Suendiger Hauch
auf ihren Wangen lag wieder eine gesunde Röte. »Ich werde es dem Marquis nie vergessen, was er für mich getan hat.«
Und mein Neffe wird dich auch nicht so leicht vergessen können, dachte Winnie, während sie sich an seine entschlossenen Versuche, ihr zu helfen, und seine Sorge um sie erinnerte, die er kaum hatte verbergen können. Er war immer ein fürsorglicher Mann gewesen und hatte sich seinen Freunden gegenüber stets loyal gezeigt, doch so wie im Moment hatte Winnie ihn noch nie erlebt.
Im Wohnraum der gemütlichen Hütte deutete Kathryn auf das Sofa, das vor dem Herd stand.
»Seit er ins Schloss zurückgekehrt ist, steht Lucien in ständiger Verbindung mit seinem Rechtsberater«, berichtete Winnie. »Nathaniel Whitney ist ein ausgesprochen kompetenter Mann.«
»Kennst du ihn?«
Winnie fühlte, wie sich eine unerwartete Wärme auf ihren Wangen ausbreitete. »Wir haben uns häufiger gesehen, als ich noch jünger war. Ich hatte ihn seit Jahren nicht mehr getroffen, doch letzte Woche kam er wegen deiner Vormundschaft ins Schloss.« Und er hatte noch immer so gut ausgesehen wie früher. Vielleicht sogar noch besser, nun, da er seine frühere Schlaksigkeit abgelegt hatte und die silbrigen Strähnen in seinem Haar ihm ausgezeichnet zu Gesicht standen. Von seiner Schüchternheit als junger Mann war heute nichts mehr zu spüren, und er hatte sich zu einem starken, kompetenten und zweifelsfrei attraktiven Mann entwickelt.
Vielleicht war es sein Äußeres gewesen, das ihre Aufmerksamkeit geweckt hatte, so als sei sie selbst noch immer eine anziehende, begehrenswerte Frau. Dieses Verhalten an ihr erfüllte sie mit Besorgnis, zumal Nat ein verheirateter Mann war.
»Setz dich und mach es dir bequem, Tante Winnie. Ich bereite uns einen Tee zu.« Kathryn griff nach dem großen Kessel mit kochendem Wasser, der über dem Herd hing, und füllte es in eine Teekanne. »In der Zwischenzeit kannst du mir etwas über die Fortschritte erzählen, die die Männer machen.«
Winnie seufzte. »Ich fürchte, da gibt es nicht allzu viel zu erzählen. Bislang scheint kein legaler Weg in Frage zu kommen, und wenn sie glauben, einen Weg entdeckt zu haben, dann ist er plötzlich trotzdem blockiert. Dein Onkel ist ein einflussreicher Mann.«
Ein Schauder lief durch Kathryns schlanken Körper, obwohl es warm und gemütlich im Zimmer war. Sie gab eine Hand voll Teeblätter in die Porzellankanne und setzte den Deckel wieder darauf, um den Tee eine Weile ziehen zu lassen.
»Mein Vater hat ihm mein Geld treuhänderisch übertragen, und es handelt sich um eine beträchtliche Summe. Hat Lord Litchfield irgendeine Idee, was wir tun könnten?«
Winnie lehnte sich ein wenig vor und nahm die Tasse mit der dampfenden Flüssigkeit entgegen, die Kathryn ihr reichte. »Er ist ziemlich verzweifelt, kann ich dir sagen. Trotzdem wird er nicht aufgeben.«
Seufzend setzte Kathryn sich, die Teetasse auf dem Schoß, auf das Sofa neben Winnie. »Ich fühle mich so überflüssig. Ich kann doch nicht einfach nur dastehen und tatenlos Zusehen. Außerdem kann ich hier nicht bleiben. Früher oder später wird mein Onkel mich ausfindig machen. Und sobald er ...« Kathryn beendete ihren Satz nicht, stattdessen starrte sie mit düsterer Miene ins Feuer.
Winnie sah sie mitfühlend an. Sie wollte nicht einmal daran denken, welche entsetzlichen Dinge sie während ihres Aufenthaltes in St. Bart’s hatte erleiden müssen. Doch Lucien hatte ihr von dem berichtet, was er dort gesehen hatte, und das allein war schon mehr als genug für sie. Winnie stellte ihre Tasse auf dem Tisch vor dem Sofa ab und griff nach Kathryns Hand. »Lass den Kopf nicht hängen, mein Liebes. Der Marquis wird einen Weg finden, dir zu helfen. Er wird nicht ruhen, bis ihm etwas eingefallen ist.«
Kathryn zwang sich zu einem Lächeln, doch plötzlich wurde sie blass. »Du kannst dir nicht vorstellen, wie es dort war. Ich werde nie wieder dorthin zurückgehen - niemals im Leben. Ich würde alles dafür tun - alles, hörst du -, um mich davor zu schützen.«
Winnie drückte beruhigend ihre Hand. »Lucien wird einen Weg finden«, sagte sie entschlossen. Doch so gerne sie es auch glauben wollte, sie war sich alles andere als sicher.
9
Kathryn sah sich in ihrem kleinen Heim um, um sicherzugehen, dass alles zu ihrer Zufriedenheit für die Ankunft ihres Besuchers vorbereitet war. An diesem Morgen hatte Bennie ihr die Nachricht überbracht, dass Lucien sie zum Abendessen besuchen würde. Es war das
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