Suendiger Hauch
Holzdielen ausgelegt war. An den Fenstern hingen geraffte Musselinvorhänge, und an einer Wand stand eine Kommode aus Holz, darauf eine blaue Porzellanschüssel mit Krug, beide mit Weidenmuster verziert. Sie ließ ihre Hand über die leuchtend blaue Tagesdecke des Bettes gleiten, dann sah sie an ihrem Nachthemd hinab und erkannte, dass der Ärmel nicht mehr so schmutzig war wie in ihrer Erinnerung. Es war makellos sauber und hatte kein rotes Band um den Ausschnitt, das diejenige, die es trug, aussehen ließ, als sei sie blutüberströmt.
Wo auch immer sie sich befand, es war auf jeden Fall nicht das St. Bart’s, dachte sie voller Erleichterung. Stirnrunzelnd versuchte Kathryn, sämtliche Teile wieder zusammenzusetzen, die sich in ihrer Erinnerung formten. Ihr Kopf schmerzte erbärmlich, und sie fühlte sich merkwürdig schwammig und unfähig, sich zu konzentrieren. Ihre Zunge schien wie ein Klumpen in ihrem Mund zu stecken, und in ihrem Magen hatte sich ein flaues Gefühl breit gemacht.
Sie versuchte, ihre Gedanken zu sammeln, während sie sich langsam wieder daran erinnern konnte, dass sie auf einem Pferd geritten und schließlich in die starken Arme eines Mannes gehoben worden war. Lucien! Plötzlich war das Bild vor ihren Augen glasklar, und sie fühlte ein leichtes Ziehen in der Brust. Lucien hatte sie geholt. Er hatte sie hierher in Sicherheit gebracht. Ganz sicher war er irgendwo in der Nähe.
Sie ignorierte das Hämmern in ihrem Kopf und schwang die Beine aus dem Bett. Doch plötzlich begann sich alles um sie herum zu drehen. Sie blieb einen Augenblick lang auf der Bettkante sitzen und versuchte, das schlingernde Gefühl in den Griff zu bekommen. Ihre Glieder schienen tonnenschwer, und sie zitterte. Es kostete sie einige Anstrengung, doch schließlich schaffte sie es, aufzustehen, und trat hinter den Wandschirm, um sich zu erleichtern, während sie sich sicherheitshalber an der Wand abstützte.
Als sie fertig war, schüttete sie Wasser in die Schüssel auf der Kommode und wusch sich so gut es ging. Ihr Haar war sauber und zu einem Zopf geflochten. Sie fragte sich, wer ihr wohl bei ihrem Bad behilflich gewesen war.
Sie hob den Türriegel und trat hinaus auf den Flur, der den Blick auf den einzelnen gemütlichen Raum im unteren Stockwerk freigab. Lucien stand vor einem ausladenden Steinherd und hatte sich über einen schweren Eisentopf gebeugt, in dem er etwas umrührte.
Ein Geräusch ließ ihn den Kopf heben, und sein Blick fiel auf sie. »Kathryn!« Er kam sofort die Treppe heraufgerannt und legte einen Arm um ihre Taille, um sie zu stützen.
»Sie sollten noch nicht aufstehen. Sie sind noch zu schwach.«
Ihre Augen glitten über sein Gesicht, und sie bemerkte seine Besorgnis. »Sie sind gekommen und haben mich von diesem schrecklichen Ort fortgeholt.«
Ihre Blicke trafen sich, und er sah sie abwägend an. »Erinnern Sie sich daran, was heute Nacht passiert ist?«
»Kaum, nur bruchstückhaft.«
Die Spannung schien ein wenig von ihm abzufallen. Er lächelte, was sein Gesicht weniger hart aussehen ließ. »Ich musste kommen. Sie waren schon viel zu lange dort.« Er hob ihre Hand und drückte einen Kuss auf die Handfläche. Ein warmer Schauder rieselte an ihrem Arm entlang. »Meine stets geschätzten Aufgaben warten auf mich.«
Sie legte die Stirn in Falten und versuchte sich zu erinnern, von wem dieses Zitat stammte, doch ihre Gedanken wirbelten noch immer wild durcheinander. »Ich kenne es, aber irgendwie ist alles noch so verschwommen in meinem Kopf.«
Lucien drückte sanft ihre Hand. »Shakespeare. Sie werden sich bestimmt bald wieder daran erinnern.«
»Bald? Was ist mit mir geschehen, Lucien? Was haben sie mit mir gemacht?« Ein erneuter Anflug von Schwindel überkam sie, und sie biss auf ihre Unterlippe. Mit einer raschen Bewegung legte sich Luciens Hand stützend um ihre Taille. »Sie haben mir etwas gegeben. Jetzt erinnere ich mich. Zuerst wollte ich es nicht nehmen, doch nach einer Weile war es mir egal. Auf seltsame Weise begann ich es sogar zu mögen, dieses Gefühl.«
Er schob einen Arm unter ihre Knie, hob sie hoch und trug sie zurück ins Bett. »Es war eine Droge. Doch bald werden Sie nichts mehr davon spüren.«
»Welche Droge war das?«
»Opium. Kennen Sie es?«
Sie zog die Augenbrauen zusammen. »Es wird manchmal zur Linderung von Schmerzen eingesetzt. Das hätte ich mir denken können. Hätte ich es gewusst, hätte ich mich zur Wehr gesetzt.«
»Sie waren nicht bei klarem
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