe ich den Voyeur in dir geweckt?“
Sie hielt ihren Becher mit beiden Händen und schaute auf den Inhalt, um Treys Blick nicht zu begegnen. „Es hatte weniger mit Sex zu tun. Ich meine, natürlich hatte es das. Ich hatte nur noch nie … zugesehen.“
„Gefiel es dir, zuzusehen?“, fragte er mit rauer Stimme und atmete ein wenig schneller, aufgeregter.
Ihre Kehle war wie zugeschnürt, sie hörte, wie ihr Herz pochte. „Es gefiel mir, dein Gesicht dabei zu betrachten, deine Augen … und die Art, wie du michangesehen hast, während … es passierte. Wir hatten noch nie miteinander gesprochen, aber ich hatte Sachen über dich gehört. Mädchengerede, du weißt schon. Aber das war alles aus zweiter Hand.“
„Und dann hast du mich und meinen Freund persönlich kennengelernt.“
Er brachte sie zum Lächeln und nahm ihr mit seiner Bemerkung die Verlegenheit. „Ich mag deinen Freund. Ich verstehe nur nicht, warum du mich ausgerechnet in diesem Moment an die Wand des Schlafzimmers gedrückt hast. Zwischen uns war vorher nie etwas gewesen und nachher auch nicht. Du hast die Stadt verlassen, ich arbeitete bei Headlights. Und jetzt das hier. Wir reden die ganze Zeit und schlafen miteinander. Findest du das nicht seltsam?“
„Nein, ich finde es nicht seltsam. Ich glaube, wir hätten uns damals auf der Schule genauso gut verstanden, wenn wir es miteinander versucht hätten.“
„Warum haben wir es nicht versucht?“ Aber sie wusste, warum. Allein der Gedanke an ihn hatte sie damals bereits eingeschüchtert, weil er älter, erfahrener und einfach tabu war.
Trey lachte leise. „Ich hatte einem Mädchen wie dir nichts zu bieten.“
„Was soll das denn heißen – einem Mädchen wie mir?“
„Eines mit dem Nachnamen Worth.“
„Das hört sich ja an, als kämen wir aus verschiedenen Milieus. Dabei gibt es die in Dahlia gar nicht.“
„Deine Familie ist alteingesessen …“
„Ach, ich bitte dich. Wir sind genau wie alle anderen auch“, versicherte sie ihm.
„Meine Mutter hat uns ohne ein Wort des Abschieds verlassen, und mein Vater war nur Mechaniker.“
„Und mein Vater ist Koch. Also?“
„Ein Koch in einem gastronomischen Familienbetrieb, der seit über vierzig Jahren ein Wahrzeichen der Gegend ist.“ Er sah die lange gekieste Auffahrt hinunter. „Wenn man jung ist, gerade aus der Highschool kommt und sein Geld an der Tankstelle verdient, indem man Windschutzscheiben reinigt und Ölwechsel vornimmt, während es ständig Worth hier und Worth da heißt …“
„Du übertreibst.“
„Nicht sehr. Du musst doch selbst wissen, wie angesehen deine Familie in Dahlia ist.“
„Wie du schon sagst, wir sind eine alteingesessene Familie, aber das ist auch schon alles.“
„Für dich vielleicht. Doch für einen Achtzehnjährigen, der jedes Mal eine Gänsehaut bekommt, sobald er dich im Schulflur sieht … Na ja, ich dachte, ich binnicht gut genug für dich.“
„Du lieber Himmel, Trey. Sag mir, dass du das nicht wirklich geglaubt hast.“
„Doch, das habe ich. Ich war jung und unerfahren.“
„Und ein Idiot. Ich weiß nicht, ob ich dich schütteln oder anschreien soll“, sagte sie.
„Warum küsst du mich stattdessen nicht lieber?“ Mit diesen Worten zog er sie an sich.
6. KAPITEL
Erst als Eddie am Montagmorgen die Küche betrat, wurde ihm klar, dass Cardin die Nacht nicht zu Hause verbracht hatte.
Seit sie wieder bei ihnen eingezogen war und Delta ihr Apartment übernommen hatte, kam Cardin jeden Abend vor dem Schlafengehen auf ein Glas Kakao herunter. Und jeden Tag,
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