Sündiges Abenteuer: Roman (German Edition)
war von der Wache des Fürsten festgenommen worden.
Sie wünschte, sie könnte Michael sagen, wie sehr ihr das leidtat. Was für eine Närrin sie war. Sie hatte sich in diese Klemme gebracht, und dieses Wissen war mit das Schlimmste an ihrer Situation. Aber jede Minute, die sie da unten im Kerker verbrachte, betete sie, dass irgendjemand – sei es Michael, Raul Lawrence oder sie selbst – Vergeltung dafür übte, dass Sandre Aimée ermordet hatte.
Sie wollte sehen, wie Sandre im Fegefeuer brannte.
»Miss Chegwidden? Seid Ihr so weit?«, rief der Fürst.
Sie war so bereit wie sie nur sein konnte. Sie trat hinter dem Wandschirm hervor und wusste, jetzt war sie wieder mehr sie selbst, ihre Haltung war trotzig und stolz. Ihr Blick jedoch ruhte auf dem Tisch, wo die Speisen noch immer einladend aufgereiht standen.
Sandre hatte für sie den Stuhl vom Tisch abgerückt. »Setzt Euch und esst, Miss Chegwidden. Ich werde Euch derweil unseren Plan erläutern.«
Sie zögerte nicht, sondern setzte sich.
Trotzdem verzog sie das Gesicht, als er seine Hände auf ihre Schultern legte. Doch dann hielt sie einfach still und ertrug seine Berührung reglos und abweisend.
Er drückte die Finger tief in ihre Haut und grub sie bis tief in die Muskeln. Als sie sich endlich unter ihm wand, lachte er und ließ sie los. »Erläutere ihr unseren Plan, Jean-Pierre.«
»Ihr wisst ja, wer der Schnitter ist, Miss Chegwidden«, begann Jean-Pierre.
»Ja, das weiß ich.« Sie aß eine Weintraube, dann noch eine. Schließlich trank sie ein Glas Wasser und nippte am Wein. Erst dann blickte sie auf und bemerkte die beiden Männer, die gespannt auf ihre nächsten Worte warteten. »Ich bin der Schnitter.«
Sie erwartete, jetzt würden sie ihr sofort das Essen fortnehmen, aber Jean-Pierre wandte sich nur empört ab. Sandre hingegen lächelte zufrieden.
»Ich habe dir doch gesagt, dass sie nicht gleich nachgeben wird, Jean-Pierre.« Sandre schob das Brot näher zu ihrem Ellbogen. »Wir beobachten natürlich Eure Freunde. Brimley ist eine Möglichkeit, glauben wir. Ebenso dieser Diener Henrique. Jean-Pierre hingegen vermutet, es müsse Fanchere sein, was ich allerdings absolut lächerlich finde. Er denkt auch, es könnte genauso gut Michael Durant sein. Das ist eine Option, aber keine besonders wahrscheinliche. Ich sage immer noch, er ist ein gebrochener Mann, der sich zu sehr schämt, um auch nur seinem Vater zu schreiben, damit dieser ihn nach Hause holt.«
Sie aß ein Eckchen Brie und trank Wasser.
»Wer es auch sein mag«, fuhr Sandre fort, »er wird beunruhigt sein, weil wir Euch gefangen genommen haben.«
»Was ist mit Lady Fanchere?« Emma fragte sich, was ihre gütige Herrin ohne Aimée und Emma wohl tat. »Ist sie nicht beunruhigt?«
»Es geht ihr nicht gut«, sagte Jean-Pierre.
Emma ließ die Weintrauben auf den Teller sinken. Einzelne Trauben rollten über den Tisch und fielen auf den Boden, aber das bemerkte sie gar nicht. »Ist es wegen des Babys?«
»Das hat man uns gesagt.« Jean-Pierre wirkte irgendwie anders als bei seinem Besuch im Haus der Fancheres. Seine blassen Augen waren noch heller. Es sah fast so aus, als sei seine Seele aus ihnen entwichen, und zurückgeblieben waren nur die Bruchstücke eines Mannes.
»Wenn Ihr ein braves Mädchen wärt, könntet Ihr Eleonore jetzt helfen«, erklärte Sandre ihr.
»Wenn Ihr Aimée nicht ermordet hättet, wäre sie nicht krank vor Kummer«, erwiderte Emma.
Sandre packte ihren Zopf und riss ihren Kopf nach hinten. »Miss Chegwidden, ich werde das Gefühl nicht los, dass Ihr Ärger sucht.«
»Nein, ich suche keinen Ärger. Ich will Gerechtigkeit.«
»Nimm ihr das Essen weg«, schlug Jean-Pierre vor.
Sie stopfte das restliche Brot hastig in die Tasche.
Sandre gab ihr einen Apfel. »Hört mir gut zu. Jean-Pierre und ich haben aller Welt erzählt, dass wir Euch im Kostüm des Schnitters aufgegriffen haben. Wir haben angekündigt, dass wir Euch am Sonntag aufhängen.«
Ein eiskalter Schauer lief an ihrem Rückgrat hinauf.
»Wir werden Euch natürlich nicht wirklich am Sonntag aufhängen«, versicherte Sandre ihr.
»Werden wir nicht?« Jean-Pierre nahm sich ebenfalls einen Apfel und biss lautstark hinein.
»Nein, werden wir nicht. Sei doch nicht so unzivilisiert, Jean-Pierre«, tadelte Sandre ihn. An Emma gewandt fuhr er fort: »Ihr seid unser Köder. Wir glauben nämlich, der wahre Schnitter wird versuchen, Euch zu retten. Dann schnappen wir ihn uns endlich. So einfach ist
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