Suendiger Hauch
erste Mal, dass sie ihn sah, seit jenem Tag, an dem er nach Hause zurückgekehrt war.
Kathryn lehnte sich über den Herd und hob den schweren Eisendeckel des Kessels, der über dem Feuer hing. Die Dienstmagd, die Lucien ihr geschickt hatte, ein Mädchen namens Fanny Pendergass, war die Tochter der Hauswirtschafterin. Sie hatte ein einfaches Mahl aus Lammeintopf, Obst, Käse und frisch gebackenem Brot für diesen Abend vorbereitet.
Fannie blieb bei der Familie von Bennie in einem kleinen Häuschen in den Wäldern unweit der Hütte und würde am nächsten Morgen zurückkehren.
Obwohl es unziemlich war, sich allein mit dem Marquis zu treffen, hatte Kathryn dem Mädchen für diesen Abend freigegeben und sie frühzeitig aus dem Haus geschickt. Ihr Ansehen war ohnehin an dem Tag ruiniert gewesen, als sie ins St. Bart’s eingewiesen wurde. Und sollte noch ein letzter Rest vorhanden gewesen sein, dann war dieser an jenem Abend verloren gegangen, als Lucien ihr beim Baden geholfen hatte.
Wie immer begann Kathryns Gesicht beim Gedanken an diesen Abend zu glühen, und etwas tief in ihrem Inneren brachte ihren Magen zum Flattern. Sie versuchte sich selbst davon zu überzeugen, dass es nichts war als die Vorfreude auf ihren Besucher nach so vielen Problemen und Einschränkungen, auch wenn sie wusste, dass dies nicht der Wahrheit entsprach. Obwohl Tante Winnie hier gewesen war und sie mit der Duchess of Carlyle, die ihr einen unerwarteten Besuch abgestattet hatte, einen angeregten Nachmittag genossen hatte, hatte ihr dennoch die Gegenwart des Marquis mehr gefehlt, als sie zugeben wollte.
Es war Litchfield, den sie unbedingt sehen wollte, und, so sehr sie sich auch dagegen wehrte, sie konnte ihre Aufregung über seine baldige Ankunft kaum verbergen. Sie wollte so gut aussehen wie möglich, deshalb entschied sie sich für ein einfaches Kleid aus zartgelber Wolle, das über einem gesteppten Unterkleid drapiert war. Sie flocht ihr Haar zu einem Kranz auf dem Kopf und kniff sich in die Wangen, um ihnen ein wenig Farbe zu verleihen, während sie sich wehmütig die Tage in Erinnerung rief, als sie noch ein Töpfchen Rouge besessen hatte.
Sie schob eine Strähne ihres dunklen Haars an den richtigen Platz, sah nach dem Eintopf, um sicherzugehen, dass er nicht anbrannte, und wartete voller Ungeduld darauf, dass der Marquis endlich kam.
Lucien verließ am späten Nachmittag das Schloss, um sich auf den zweistündigen Ritt zur Hütte zu machen. Er hatte Kathryn Grayson seit fast einer Woche nicht mehr gesehen, genauer gesagt seit dem Tag, an dem er nach Castle Running zurückgekehrt war. Seine Tante hatte Kathryn inzwischen besucht, und Velvet Sinclair hatte ebenfalls nach ihr gesehen, nachdem Jason ihr gestanden hatte, dass er an ihrer Befreiung aus dem St. Bart’s beteiligt gewesen war. Nach Jasons Worten war seine heißblütige Frau außer sich vor Wut gewesen - nicht wegen der Rolle, die Jason bei Kathryns Flucht gespielt hatte, sondern weil er ihr keine Gelegenheit gegeben hatte, ihm zu helfen.
Lucien lächelte. Jason hatte großes Glück, eine solche Frau gefunden zu haben, eine Frau, die so perfekt zu seiner Lebhaftigkeit und Abenteuerlust passte. Lucien hingegen hatte einen völlig anderen Geschmack. Eine Frau wie Velvet bedeutete in seinen Augen viel zu viel Unruhe und Probleme. Er wünschte sich eine sanftmütige und gefügige Frau.
Und in weniger als einem Monat würde er genau eine solche Frau heiraten. Der Hochzeitstermin war vereinbart, die Einladungen bereits verschickt. Am Anfang hatte Allison ihn zu überzeugen versucht, dass sie noch ein Jahr warten sollten, bis der Frühling und damit die Saison begann, doch er hatte höflich, aber bestimmt, abgelehnt. Er wollte die Hochzeit und die Angelegenheit der Zeugung eines Erben vorantreiben, und nachdem einmal die Entscheidung gefallen war, wen er sich als Ehefrau wählen würde, war er bereit, die Dinge mit dem entsprechenden Nachdruck zu verfolgen.
In Wahrheit hatten seine körperlichen Bedürfnisse ebenfalls eine nicht unerhebliche Rolle bei seiner raschen Entscheidung gespielt. Er war daran gewöhnt, sich den körperlichen Freuden hinzugeben, wann immer er das Bedürfnis danach verspürte, doch nun, da die Hochzeit unmittelbar vor der Tür stand, vermied er es, seine Verlobte und deren Familie mit dem Klatsch über irgendwelche amourösen Angelegenheiten in Verlegenheit zu bringen.
Und neuerdings, nachdem er einige Tage in der Jagdhütte verbracht hatte, war er
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