Sündige Spiele
aufgehoben, doch noch immer ragte Absperrband über die Straße.
Während der Motor verstummte, verschwamm der Anblick meines Juwelierladens unter meinen Tränen.
Bei Tag sah es noch schlimmer aus. Aus der geschwärzten Fassade blickten die Fenster wie die Augen eines verkohlten Totenschädels. Mein Firmenschild war vollkommen unkenntlich, Glassplitter glitzerten auf dem Gehsteig. Wahrscheinlich würde ich auch noch für die Reinigung aufkommen müssen. Da es in dem Haus ohnehin nichts mehr zu holen gab, hatte man darauf verzichtet, Fenster und Türen abzudichten. Der Spaß war mir überlassen.
Damit nicht irgendwer auf die Idee kam, meinen Safe zu knacken, beschloss ich, kurz hinaufzugehen und alles, was dort noch an wertvollen Dingen herumlag, an mich zu nehmen. Vielleicht konnte ich den Auftrag für Hansen ja doch noch ausführen und mir damit immerhin ein kleines Startkapital für einen Neuanfang schaffen.
Der nach wie vor vorhandene beißende Brandgeruch verstärkte das Tränen meiner Augen noch, als ich die Treppe hinaufstieg. Die Stufen knarrten, aber ich beruhigte mich damit, dass der Polizist gesagt hatte, das Haus sei nicht einsturzgefährdet.
Oben angekommen, bahnte ich meinen Weg durch die angekokelten Kisten bis zum Wandtresor. Die Flammen hatten darübergeleckt, aber nicht mehr als einen breiten schwarzen Streifen hinterlassen, den ich jetzt mit den Fingern abwischte.
Die Kombination war glücklicherweise nicht so einfach, dass jeder darauf kam, nachdem er ein paarmal an den Rädchen gedreht hatte.
Ich entnahm dem Safe zwei kleine Gold- und einen Silberbarren, außerdem ein Stückchen Platin, das ich dort für alle Fälle gelagert hatte, sowie einige Drähte aus Gold und Silber. Mehr enthielt er nicht.
Ich lachte wütend auf, als mir einfiel, dass es eine gute Idee gewesen wäre, auch den Schmuck nachts in den Safe zu stecken. Nur wozu hätte ich mir dann diese sündhaft teure Alarmanlage zulegen sollen?
Wegen der Versicherung, hallte mir die Antwort sogleich durch den Sinn. Nur wegen der Versicherung.
Als ich wieder in meinen Wagen einsteigen wollte, erblickte ich eine Gestalt, die ich in diesem Augenblick überhaupt nicht sehen wollte: Hans Friedrichs. Offenbar wollte er sich vergewissern, ob die Verbrecher, die er angestiftet hatte, auch ganze Arbeit geleistet hatten.
Ich ließ meine rechte Hand schon in die Tasche gleiten, um mit dem Goldbarren zu ihm hinüberzulaufen und ihm eins damit überzuziehen.
Da bemerkte er mich und machte sogleich auf dem Absatz kehrt. So ein Feigling!
Nachdem ich ihm noch einen stummen Fluch hinterhergeschickt hatte, schwang ich mich in meinen Wagen und ließ den Motor an. Während ich langsam die Straße hinunterfuhr, konnte ich beobachten, wie Friedrichs’ Schritte immer schneller wurden. Offenbar plagte ihn doch das schlechte Gewissen. Oder fürchtete er gar, dass ich mit meinem Wagen hinter ihm herjagte?
Leider fiel mir erst viel zu spät ein, dass ich seine Vorstellung hätte filmen sollen. Der Kommissar hätte das womöglich recht aufschlussreich gefunden.
Als ich nach meinem Handy greifen wollte, war er bereits im Eingang seines Ladens verschwunden – seines unversehrten Ladens!
Bevor die Wut darüber mich zu einer Dummheit verleiten konnte, bog ich schnell ab. Dabei fiel mir eine dunkelhaarige Frau in einem grauen Kurztrenchcoat ins Auge, die gerade die Straße entlangeilte.
Das war Mona Heinrich, meine Verkäuferin!
Todesmutig bugsierte ich den Wagen in eine eigentlich viel zu enge Parklücke, stellte den Motor ab und kurbelte die Scheibe auf der Beifahrerseite herunter.
»Mona!«, rief ich ihr zu, bevor sie in die Straße einbiegen und vom Schrecken überrumpelt werden konnte.
Sie starrte mich entgeistert an. »Frau Kucziewski!«
In all den Jahren hatte ich sie nicht dazu bekommen können, mich Maya zu nennen.
Ich stieg aus und ging ihr ein Stück entgegen. »Sie brauchen den Laden heute nicht aufzuschließen«, sagte ich, nachdem ich sie begrüßt hatte.
Jetzt wurde ihr Blick noch entsetzter. »Bin ich gefeuert?«
»Nein, wo denken Sie hin!«, beeilte ich mich zu sagen, obwohl es sicher eine Weile dauern würde, bis der Laden wieder lief und sie zu tun bekam. »Es hat in der vergangenen Nacht gebrannt.«
Bei der Nachricht wurde sie kreidebleich. Nur wie hätte ich es ihr schonend beibringen sollen? Feuer ist Feuer, und der verheerende Anblick des Ladens hätte sicher auch nicht viel beruhigender auf sie gewirkt. »Um Gottes
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