Sündiges Abenteuer: Roman (German Edition)
das!«
»Es ist einfach«, räumte sie ein. »Aber es wird nicht klappen. Es gibt nämlich niemanden, der mir zur Hilfe eilt. Ich bin der Schnitter.«
»Habt Ihr schon einmal bei einer Hinrichtung zugesehen, Miss Chegwidden?«, fragte Sandre im Plauderton. »Das ist sehr unterhaltsam. Wenn man es richtig anstellt, dauert es Stunden.«
»Vielen Dank, dass Ihr mich das wissen lasst.« Ihr Herz schlug ganz langsam und fühlte sich eisig an von dem Blut, das ihr in den Adern gefror.
»Eigentlich müssen wir Euch gar nicht hängen. Es gibt noch eine andere Möglichkeit.« Sandre klang wirklich bezaubernd.
Sie wollte sich am liebsten die Finger in die Ohren stecken.
»Ihr könnt mich stattdessen am Sonntag heiraten.«
»Euch heiraten? Einen eiskalten Mörder, der seine eigene Familie umbringen lässt? Der eine liebe, herzensgute Frau tötet, deren einzige Sünde ihre Dummheit war? Nein. Nein! Glaubt mir, Sandre: Ich bin vielleicht nur eine bezahlte Gesellschaftsdame. Aber niemals würde ich so tief sinken und Euch heiraten.«
Als sie im Kerker zurück war, wo sie ihr dieses Mal beide Hände an die Wand ketteten, wünschte sie, das alles ließe sich irgendwie beschleunigen. Sie wusste, irgendwann würde es Sandre ermüden, ihren Trotz weiter mit anzusehen. Sie wusste, er würde dann das mit ihr tun, was er bereits mit Aimée getan hatte, dann würde man ihren Leichnam zerschmettert unterhalb der Palastterrasse finden.
Je schneller es dazu kam, desto besser – denn wie Sandre und Jean-Pierre wusste auch sie, dass der Schnitter versuchen würde, sie zu retten. Er würde den fürstlichen Palast und Fürst Sandre angreifen – aber er konnte unmöglich gewinnen.
Durant war dieser Hölle schon einmal entkommen. Unter keinen Umständen wollte sie, dass er hierher zurückkehrte.
Denn beim nächsten Mal würde er hier nicht lebend herauskommen.
43
Am späten Samstagnachmittag kam Fürst Sandre in Jean-Pierres Gemächer. Er hielt einen Bogen Papier in der Hand, der mit einem roten Siegel versehen war. Seine Miene wirkte finster.
Jean-Pierre richtete sich auf. Er hatte soeben konzentriert eine Karte von Moricadia betrachtet und verneigte sich eilig. »Wie kann ich Euch helfen, Euer Hoheit?«, fragte er.
»Ich habe hier einen Brief von unserer Cousine Eleonore. Sie schreibt, sie habe Gerüchte gehört, dass der Schnitter heute Nacht den Leuten von Moricadia erscheinen werde und eine Rebellion anzettelt, um meine Herrschaft zu zerschmettern.«
»Aber Hoheit, solche Gerüchte haben wir schon früher gehört.« Jean-Pierre hatte die Gerüchte ignoriert und sich stattdessen lieber der Aufgabe gewidmet, alle Ecken und Winkel Moricadias auf der Suche nach dem Versteck des Schnitters zu durchkämmen.
»Eleonore klingt sehr beharrlich und scheint äußerst besorgt um meine Sicherheit zu sein. Sie ist keine Frau, die ohne Grund Alarm schlägt.«
»Soll ich jemanden schicken, der sie herholt, damit wir sie befragen können?«
Sandre klopfte mit dem Brief gegen seine Fingerspitzen. »Nein. Eleonore ist die Einzige, die … Nein, ich kann sie unmöglich befragen, als wäre sie eine Verbrecherin.«
Jean-Pierre verstand durchaus, warum Sandre zögerte. Er hatte Aimée getötet, und Eleonore wusste das. Er fürchtete, dass er nun schließlich auch Eleonores Liebe verloren hatte. Dieser Brief jedoch war ein Zeichen, dass sie immer noch an das Gute in Sandre glaubte, der von vielen anderen schlechter gemacht wurde, als er war. Tief in seiner korrupter Seele brauchte Sandre sie, um weiterzumachen. Solange sie in aller Unschuld an ihn glaubte, war alles gut.
Jean-Pierre hingegen hielt sie für eine Närrin.
»Soll ich sie besuchen und in ihrem Heim befragen?«, schlug er vor.
»Nein! Fanchere würde mir das sehr verübeln.«
»Warum sollte dich das kümmern?«
»Er ist ein stiller Mann, doch er verfügt über große Macht. Ich möchte ihn lieber nicht verärgern.«
Jean-Pierres behänder Verstand hatte auch Fanchere als einen möglichen Schnitter ausgemacht, und er zog ihn auch jetzt wieder in Betracht. Fanchere sprach so selten, dass er bestimmt still genug war, um diese Rolle auszufüllen. »Wie lauten nun Eure Befehle, Hoheit?«
»Nimm deine Leute und reite die Straßen ab. Schau, ob du den Schnitter finden kannst. Schau, ob an diesem Gerücht etwas Wahres dran ist.«
Jean-Pierre wollte seinen Fürsten darauf hinweisen, wie viel nützlicher er sein konnte, wenn er das verdächtige Verhalten der Reichen beobachtete. Aber
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